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Wolfsberg. Es war eine böse Überraschung für Pfarrer Christoph Kranicki. Als er in der Wolfsberger Markuskirche die Gruft unter dem Valentinsaltar öffnen ließ, blickte er auf zerstörte Särge und die umherliegenden Überreste der darin bestatteten Menschen. Er will den Verstorbenen nun eine angemessene Grabstätte errichten, die vier Meter breite und neun Meter lange Gruft sanieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Zuvor soll das Gewölbe archäologisch untersucht werden.
»Sollten weitere Zeugnisse der Vergangenheit gefunden werden, könnten sie ausgestellt werden«
Christoph Kranicki, Pfarrer von Wolfsberg
Wie berichtet machte sich Kranicki im Zuge der jüngsten Restaurierungsarbeiten in der Markuskirche – zuletzt wurden der Herz-Jesu- und der Cäcilienaltar »überholt« – auch Gedanken über die Gruft, die vor dem Valentin-Altar liegt. »1931 wurde sie vom damaligen Wolfsberger Stadtpfarrer Balthasar Streiner vier Wochen lang geöffnet, was viele Besucher anlockte, wie in der Kirchenchronik nachzulesen ist«, so Kranicki im Mai zu den Unterkärntner Nachrichten. Auch er wollte – freilich unter Ausschluss der Öffentlichkeit – ein Blick in die Gruft werfen, um zu sehen, ob sie trocken ist und in welchem Zustand sich die Holzsärge befinden.
Ein Bild der Verwüstung
Am 27. Mai setzte er den Gedanken in die Tat um – und machte eine unschöne Entdeckung. Der Pfarrer: »Nach der Öffnung der Steinplatte zeigte sich ein sehr trauriges Bild, das vermutlich durch die Überschwemmung des Schossbaches im Jahr 1955 verursacht wurde. Von den Särgen waren nur einzelne Holzbretter übrig. Es wurde viel Schmutz in die Gruft geschwemmt und mit den Gebeinen von ungefähr 15 Personen vermischt. Als Pfarrer kann ich das so nicht lassen.« Es sei ihm unmöglich, die Gruft in ihrem jetzigen Zustand zu belassen und darüber Gottesdienste zu feiern. Daher soll auch sie saniert werden.
Kranicki: »Wir müssen den Verstorbenen eine würdige neue Bestattung ermöglichen. In welcher Form wir das machen können, hängt natürlich vom Finanziellen ab.« In einem ersten Schritt werden die gebürtige Lavanttalerin Astrid Hassler, Grabungstechnikerin an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, und der Student Rainer Pauer archäologische Untersuchungen durchführen – in ihrer Freizeit. »Sie werden im Sommer Knochen und Kleiderreste vom Schmutz trennen«, sagt Kranicki. »Wir hoffen, dass wir dabei auf weitere interessante Stücke treffen.« Eine Bleitafel wurde bereits gefunden, von der auch Stadtpfarrer Streiner berichtet hatte: Sie bezeichnete einen Sarg als letzte Ruhestätte von Bernardina Ernestina Andlau, Tochter des Stadtvorstehers von Wolfsberg, die mit 26 Jahren bei der Geburt einer Tochter im Jahr 1774 verstorben war.
Ist der Raum leer, will Kranicki versuchen, Angebote einzuholen und eine Finanzierung, eventuell auch eine Förderung, für die Sanierung auf die Beine zu stellen: »Vielleicht können wir die Gruft öffentlich zugänglich machen. Wir würden eine Beleuchtung brauchen und der Boden, der jetzt aus Erde besteht, müsste gemacht werden. Außerdem wäre eine Treppe nötig, denn jetzt kommt man nur über eine Leiter in die Gruft. Sollten weitere Zeugnisse der Vergangenheit gefunden werden, könnten sie in Vitrinen ausgestellt werden und wären damit eine Bereicherung für die Geschichte von Wolfsberg.«
Studium der Sterbebücher
Hassler und Pauer, die mehrere Jahre in Ägypten bei Ausgrabungen gearbeitet haben, sind übrigens schon an der Arbeit. Derzeit beschäftigen sie sich mit Wolfsberger Sterbebüchern, um die in der Markuskirche Bestatteten identifizieren zu können.
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