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Preitenegg, Wolfsberg. Als »zweites Zuhause« bezeichnet Tanja Vogg (34) die Bezirksstelle des Roten Kreuzes in Wolfsberg. Vogg stammt aus Launigen an der Donau in Bayern. Nach Österreich kam die gelernte Tischlermeisterin 2007, wie sie erzählt: »Ich wollte mein Leben selbst gestalten, ohne Druck und ohne Einfluss des Elternhauses.« Über ihren damaligen Arbeitgeber ergab sich eine Anstellung bei der Firma Sinnex in Griffen. An der Furnierpresse im Unternehmen lernte sie 2009 schließlich auch ihren heutigen Lebensgefährten kennen, mit dem sie zwei Kinder, drei und neun Jahre, hat. 2010 übersiedelte sie schließlich nach Preitenegg, wo sie seit 2021 auch im Gemeinderat sitzt.
Die Tätigkeit beim Roten Kreuz wurde ihr in die Wiege gelegt, wie sie sagt: »Meine Mutter, meine Schwester und mein Bruder sind beim Roten Kreuz.« Erstmalig trat sie dem Roten Kreuz in Deutschland im Alter von acht Jahren bei, als sie sich der Jugendgruppe anschloss.
Zwei Hände zum Helfen
Nachdem sie nach Österreich übersiedelt war, ging sie ihrer Arbeit bei der Firma Sinnex bis 2012 nach – bis dahin noch ohne für das Rote Kreuz aktiv zu sein. Denn in diesem Jahr begann sie, die Einsatzkräfte in Wolfsberg ehrenamtlich zu unterstützen. Zuerst als Beifahrerin, schließlich als Fahrerin für Krankentransporte. Seit 2016 ist sie hauptberuflich in Wolfsberg tätig, war als Fahrerin mit dem Rettungswagen im Einsatz und lenkt seit 1. Dezember 2022 einen Notarztwagen. Kärntenweit ist sie eine von zwei Frauen, die diese Tätigkeit ausüben, in Wolfsberg ist sie die erste und derzeit auch einzige Frau, die hinter dem Steuer eines Notarzteinsatzfahrzeugs (NEF) sitzt.
»Ich habe es immer so gesehen: Der Mensch wird mit zwei Händen geboren, die zum Helfen ausreichen. Man muss kein besonderes Equipment haben.«
»Der Mensch wird mit zwei Händen geboren, die zum Helfen ausreichen«
Tanja Vogg, Notarzteinsatzwagenfahrerin
Die »Rückkehr« zum Roten Kreuz ergab sich durch das Pendeln von Preitenegg nach Griffen, wie sie erzählt: »Ich habe oft den Rettungswagen auf der Autobahn gesehen. Meine soziale Ader ist sehr stark ausgeprägt, mein Helfersyndrom schon fast chronisch. Es tut meiner Seele gut, Menschen zu helfen. Ein Lächeln oder ein Danke ist für mich das Schönste auf der Welt. Es baut mich auf, aber ich bin generell ein fröhlicher Mensch.«
Im Lauf der Jahre absolvierte die heute 34-Jährige zahlreiche Ausbildungen beim Roten Kreuz. Noch als Ehrenamtliche schloss sie die Grundausbildung zur Rettungssanitäterin ab, Ende 2012 die Ausbildung zum First Responder in Preitenegg. Ebenfalls ist sie seit 2015 Lehrbeauftragte im Bereich Erste Hilfe und leitet seit damals immer wieder Kurse für Private und Unternehmen. 2017 folgte die erfolgreiche Ausbildung zur Rettungssanitäterin. »Ich möchte als Schlüsselstelle und Ansprechperson für Frauen da sein«, so die Wahl-Preiteneggerin.
»Kann man nicht ausblenden«
Zu dem Fall, als im Oktober 2020 ein Rettungswagen ein Auto rammte, bei dem eine Frau ums Leben kam, sagt sie: »So einen Vorfall kann man nicht einfach ausblenden. Schon gar nicht, wenn man im Hinterkopf die eigene Familie und die Verantwortung gegenüber den Kindern hat. Jeder Beteiligte will immer heil daheim ankommen.«
Durchschnittlich hat sie drei Einsätze pro Tag zu bewältigen. Die Bezirksstelle verlässt sie stets mit der Hoffnung »rechtzeitig anzukommen und Leben zu retten«. Gelingt das nicht, ist es laut Vogg wichtig, über den Einsatz zu reden: »Wir haben einen hausinternen Psychologen. Über Einsätze mit Kollegen und der Familie zu sprechen, ist sehr wichtig. Auch die Kameradschaft untereinander hilft dabei sehr.« Allerdings: Laut der 34-Jährigen »schrumpft die Ehrenamtlichkeit extrem. Das betrifft aber nicht nur das Rote Kreuz, sondern alle Bereiche.« Interessenten haben jederzeit die Möglichkeit, beim Roten Kreuz zu schnuppern und in dieser Zeit bei zwei Diensten mitzufahren.
In ihrer Freizeit engagiert sich Vogg, die seit ihrem achten Lebensjahr Querflöte spielt, bei der Ortskapelle Preitenegg, wo sie auch Jugendreferentin ist.
Am heimischen Bauernhof haben sich ihr Lebensgefährte und sie zudem auf die Zucht der Rinderrasse Pustertaler Sprinzen spezialisiert, mit denen man schon zweimal Bundessieger wurde.
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