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Wolfsberg. Das erste Fahrrad wechselte um nur zehn Euro den Besitzer. Die Dame, die es ersteigert hatte, erzählte danach: »Das Rad wurde einem Freund von mir gestohlen. Er war zu faul, beim Fundamt nachzufragen. Jetzt habe ich es halt zurückgekauft ...«
Am Mittwoch, 26. März, lud das Wolfsberger Fundamt einmal mehr zur Fahrradversteigerung in den Hof des Wasserwerks in der Schwabenhofstraße. 43 Räder kamen unter dem Hammer, die herrenlos aufgefunden und niemals abgeholt worden waren. Meldeamt-Mitarbeiter und Auktionator Martin Wunder: »Es läuft so ab: Die gefundenen Räder werden erst von der Polizei begutachtet, ob sich eingestanzte Nummern oder andere Hinweise auf den Besitzer darauf befinden. Ist das nicht der Fall, werden sie abgeholt und von uns ein Jahr lang verwahrt.« Meldet sich niemand, erhält der Finder das Angebot, das Fahrrad in Besitz zu nehmen. Lehnt er dankend ab, wird es versteigert.
Erwartungen werden gedämpft
»Unsere letzte Versteigerung ist zwei, drei Jahre her«, sagte Wunder, »es gab zuletzt nicht ausreichend Funde. Jetzt sind aber wieder genug Fahrräder beisammen.« Er versuchte, zu hohe Erwartungen zu dämpfen: »Es sind keine neuen Räder, sie sind in dem Zustand, in dem sie gefunden wurden. Dementsprechend gibt es auch keine Garantie und keine Gewährleistung.« Wunder ist ein »gebranntes Kind«: Er berichtete von einer Frau, die einst ein Rad ersteigert hatte, sich draufsetzte und davonfahren wollte – weit kam sie nicht. »Danach hat sie sich beschwert und gefragt, was wir hier für Räder verkaufen.« Na ja, Findlinge eben.
»Es sind keine neuen Räder, sie sind in dem Zustand, in dem sie gefunden wurden«
Martin Wunder, Auktionator
Das Angebot der Vorwoche war breit: Damen-, Herren- und Kinderräder, etliche Mountainbikes, ein Fixie (Anm.: ein Rad mit nur einem Gang, aber schickem Design). Auch bekannte Marken wie KTM oder Cube waren auszumachen. Die Mehrzahl der Drahtesel hatte freilich platte Reifen, einige waren in keinem guten Zustand. »Manche Leute kaufen die Räder nur, weil sie die Schaltung oder sonstige Teile verwenden wollen. Andere basteln sich aus mehreren Rädern etwas zusammen«, sagte Wunder.
Ausrufungspreis: ein Zehner
Ob gut oder schlecht: Der Ausrufungspreis pro »Esel« betrug lediglich zehn Euro, danach ging es in Zwei-Euro-Schritten weiter. Das Interesse der Lavanttaler war gegeben, etwa 25 Personen fanden sich zur Versteigerung ein.
Ein junger Mann wandte sich noch vor ihrem Beginn direkt an Wunder und zählte die Nummern auf, die er haben wollte. »Da müssen Sie mitsteigern«, klärte ihn der Auktionator auf. Die Frage des Redakteurs, was passiert, wenn es zu regnen beginnt, beantwortete er ebenso trocken: »Dann werden wir nass.« So kam es auch ...
Vor Beginn der Versteigerung klärte Wunder die Bieter auf: Gekauft wie gesehen, ersteigerte Räder sind sofort zu bezahlen. Und: »Der Erlös wird für soziale Zwecke verwendet.«
Das erste Fahrrad ging an die oben erwähnte Dame, die sichtlich erfreut über den geringen Preis war. Das zweite blieb liegen: Niemand wollte dafür einen Zehner riskieren. Umso begehrter war die Nummer drei, ein weißes Mountainbike. Der Preis kletterte immer höher, bis bei 100 Euro der Zuschlag kam. »Boah«, wunderte sich selbst Wunder.
Weitere Räder wurden um 22 Euro, um 34 Euro, um zehn Euro, dann um 36 Euro und sogar um 56 Euro an den Mann bzw. die Frau gebracht.
Die neuen Eigentümer nahmen die erbeuteten »Schätze« sofort in Besitz, bezahlten sie bei der als Kasse dienenden Holzbank und untersuchten sie danach ausgiebig: War es ein guter Kauf oder lassen wir den »Geppel« besser gleich wieder irgendwo stehen?
Ein Bietergefecht entbrannte auch um ein Damenrad mit tiefem Einstieg. Eine junge Frau hätte es gerne ersteigert, zwei ältere Männer stellten sich ihr aber ohne Erbarmen in den Weg. Die Gebote kletterten höher und höher, bei 40 Euro stieg die Frau aus und gab auf. Letztlich ging es um 50 Euro an einen der Herren. Auf Galanterie darf man bei einer Radversteigerung nicht hoffen, hier zählt nur der eigene Vorteil – und die Bereitschaft, noch ein Stückchen tiefer als der Gegner in die Tasche zu greifen.
Ab Nummer 18 wurde der Regen stärker. Die Teilnehmer trotzten dem Wetter mit Kapuzen und Schirmen, der barhäuptige Redakteur musste das »Schlachtfeld« räumen.
Übrigens: Jene Räder, die keinen Käufer finden, wandern in den Schrott. Schade darum.
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