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Bezirksjägermeister Waich: »Das einzige Mittel wird eine nachhaltige Bejagung des Wolfs sein«Ausgabe 46 | Mittwoch, 15. November 2023

Der Lavanttaler Bezirksjägermeister Johann Waich (69) spricht mit den Unterkärntner Nachrichten über Wolfsrudel im Lavanttal, wie man sich bei einer Begegnung mit einem Isegrim verhält und wie ein Zusammenleben von Mensch und Wolf möglich sein kann.

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Kürzlich wurde im Lavanttal ein Wolfsrudel gesichtet. Wie viele bestätigte Wolfsichtungen im Lavanttal gab es in diesem Jahr?
Wirklich bestätigte Sichtungen  gab es in diesem Jahr nur die des Rudels. Das Rudel wurde von einem Jäger gesichtet, der über alle Zweifel erhaben ist. 

Ansonsten gab es von Wölfen nur Fährtennachweise.

Es gibt zwar immer wieder Rissbilder von Haus- und Wildtieren. Dabei gab es eine Meldung, die sich auf einen Wolf bezogen hat, aber es war nicht nachzuvollziehen, ob der Wolf das Kalb gerissen oder nur das tote Kalb genutzt hat.

Es gibt natürlich immer Funde von toten Tierkörpern, einen echten nachgewiesenen Wolfsriss, der durch Rissbegutachter begutachtet wurde, gibt es aber nicht.

Allerdings: Es gibt besonders bei Wildtieren Auffindungen von toten Tierkörpern, die aufgrund gewisser Merkmale dem Wolf zuzuordnen sind. Die werden aber nicht gezählt. 

Warum haben wir so niedrige Zahlen. Es wird doch in vielen Medien geschrieben, wie die Wolf-angriffe zunehmen?
Der Einfluss des Wolfs ist bei uns im Lavanttal im Moment auf Wildtiere beschränkt. Das Nutztier ist für den Wolf zwar leichter zu erbeuten als das Wildtier. Aber für ein Rind stellt ein einzelner Wolf kein Risiko dar und da unsere Almen nur mit Rindern bestückt werden, ist das noch kein Problem im Lavanttal. Allerdings nachdem nun ein Rudel von fünf Wölfen entdeckt und vergrämt wurde, ist Gefahr in Verzug. Nicht jetzt, aber im kommenden Frühjahr, wenn die Tiere wieder auf die Alm getrieben werden, denn ein Rudel geht natürlich auch auf Rinder los. 

Ist das gesichtete Wolfsrudel im Lavanttal heimisch oder nur auf der Durchreise? 
Das konnte noch nicht festgestellt werden. Der Wolf ist ein Rudeltier. Und wenn es hier zu einer Rudelgründung gekommen ist, dann hängt es von den natürlichen Ressourcen ab, ob das Rudel hier bleibt oder weiterzieht. Wenn dieses Rudel hier keine Ressourcen vorgefunden hätte, wäre es nicht hier gewesen. Es ist sicher gekommen um zu bleiben. Es ist sogar möglich, dass die Jungwölfe schon hier geboren wurden.

Wie viele Wölfe leben im Lavanttal bzw. in Kärnten?
Man ist bei den Zahlen sehr vorsichtig und sie beziehen sich auf Wolfssichtungen. Demnach gibt es rund 30 Wölfe in Kärnten. In Oberkärnten gibt es drei bestätigte Rudel und ein Rudel auf der Saualpe. Ansonsten sind es einzelne Wölfe. Davon wurden fünf sicher bestätigt.

Ab wann gilt ein Wolf als Problemwolf und darf geschossen werden?
Laut der Kärntner Wolfsverordnung gibt es zwei Kategorien von Wölfen. Den Problem- und den Schadwolf. Der Schadwolf muss  über einen gewissen Zeitraum eine gewisse Anzahl von Nutztieren in einem Gebiet erbeutet haben, dann wird er zum Abschuss freigegeben. 

Der Problemwolf ist in unmittelbarer Nähe von Siedlungen und Gehöften und die Vergrämungsmaßnahmen waren nicht erfolgreich. Dabei müssen die Vergrämungsmaßnahmen gemeldet werden. Sollte sich der Wolf danach wieder zeigen, dann wird auch er in einem gewissen Umkreis für einen gewissen Zeitraum freigegeben.

Wie soll man sich verhalten, wenn man einem Wolf begegnet?
Zunächst einmal darf man staunen. Denn der Wolf ist ein Fluchttier und es wird nicht so oft vorkommen, dass man einen in freier Wildbahn zu Gesicht bekommt. 

Wichtig ist, dass sich der Mensch zu erkennen gibt. Denn der Wolf hat ihn noch nicht gesehen, sonst wäre er ohnehin geflüchtet. Man soll stehen bleiben, laut reden und heftig gestikulieren. Dann wird der Wolf schon weglaufen. Auf keinen Fall davon laufen, denn das könnte den Instinkt zum Verfolgen beim Wolf auslösen. 

In der Vorwoche verständigte ein 19-Jähriger im Rosental die Bergrettung, weil er dachte, Wölfe gehört zu haben und sich nicht mehr weiter traute. Ist so etwas auch im Lavanttal schon vorgekommen?
Mir ist im Lavanttal nur eine Meldung bekannt, dass eine Person dachte, einen Wolf akustisch wahrgenommen zu haben.

Es ist mittlerweile leider so, dass Teile der Bevölkerung sehr sensibilisiert sind und es wird viel fehlinterpretiert. Viele können Laute und Sichtungen nur schwer einordnen.

Wird Panikmache rund um das Wolfsthema betrieben?
Das kann ich verneinen. Es ist so, dass besonders die politisch Verantwortlichen in Kärnten einen enormen Weitblick gezeigt haben. Kärnten hat eine Vorreiterrolle eingenommen, indem man das erste Bundesland war, in dem trotz Flora,- Fauna- und Habitatrichtlinien und der Berner Konvention Wölfe zum Abschuss freigegeben wurden. Das hat zunächst in vielen Kreisen für einen Aufschrei gesorgt, aber siehe da, mittlerweile folgt ein Bundesland nach dem anderen dem Kärntner Vorbild.

Es ist kein Verantwortlicher daran interessiert, den Wolf auszurotten, aber man muss ihn regulieren, so wie alle anderen Wildarten. 

Der absolute Schutzstatus ist unsinnig, der Wolf ist keine bedrohte Tierart. Es gibt genug Wölfe in Nordeuropa, Asien und Nordamerika.

Wie können Übergriffe auf Nutztiere verhindert werden?
Alle Methoden, die angewendet wurden, haben gezeigt, dass sie von diesen intelligenten Beutegreifern früher oder später überwunden wurden. Millionen Euro wurden investiert. Alle Länder, die so viel Geld in Herdenschutzmaßnahmen investiert haben, greifen mittlerweile zum einzigen probaten Mittel, die Bestände zu regulieren. 

Oft gehen Bilder um, die von einem Wolf gerissene Tiere zeigen, die nur angebissen wurden. Normalerweise tötet ein Tier ja nur wegen der Nahrung. Warum tötet ein Wolf oftmals anscheinend wahllos?
Das ist leicht erklärbar: Der Wolf  pirscht sich beim Wild an und wenn er Glück hat, erwischt er eines der gejagten Tiere, der Rest des Wilds flüchtet.

Nicht so bei Nutztieren: Die haben keine Möglichkeit zu flüchten. Und der Beutetrieb ist beim jagenden Tier angeboren und die Wölfe sind bei so vielen Beutetieren plötzlich überfordert und töten, so lange weitere Beute da ist.  

Der Verwaltungsdirektor der Kärntner Jägerschaft, Mario Deutschmann, hat in der Vorwoche zu den Unterkärntner Nachrichten gemeint, dass der Mensch sein Freizeitverhalten ändern muss. Wie ist das zu verstehen?
Der Mensch hat verlernt, sich in der Natur, in unseren Wald- und Almregionen zu bewegen. Er hat  diese Gebiete ohne Rücksicht seinen Interessen untergeordnet. Der Mensch hat verlernt, mit der Natur und großen Beutegreifern umzugehen. Ein Beispiel: Dort, wo es immer schon Bären gab, wissen die Menschen, wie man sich bewegt und welche Ruhegebiete man meidet und, dass man nicht Tag und Nacht die Almreviere durchstreift. 

Nicht nur dem Wolf, sondern allen Wildtieren, muss man Zeitfenster und Flächen zur Verfügung stellen, wo sie ihren natürlichen Bedürfnissen nachgehen können. Ein Bär fällt einen Menschen ja nicht an um ihn zu fressen, sondern weil er in seinen Bedürfnissen gestört wird.

Wie stehen Sie zur verschärften Kärntner Wolfsverordnung laut der Wölfe leichter entnommen werden können?
Geschützte Tiere dürfen nicht vergrämt, nicht in Angst versetzt und in ihren natürlichen Gewohnheiten nicht gestört werden. Das würde bedeuten: Wenn der Wolf das Ross niederreißt, darf man ihn nicht stören, das ist nun über diese Verordnung aufgehoben. 

Wie verändert sich das Verhalten von Wildarten, wenn der Wolf da ist?
Das ist ein Problem, mit dem wir Jäger in hohem Maße konfrontiert sind und in Folge auch die Grund- und Waldeigentümer. Zum Beispiel zog das Rotwild im Winter in die milderen Vorlagen. Dort sind aber die Wirtschaftswälder. Nun hat man eine Lösung geschaffen, die gut funktioniert. Über die Kor- und Saualm sind Saftfutteranlagen und dadurch kann das Rotwild bei der Waldgrenze gehalten werden. Wenn jetzt ein Wolf in der Gegend ist und das Rotwild bei diesen Fütterungen gestört wird, flüchtet es nicht, sondern bildet immer größere Rudel und stellt sich in dunklen Gräben ab, verlässt diese nicht und das Wild erfährt dort vermehrt Schaden. Daher muss die Jägerschaft die Wildstände regulieren. Die Jäger merken seit zwei Jahren, dass sich Wild bei Tageslicht immer seltener blicken lässt und die Verpflichtung Wildstände zu regulieren, immer schwieriger wird. Durch Einfluss des Wolfs und Schakals wird unser Wild immer heimlicher.

Welche Botschaft möchten Sie den Jägern und der Bevölkerung bezüglich des Wolfs mitgeben?
Wir müssen schon auch realistisch sein und erkennen, dass der absolute Schutzstatus des Wolfs in einer Kulturlandschaft, wie bei uns, einfach nicht tragbar ist. Wir müssen aber auch so realistisch sein, dass es uns mit Gewalt nicht gelingen kann, den Wolf zu eliminieren. Das ist auch nicht angedacht. Eine nachhaltige Bejagung ist das einzige Mittel. Wenn die Stände ausreichend reguliert sind, dann werden auch die Schäden tragbar sein. 

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