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Kelag-Vorstand Manfred Freitag: »Aktuell ist die Versorgungssicherheit in Kärnten gegeben« Ausgabe 38 | Mittwoch, 21. September 2022

Manfred Freitag, Sprecher des Kelag-Vorstands, spricht mit den Unterkärntner Nachrichten über die aktuelle Situation in Kärnten, wie sich die Preise weiter entwickeln könnten und warum manche Privatpersonen derzeit keinen Strom von ihrer PV-Anlage einspeisen können.

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Wie sieht die aktuelle Situation bezüglich Strom und Energie in Kärnten aus?
Wir können sagen, dass aktuell die Versorgungssicherheit gegeben ist. Wir gehen davon aus, dass wir bei der elektrischen Energie, aber auch bei der Gas- und Wärmeversorgung stabile Verhältnisse haben – unabhängig davon, wie die Preissituation ist. 

Wie sieht die Preissituation in Kärnten aktuell aus?
Die Bestandskunden der Kelag haben eine Preisgarantie von einem Jahr, beginnend mit April des heurigen Jahres. Sie haben einen Tarif von 10,87 Cent/Kilowattstunde. Das ist in etwa der Betrag, von dem die Bundesregierung gesagt hat, er wäre angemessen und wird gestützt (Anm.: zehn Cent/Kilowattstunde). Der große Vorteil für die Kärntner Kunden ist, wenn sie mehr als 2.900 Kilowattstunden verbrauchen, haben sie auch darüber hinaus noch den günstigen Preis, wo sie bei anderen Energieversorgern einen deutlich hören Preis zahlen müssen. Im österreichweiten Vergleich sind wir damit ein sehr günstiger Anbieter.

»Wir brauchen in Kärnten einen Mix aus Wasserkraft, Sonnenkraft und Windkraft«
Manfred Freitag, Sprecher Kelag-Vorstand

Hat die Kelag aufgrund der Preissteigerungen Kunden verloren?
Wir haben stabile Verhältnisse, weil bei den Kunden derzeit auch keine Wechselbereitschaft gegeben ist. Jeder, der einen Bestandskundentarif hat, und möge der auch steigen, ist noch immer besser dran, als bei einem Wechsel. Denn dann kommt man in einen Neukundentarif und der ist jedenfalls höher.

Die Kelag produziert 80 Prozent ihres Stroms selbst. Wie erklären Sie Ihren Kunden die Anstiege beim Strompreis?
Das ist dem Marktdesign und dem Marktmodell geschuldet. Das gilt europaweit. Weil wir eine große europäische Kupferplatte haben und alle ihre Erzeugung dort einmelden und ihren Bezug davon nehmen, gibt es das sogenannte Einheitspreisverfahren, jetzt bekannt als Merit-Order. Das besagt, dass das letzte Kraftwerk, das benötigt wird um das Netz stabil zu halten, den Preis bestimmt. Das ist auch fair, denn das Wesen des Stroms ist es, dass wir die 50 Hertz halten müssen, damit das Stromnetz stabil ist. 22 Jahre hat dieses Modell gut funktioniert. Nur jetzt aufgrund von Preisverwerfungen bei bestimmten fossilen Brennstoffen ist der Strompreis massiv angestiegen.

Manche Staaten haben bereits angedacht, aus der Merit-Order auszusteigen oder diese überhaupt abzuschaffen. Wie steht es derzeit um die Merit-Order?
Wir haben ein europaweit einheitliches System. Es würde nur Sinn machen, wenn die EU in das System eingreift. Wenn einzelne Staaten ausscheren haben sie nur bedingt einen Vorteil und es könnten sich Nachteile für andere Länder ergeben. Das Credo unserer Branche ist ganz klar: Wenn es Eingriffe in das Marktmodell gibt, dann bitte für ganz Europa.

Wie schätzen Sie die Entwicklung ein? Werden die Preise noch weiter steigen, stabil bleiben oder in absehbarer Zeit wieder sinken?
Wir gehen als positiv denkende Menschen davon aus, dass sich das Niveau wieder etwas nach unten bewegen wird. Wir können es aber nicht genau sagen, da wir in den    vergangenen drei Wochen extreme Verwerfungen beim Preis hatten. Wir stehen aktuell bei rund 500 Euro pro Megawattstunde, was ein sehr hohes Niveau ist. Ich gehe davon aus, dass sich das in den nächsten zwei, drei Jahren etwas beruhigen wird. Aber genaue Prognosen kann man in Zeiten wie diesen nicht abgeben.

Ist die Strompreisbremse eine gute Idee oder gäbe es bessere Lösungen?
Wir nehmen die politische Entscheidung zur Kenntnis. Natürlich gibt es bei allen Modellen Verbesserungsmöglichkeiten. Ich denke, es wird hier sicher nachgebessert werden. Was uns ein wenig irritiert ist, dass die südlichen und westlichen Bundesländer von der Strompreisbremse eigentlich nicht profitieren, weil es dort ohnehin Tarife gibt, die in der Größenordnung von zehn Cent/kWh liegen.

Die Präsidentin der EU, Ursula von der Leyen, hat kürzlich gesagt, dass sie die Übergewinne der Großkonzerne abschöpfen möchte. Was halten Sie davon?
Als aktives Mitglied der E-Branche muss ich fragen, ist es zielführend, Gelder nach einem Algorithmus irgendwo einzusammeln und an Kunden zu verteilen? Wir hätten uns eher gewünscht, dass Maßnahmen gesetzt werden, die an die Wurzeln der hohen Preise gehen. Die Unterstützung gibt es in Staaten und Bundesländern ohnehin. Auch das Land Kärnten unterstützt Härtefälle teilweise mit Geldern, die es zum Teil aus der Dividende unseres Unternehmens lukriert. Die EU wird aber sicher Maßnahmen setzen müssen, damit die Preise wieder nach unten gehen und das ist mit dem Abschöpfen nicht getan.

Wir als Unternehmen liefern Körperschaftssteuer ab, wir zahlen Kapitalertragssteuer und der Kunde zahlt die Mehrwertsteuer. Das bedeutet, dass die Einnahmen der öffentlichen Hand auch ohne die Abschöpfung von Gewinnen sehr hoch sind.

Was sagen Sie zum aktuellen Fall der Wien Energie und könnte es der Kelag ähnlich ergehen?
Zu Konkurrenten äußern wir uns nicht. Unabhängig von der Wien Energie: Es gibt zwei wesentliche Maßnahmen, wie man im Ein- und Verkauf mit Strom umgeht. Das ist einmal über die Börse und das zweite sind bilaterale Handelsverträge. Die Kelag handelt nicht über Futures, was aber nicht heißt, dass dieses Produkt etwas Schlechtes ist.

Wie wahrscheinlich ist ein Blackout in Kärnten?
Wie wahrscheinlich ein Blackout ist, kann ich nicht sagen. Wenn es überregional spontan auftritt, wie es definiert ist, sind natürlich alle Maßnahmen zu setzen, damit es zu einem raschen Netzwiederaufbau kommt. Das wird bei uns laufend geübt. Wir sind in Kärnten auf alle Fälle in der Lage den »Schwarzstart« (Anm.: Anfahren eines Kraftwerks unabhängig vom Stromnetz) selbständig zu initiieren. Davon ausgehend erfolgt dann die schrittweise Wiederinbetriebnahme der Stromversorgung.

Viele Besitzer von PV-Anlagen klagen, dass sie keinen bzw. zu wenig Strom einspeisen können. Warum ist das so?
Das liegt daran, dass das Netz in der Vergangenheit ohne die privaten PV-Betreiber aufgebaut wurde. Damit sind Grenzen gesetzt. Man muss aber sagen, dass mehr als 90 Prozent aller Anträge in voller Höhe genehmigt werden können. Wenn jemand eine PV-Anlage betreiben will, dann soll er sie nur so groß bauen, dass er den Eigenbedarf deckt. Es wird auf der Niederspannungsebene einen massiven Netzausbau benötigen, was sich mit 80 Millionen Euro in den kommenden Jahren niederschlägt. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen.

Wir haben bereits vor zwei, drei Jahren PV-Anlagen beworben, damals war das Interesse daran eher gering. Jetzt, wo die Strompreise hoch sind, möchten viele eine PV-Anlage und möglichst viel Strom einspeisen, damit die Anlage rasch rückfinanziert ist. 

Was sagen Sie zum Ergebnis der Bürgerbefragung in Reichenfels?
Das war für uns positiv. Es hat mich gefreut, dass immerhin 40 Prozent der Bevölkerung bereit waren ihre Stimme abzugeben und dafür auch noch der überwiegende Teil für den Ausbau der Windkraft in der Region war.

Wie viele Windkraftanlagen im Lavanttal betreibt die Kelag bereits bzw. sind in Planung?
Gebaut werden aktuell mehrere, aber die sind nicht von uns.  Ein großer Windpark von der BayWa auf der Steinberger Alpe bei St. Georgen steht bereits.

Wir planen im Gebiet der Soboth einen Windpark, für den wir von der Behörde die Information bekommen haben, dass das Umweltverträglichkeitsverfahren starten kann.
Und dann gibt es noch Projekte entlang des Kärntner Nordost-Bogens die interessant sein könnten, aber da kann man den Behörden nicht vorgreifen.

Was sagen Sie den Leuten, die fordern, dass es keine Windkrafträder auf den Bergen gibt?
Es gibt bevorzugte Standorte für die unterschiedlichen Technologien. So gibt es für Speicherkraftwerke einige im Tauerngebiet. Ich hätte mir nicht gewünscht, dass eine Bürgerinitiative gegen das Maltakraftwerk oder die Kraftwerksgruppe Fragant  gewesen wäre, weil die für das gesamte System notwendig sind. Dass sich der Schwerpunkt der Windkraft in Kärnten auf den Nordost-Bogen beschränkt ist den Windverhältnissen geschuldet. Wir brauchen in Kärnten einen Mix aus Wasserkraft, Sonnenkraft und Windkraft. Wir produzieren zwar viel Strom selbst, es gibt aber noch immer viele Monate im Winter, in denen wir ein Importland sind. Und Windkraftanlagen erzeugen vor allem im Winter Strom.

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