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Vom Kanu lassen sich einzigarticke Einblicke entdecken.Ausgabe | Donnerstag, 20. September 2018

Wenn man an Reisen denkt, ist man gedanklich meist oft schon mit dem Flugzeug unterwegs und weit weg. Wer mit sanften Paddelschlägen im Kanu über die heimischen Gewässer gleitet, ist ganz nah bei sich.

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Unterkärnten. Was Trapper und Voyageure in den unendlichen Wäldern Nordamerikas an Strapazen zu ertragen hatten, um gegen eine übermächtige Natur zu bestehen, einen Winter zu überleben, lässt sich von uns heute kaum ermessen. Das offene Kanu nach Vorbild der Indianerboote war das Transportmittel, um sich in einem sonst unnahbaren Umfeld zu bewegen, sich auszutauschen, Handel zu betreiben. An der Westküste hatten Stämme wie Haida oder Tlingit Einbäume in festen Ritualen und kunstfertig hergestellt, die großen auch seetauglich, um die geschützteren Teile der Pazifikküste zu befahren.
Im Norden, wo Schnee und Eis nahezu drei Viertel das Jahre dominieren und Holz kaum zur Verfügung steht, wurden von den Eskimos (nur etwa ein Drittel davon sind Inuit) mit Tierhäuten bespannte Walknochen zu seetauglichen, gedeckten Kajaks vernäht. In der Mitte und im Osten entstanden dem Angebot entsprechend Birkenrindenkanus, nicht weniger kunstvoll gebaut und in vielen Varianten, die man im Kanumuseum studieren kann.

Mythos oder echte Geschichte?
Der Wolfsberger Kanuexperte Wolfgang Hölbling kennt sich mit der Materie bestens aus, ist er doch regelmäßig am Wasser unterwegs, importiert selbst kanadische Kanus und ist Inhaber der »carinthian canoe base«.
Er sagt: »Ungeschützt in tatsächlicher Wildnis zu überleben, ist inzwischen bei der von mir gefühlt zehnten Trendwelle nach dem Motto ›Zurück zur Natur‹ zwar immer wieder für Viele der Traum von Freiheit, aber was man dort findet, ist meist nicht das eigene Selbst. Denn was ist dieses ›Selbst‹, der innere Kern, den wir zu finden hoffen, ohne unsere sozialen Fähigkeiten, Kulturtechniken, ohne ein modernes Weltbild? Das Bild des ›edlen Wilden‹ oder des ›heldenhaften Entdeckers‹ neuer Welten ist kaum aufrechtzuerhalten. Handfeste Machtausübung bei den Ureinwohnern untereinander, um das eigene Überleben zu sichern, handfeste finanzielle und Machtinteressen bei den Eroberern und folgenden Handelsriesen der damaligen Zeit sprechen eine andere völlig andere Sprache, machen das Aufpolieren eines Mythos (nicht selten wieder aus Geschäftsgründen) mühsam und geschichtsverfälschend.«

Sport oder Auszeit für die Seele?
Gut also, dass sich das Paddeln im offenen Kanu längst zur Freizeitgestaltung gewandelt hat. Sport? Ja, für die einen Sport, für das gesunde Workout, aber für die meisten Paddler viel mehr als das – so sieht es auch Hölbling, philosophisch: »Das Ablegen im Soloboot bedeutet für mich: Abstand vom Alltag. Wichtig ist das Wasser, die Strömung, der Wind, das Paddel, das Feuerholz … und ich spüre, ich bin Teil von allem. Nichts ist Zwang. Selbstverantwortlich bin ich für mein Tun, die Wahl der Strecke, für das Risiko, für das ich bereit bin, in der Welle. Bald finde ich den Rhythmus, der für mich passt, bin ganz Wasser und Paddel und Boot.«
Beim Paddeln in der Gruppe gibt der mit der größten Erfahrung den Rahmen der Aktionen vor, sagt Hölbling, und verrät sein liebstes Unterwegssein: »Am liebsten fahre ich im Tandem, und da mit meiner Frau. Wir finden sofort einen guten Rhythmus, Manöver gelingen ohne Absprache, Widrigkeiten wie starker Wind werden gemeinsam gemeistert, und außerdem sorgt sie gerne für die eine oder die andere Überraschung beim Picknick.«

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