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Wolfsberg, Wien. Er ist zwar bereits 80 Jahre alt, seiner Streitbarkeit kann das Alter aber nichts anhaben: Ulrich Habsburg-Lothringen fordert 103 Jahre nach Inkrafttreten des Habsburger-Gesetzes die Rückgabe des Vermögens seiner Vorfahren. »Höchste Zeit für einen Untersuchungsausschuss«, sagt der Wolfsberger.
Laut ihm wurde das Vermögen, das aus 21.000 Hektar Boden im Besitz der heutigen Bundesforste besteht, nach der Abschaffung der Monarchie von der Republik im Jahr 1919 übernommen, um mit den jährlichen Erträgen die Witwen und Waisen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs zu versorgen. Seit 1938 wurden sie aber »widmungsfremd« verwendet, auch nach dem Zweiten Weltkrieg kam nur in den Jahren 1955 bis 1959 ein kleiner Betrag – umgerechnet 700.000 Euro – der Kriegsopferfürsorge zugute.
»Man soll den Familienversorgungsfonds reaktivieren und seinen Zweck neu bestimmen«
Ulrich Habsburg-Lothringen zur Verwendung des Vermögens
Die jährlichen Erträge von derzeit rund zehn Millionen Euro sind in den Bilanzen der Bundesforste ausgewiesen, letztlich werden sie von der Republik einverleibt. Seit 1945 kam auf diese Weise ein riesiger Betrag zusammen – Habsburg beziffert ihn mit 850 Millionen Euro –, den sich »der Staat bewusst fälschlicherweise aneignete«. Und das, obwohl es »keine zu unterstützenden Witwen und Waisen des Ersten Weltkriegs mehr gibt«, so der 80-Jährige. Verantwortlich macht er Politiker der SPÖ, ÖVP und FPÖ. Auch die Grünen nimmt der frühere Gemeinderat dieser Partei nicht aus der Pflicht: »Sie wussten es spätestens seit November 2001, als ich, damals noch Grüner, es Alexander Van der Bellen (Anm.: zu dieser Zeit Bundessprecher der Grünen) schriftlich mitteilte.«
Neuregelung gefordert
Aus all dem folgert Habsburg: Der ursprüngliche Zweck der Widmung des enteigneten Habsburger-Vermögens sei erfüllt, die Verwendung müsste vom Staat neu geregelt werden. Sein Vorschlag: Das eingezogene Vermögen stammte aus dem Familienversorgungsfonds, der von Kaiserin Maria Theresia eingerichtet und vom Privatvermögen ihres Ehemanns Franz Stephan von Lothringen gespeist wurde. Er diente dazu, die Mitglieder des Hauses finanziell zu versorgen.
Habsburg: »Man soll den Familienversorgungsfonds reaktivieren und seinen Zweck neu bestimmen. So könnten beispielsweise 40 Prozent der Erlöse an die Familie gehen, 60 Prozent würden der Finanzierung von kulturellen und wirtschaftlichen Investitionen im östlichen Teil Europas dienen. Man könnte österreichische Kultur, Wirtschaft und Politik in den Ländern der ehemaligen Monarchie, von Polen über die Ukraine bis Serbien unterstützen.« Derzeit wird Deutschsprachigen in diesen Ländern vorwiegend von Deutschland unter die Arme gegriffen. Überhaupt hat Deutschland laut Habsburg den Umgang mit seinen einstigen Königshäusern bereits 1924 gelöst. In Österreich dagegen wurde zwar unter Bundeskanzler Kurt Schuschnigg in den 1930er-Jahren ein Teil des Habsburger-Besitzers refundiert, etwa Land- und Forstwirtschaften. Der Staat behielt aber ein großes Stück des »Kuchens«, darunter Schlösser, Wohnungen und natürlich Boden, etwa in Wien, wo man die Stadterweiterung auf früherem Habsburger-Grund durchführte.
Der Kampf, den Habsburg wieder aufleben lassen will, wurde juristisch freilich bereits durchexerziert. 1995 erhoben Felix und Karl-Ludwig, Brüder von Otto Habsburg, eine zivilrechtliche Klage. Sie wurde abgewiesen. Die Rückgabe von Vermögen an Fondsberechtigte sei gegen das Habsburgergesetz, hieß es im Urteil. 2005 wies der Verfassungsgerichtshof eine Entschädigungsforderung ab.
Wie schätzt Ulrich Habsburg seine jetzigen Chancen ein? »Man muss reden. Wenn ich die Bundespräsidenten-Sache (Anm.: Er focht mit seiner Schwiegertochter Gabriele Habsburg-Lothringen die Nichtzulassung von Habsburgern zur Bundespräsidentenwahl an und erreichte letztlich die Streichung des Verbots) nicht gemacht hätte, wäre auch nichts passiert.« Rechtliche Schritte einzuleiten gedenkt der Wolfsberger in der Frage der anderweitigen Verwendung des Vermögens aber nicht.
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