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Hilfspaket des Bundes und Renaturierungsgesetz: Das sagen die Lavanttaler Bundesrätinnen dazu Ausgabe 30 | Mittwoch, 24. Juli 2024

Für Isabella Theuermann (FPÖ) ist das kommunale Investitions­programm »ein Tropfen auf den heißen Stein«, die Renaturierung gefährde Arbeitsplätze im Lavanttal. Claudia Arpa (SPÖ) warnt vor »Panikmache«, kritisiert das Hilfspaket des Bundes aber ebenfalls.

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Lavanttal, Wien. Das Renaturierungsgesetz der EU, dazu die unter den finanziellen Belastungen stöhnenenden Gemeinden, denen nun ein von der Bundesregierung zugesagtes Paket, das kommunale Investitions-programm (KIP), helfen soll – beides beschäftigt auch die Lavanttaler Vertreterinnen im österreichischen Bundesrat, Isabella Theuermann (FPÖ) und Claudia Arpa (SPÖ). Beide sind sich einig in ihrer Kritik am Hilfspaket, beim Thema Renaturierung gehen sie getrennte Wege.

Theuermann: »Das Gemeindepaket ist vom Titel her gut gemeint, jedoch inhaltlich eine Themenverfehlung.« Am Beispiel Wolfsberg zeigt sie, wie ernst die Lage ist: »Wir haben ein Minus von rund sechs Millionen Euro im Nachtragsvoranschlag. Aus dem KIP 2025 erhält die Stadt 2.494.353 Euro. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zu wenig zum Leben, zum Sterben zu viel.« Bald werde die Gemeinde nicht mehr wissen, wie sie die Gehälter der Mitarbeiter bezahlen soll. »Zum ersten Mal werden wir gezwungen sein, den Kontokorrentrahmen voll auszuschöpfen – ein Teufelskreis, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint«, so die Wolfsberger FPÖ-Stadträtin. 

»Das Renaturierungsgesetz ist eine kräftige Watsche für unsere Bauern«
Isabella Theuermann, Bundesrätin

Dazu müssen die Gemeinden 20 Prozent der Investitionskosten selbst tragen. »Wie soll eine finanziell ohnehin schon stark belastete Gemeinde diesen Anteil aufbringen? Wir haben dafür keinen Cent übrig«, so die freiheitliche Bundesrätin. Die Kofinanzierungshürde sei unerreichbar. 

Das von der EU beschlossene »Gesetz zur Renaturierung der Natur« sei »eine kräftige Watsche für unsere Bauern«, sagt Theuermann. Es besagt, dass die EU-Mitgliedstaaten bis 2030 mindestens 30 Prozent jener Flächen, die sich in einem schlechten Zustand befinden, renaturieren und geschädigte Ökosysteme wiederherstellen müssen. Bis 2040 solle eine 60-Prozent-Quote, bis 2050 90 bis 100 Prozent erreicht werden. Theuermann: »Keiner kann aber genau sagen, was ein ›schlechter Zustand‹ ist.«

»Im Lavanttal spielt die Forst- und Holzwirtschaft eine gewichtige Rolle«, so Theuermann weiter. Nahezu jeder fünfte Arbeitsplatz hänge an diesem Sektor, Sägewerke in Bad St. Leonhard und Wolfsberg seien Säulen der Holzwirtschaft. »Zudem gibt es auch noch eine Reihe von oft sehr kleinen, aber nicht unbedeutenden Sägen. Ein neues KLH-Werk wird in Wiesenau geschaffen. In Frantschach steht eine Papier- und Zellstofffabrik. Auch das Kleingewerbe von Zimmerer und Tischler ist nicht zu verachten«, so Theuermann. Laut ihr bestehe nun die Sorge, dass das Renaturierungsgesetz starke Einschränkungen mit sich bringt: »Wenn die Verordnung voll greift, kommt es zwangsläufig zu hohen Auflagen, Schutzgebieten und somit zu einer niedrigen Holzproduktion. Die Wertschöpfung sinkt und Arbeitsplätze gehen verloren.« 

»Finanzielle Bürden«

Mit dem Renaturierungsgesetz entstünden dazu weitere »finanzielle Bürden« für die Gemeinden, die diese nicht tragen könnten. Es wäre »Wahnsinn«, so Theuermann, die Bioökonomie, also die aktive Forst- und Holzwirtschaft, zu gefährden: »Daher muss bei der Umsetzung der Verordnung mit Maß und Ziel und unter voller Einbeziehung der Betroffenen vorgegangen werden. Dabei genügt es, dass unsere bestehenden Gesetze gelten und positive Anreize geschaffen werden.«

»Die Gemeinden brauchen liquide Mittel, also Geld – und das schnell«
Claudia Arpa, Bundesrätin

Arpa sagt zum Renaturierungsgesetz: »Viele Probleme wurden im Vorfeld noch ausgeräumt, es gibt weitgehend flexible Gestaltungsmöglichkeiten und zahlreiche Ausnahmeregelungen – etwa für die Landwirtschaft oder was Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Naturkatastrophen und zur Lebensmittel- und Ernährungssicherheit betrifft.« Panikmache und »Feindbild EU« hält sie für den falschen Weg: »Wir müssen vielmehr schauen, wie wir die Umsetzung sinnvoll bewerkstelligen. Wir haben es also selbst in der Hand.«

Zu den von Theuermann angesprochenen »finanziellen Bürden« durch das Gesetz sagt die SPÖ-Bundesrätin: »Was wirkliche Bürden für die Gemeinden sind, sind die Katastrophenschäden, die Jahr für Jahr auf uns zukommen werden, wenn der Klimawandel nicht effektiv gebremst wird. Das Renaturierungsgesetz sollte ein Beitrag dazu sein.«

Übereinstimmung beim Geld

Beim Investitions-programm des Bundes stimmt Arpa ihrer Kollegin aber zu: »Die Gemeinden brauchen liquide Mittel, also Geld – und das schnell. Was nützt eine Investitions-Förderung von 80 Prozent durch den Bund, wenn viele Gemeinden die Mittel für die 20 Prozent Eigenanteil nicht mehr haben? Es geht hier nicht um Investitionen, sondern um den laufenden Betrieb. Also: Thema verfehlt.«

Auf die Frage, ob die Gemeinden den 20-Prozent-Anteil stemmen können, sagt Arpa: »Das ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Vor allem geht das Paket des Bunds am Kern des Problems vorbei. Was wir brauchen, ist eine faire Aufteilung der Steuergelder zwischen Bund auf der einen und Ländern und Gemeinden auf der anderen Seite. Diese Schieflage muss behoben werden. Alles andere sind kurzfristige Trostpflaster.«

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