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Preitenegg, Wien. In Preitenegg aufgewachsen, entschloss sich Clemens Wasner (43) als damals 14-Jähriger die HTL in Klagenfurt zu besuchen. Nach der Matura studierte Wasner in Wien Informatik und Ostasienwissenschaft. Wie es zum Studium dieser beiden unterschiedlichen Studienrichtungen kam, erklärt der gebürtige Preitenegger so: »Das hängt mit dem starken Italienbezug in meiner Verwandtschaft zusammen. In Italien war die japanische Populärkultur früher aktuell als zum Beispiel in Österreich. So kam ich früh damit in Kontakt. Seit ich vier Jahre alt war, habe ich mich für Asien interessiert.«
Nach der Studienzeit verlagerte Wasner seinen Lebensmittelpunkt nach Tokio und Peking, wo er als Unternehmensberater tätig war. »Ursprünglich war geplant, dass ich für ein Projekt drei Monate lang in Asien bin. Daraus wurden dann zehn Jahre«, lacht Wasner, der schon vor dieser Zeit Praktika in China absolviert hat und sich mit seiner chinesischen Ehefrau und dem gemeinsamen Kind schließlich 2016 dazu entschloss, nach Österreich zurückzukehren.
Mitverantwortlich dafür waren auch die Rahmenbedingungen im asiatischen Raum, wie er erzählt: »Arbeitszeittechnisch, noch dazu als Unternehmensberater, ist die Situation schon herausfordernd, aber mit einem Kind nicht möglich. Man ist vor den Kunden im Büro und geht um 23 Uhr heim. Auch die Infrastruktur ist nicht für Kinderwägen ausgelegt. Die Menschen sind nicht unfreundlich, aber das Land ist schlichtweg nicht kindgeeignet. Die Feinstaubbelastung war damals ebenfalls ein Thema.« Also ging es zurück nach Wien. Wasner: »Ich war immer ein riesiger Wien-Fan, die Lebensqualität ist hervorragend.«
Aus der ersten Reihe
Als der heute 43-Jährige 2016 seine Asienzeit beendete und sich auf den Rückweg nach Österreich machte, fand gerade der KI-Boom (Künstliche Intelligenz) statt. »Angefangen hat alles mit Katzen, die in Bildern automatisch erkannt werden konnten, und Autos, die erste teilautonome Fahrten durchführten. Dann hat das Programm AlphaGO von Google DeepMind im Brettspiel Go den weltweit besten Spieler besiegt. Das hat in Asien unglaubliche Wellen geschlagen. Ich habe 2016 aus der ersten Reihe miterlebt, wie große Firmen begonnen haben, in Künstliche Intelligenz zu investieren«, erklärt Wasner, der daraufhin, in Wien angekommen, ehemalige Studienkollegen kontaktierte. Ende 2017 haben sie die »EnliteAI GmbH« gegründet. Wasner hebt vor allem zwei Bereiche des Unternehmens hervor: »Mit der Software ›detekt‹ ermöglichen wir die Erkennung von Straßenschäden, Verkehrsschildern, Bodenmarkierung usw.« Zielgruppe der Software sind unter anderem Ziviltechniker oder Baufirmen.
Als zweiten Punkt, den EnliteAI entwickelt hat, nennt Wasner »Powergrid Optimization«. Damit wird eine intelligente Steuerung der Stromnetze ermöglicht: »Das Netz wird so geschaltet, dass Leistungsabfälle verhindert bzw. kompensiert werden.«
Zwei-Millionen-Investment
Fünf Jahre nach der Gründung wurde man unter anderem mit dem Staatspreis für Innovation ausgezeichnet. Im Dezember des Vorjahrs holte das Unternehmen ein Zwei-Millionen-Investment, um die nächsten Entwicklungsschritte durchzuführen. Beide Projekte sollen ausgekoppelt und als eigenständige Firmen weitergeführt werden. »Wenn ein Start-up ein Investment erhält, dann in der Regel, um Wachstum zu generieren, das organisch nicht möglich wäre«, erklärt der Lavanttaler.
Wasner ist außerdem auch Mitgründer und Vorsitzender der »AI Austria – Verein zur Förderung von Künstlicher Intelligenz in Österreich«. Wasner: »Wir möchten das Thema der KI in Österreich präsenter machen und sind dazu mit Politik und Wirtschaft in regelmäßigem Austausch.«
Österreich und Uganda
Österreich hat 2021 rund sieben Millionen Euro in die KI-Grundlagenforschung investiert. Damit ist man auf einem Level mit Uganda. Zum Vergleich: Schweden hat im selben Zeitraum 500 Millionen investiert, Deutschland mehrere Milliarden Euro. »Das ist ein Riesenproblem. In Österreich wird meist nicht zwischen Forschung und Wissenschaft unterschieden, und letztere war nie wirklich im Fokus. Das fällt uns auf den Kopf, weil für Entscheidungsträger alles, was 15 Jahre entfernt ist, nicht unmittelbar relevant ist. Aber die Zeitleiste bei KI ist sehr kurz, was auf staatlicher Ebene nicht immer verstanden wird«, so der 43-Jährige. Positiv steht er dem Hype rund um Chat GPT gegenüber, weil »sich die Leute schnell damit angefreundet und gelernt haben, die Technik einzuschätzen«.
Was die Zukunft im Bereich der Künstlichen Intelligenz bringt, ist auch für Wasner als Experten schwer einzuschätzen. Allerdings sagt er: »Es wird sich sehr viel ändern, wenn KI-Modelle auf dem Handy laufen, weil ich dann Fragen stellen kann, die jetzt noch nicht beantwortet werden können. Wirtschaftlich wird es massiv zu Umschulungen kommen. An eine große Arbeitslosenwelle glaube ich aber nicht. Auf sozialen Medien wird die Endstufe wohl sein, dass für jeden Nutzer eigene Inhalte generiert werden. Dass dies darin mündet, dass jeder in seiner eigenen Realität lebt, halte ich zumindest für eine mögliche Zukunft.«
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