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Wolfsberg, Klagenfurt. Am zweiten Verhandlungstag in der Stadtwerke-Affäre vor dem Landesgericht Klagenfurt standen die Zeugen im Mittelpunkt, die die Angeklagten teils schwer belasteten.
Wie berichtet, startete am Mittwoch, 6. April, der Prozess gegen drei Beschuldigte, denen von Staatsanwalt Christian Pirker neben Untreue auch Urkundenfälschung und Fälschung eines Beweismittels sowie Beitrag zur Untreue vorgeworfen wird. Zwei der Beschuldigten (46 und 47 Jahre alt) sind frühere Mitarbeiter der Wolfsberger Stadtwerke, der Dritte (54) Geschäftsführer eines Bauunternehmens. Sie sollen durch die nicht ordnungsgemäße Abwicklung einer Kanalsanierung in der Sajovitzsiedlung in Wolfsberg im Jahr 2017 einen Schaden von 128.506,18 Euro zu verantworten haben. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
„Aber damals hieß es, ich solle mich mit meiner Meinung zurückhalten, denn Ober sticht Unter“
Ein Zeuge
Vor Richter Uwe Dumpelnik nahm am Donnerstag, 7. April, ein Mitarbeiter der Stadtwerke als Zeuge Platz, der im Unternehmen in untergeordneter Position für Abwasserkanäle und Wasserleitungen zuständig ist. Der Erstangeklagte (46) hatte ausgesagt, im Dezember 2016 sei eine Kanalbefahrung mit einer Videokamera in der Sajovitzsiedlung durchgeführt worden, deren Bilder im Jänner 2017 bei den Stadtwerken eingetroffen seien. Darauf hätten der Zeuge und ein Mitarbeiter einer externen Firma, der später mit der Ausschreibung, Kontrolle und Rechnungsprüfung des Kanalsanierungsprojekt betraut war, anhand der Bilder festgestellt, dass der Kanal in sehr schlechtem Zustand gewesen und dringender Handlungsbedarf gegeben sei. Heißt: Es sollte sofort repariert werden.
Der Zeuge bestätigte diese Angaben nicht. Laut ihm erhielt er die Rohdaten der Kanalbefahrung erst im dritten Quartal 2017. Und: „Ich war nicht dabei, als der Mitarbeiter der externen Firma das Video gesichtet hat.“ Nach seiner Ansicht hätte der Kanal nicht zur Gänze erneuert werden müssen. „Aber damals hieß es, ich solle mich mit meiner Meinung zurückhalten, denn Ober sticht Unter“, so der Zeuge.
Nächster Zeuge war ein Mitarbeiter der Landesregierung, laut dem bis heute kein Förderansuchen der Wolfsberger Stadtwerke für die Kanalsanierung in der Sajovitzsiedlung vorliegt. Auch das ist ein wichtiger Punkt, denn die Staatsanwaltschaft kreidet den früheren Stadtwerke-Bediensteten nicht nur an, sie hätten ohne Ausschreibung arbeiten lassen, auch sei eine mögliche Förderung nicht in Anspruch genommen worden, was die Schadenssumme auf 253.000 Euro erhöht.
Danach war ein hochrangiger Mitarbeiter der Stadtwerke an der Reihe, der im Zuge einer Revision die „Affäre“ ans Licht und ins Rollen brachte. Er warf dem Erstangeklagten nicht nur vor, eine Unterschrift auf einem Dokument verändert zu haben, der 46-Jährige soll später auch den Mitarbeiter der externen Firma aufgefordert haben, das Schriftstück zu zerreißen, „sonst würde sein Betrieb nie mehr einen Auftrag erhalten“, so der Zeuge. Er berichtete auch, an ihn sei herangetragen worden, der Erstangeklagte hätte zeitgleich mit dem Baulos Sajovitzsiedlung von verschiedenen Firmen Arbeiten an seinem Privathaus durchführen lassen. Die Ehefrau des Beschuldigten quittierte das mit „Lüge“-Rufen aus den Besucherrängen, worauf sie Richter Dumpelnik zum Schweigen aufforderte.
„Und Sie schlagen ihn für den Posten noch vor. Das verstehe ich nicht, das passt nicht“
Richter Uwe Dumpelnik
Doch der Zeuge geriet auch selbst in Erklärungsnot: Er berichtete, er habe sich nach Entdeckung der zu hohen Abrechnungssummen an die externe Firma bezüglich einer Vergleichsrechnung gewandt – eben jenes Unternehmens, das diese Rechnungen zuvor für ordnungsgemäß befunden hatte. Und dort hätte man ihm bestätigt, dass die verlangten Preise zu hoch gewesen wären. Auf Nachfrage des Richters, warum er ausgerechnet zu der Firma ging, die die Rechnungen geprüft habe, kam keine klare Antwort, jedoch beharrte der Zeuge auf der Richtigkeit seines Vorgehens. Die beiden früheren Stadtwerke-Mitarbeiter, die jetzt angeklagt sind, befragte der Mann übrigens nie.
Dumpelnik wunderte sich auch darüber, dass jener Mitarbeiter einer externen Firma, der die Rechnungen „schlampig“ geprüft hatte, später als Erstgereihter aus einer Ausschreibung für einen frei gewordenen Stadtwerke-Posten hervorging, die der Zeuge als Zuständiger initiiert hatte. Der Richter: „Und Sie schlagen ihn für den Posten noch vor. Das verstehe ich nicht, das passt nicht.“ Der Zeuge sagte aus, dass der Mitarbeiter möglicherweise auf Anweisung seines Chefs gehandelt habe und es neben ihm „keinen gescheiten Bewerber“ gab … Übrigens: Besagte Firma ist bis heute für die Stadtwerke tätig.
Auch der frühere Stadtwerke-Geschäftsführer Dieter Rabensteiner kam als Zeuge zu Wort. Er schilderte, wie er von den überhöhten Rechnung Kenntnis erlangt hatte und die beiden Mitarbeiter erst beurlaubte, später entließ. Nach seiner Schilderung hatte er vorher keine Kenntnis von Unregelmäßigkeiten.
Morgen, Freitag, 8. April, wird die Verhandlung fortgesetzt. An diesem Tag werden auch die Urteile erwartet.
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