Artikel
Wolfsberg. Es war in der Vorwoche wohl eines der meistverbreiteten Videos im Bezirk. Die Rede ist vom satirischen Städtebesuch von TikToker und Influencer »Marty Austria«, der in Wolfsberg ein Video drehte, das vor allem leerstehende Lokale und Geschäfte zeigt. Auf der Social-Media-Plattform TikTok verpasste er dem Video eine ordentliche Portion Satire, indem das Bild nicht zum Gesprochenen passte und er bei der Einblendung leerstehender Gebäude von »ansprechenden Lokalen«, »beeindruckender Außenwerbung« oder von einer »Einkaufsstadt, die es in sich hat« sprach.
»Wenn es so weitergeht wie bisher, werden wir einige Geisterstädte in Kärnten haben«
Marty Austria«, Influencer
Rund 30.000 Aufrufe hatte das Video, das der Influencer am Montag der Vorwoche online gestellt und zwei Tage später wieder gelöscht hat. Den Grund für die Löschung erklärt der 40-Jährige so: »Es war das Logo eines Unternehmens zu sehen und ich wollte vermeiden, dass es eventuell zu markenrechtlichen Problemen kommt. Deswegen habe ich in den sauren Apfel gebissen und das Video wieder gelöscht.« Ein erneutes veröffentlichen einer bearbeiteten Version würde laut dem Kärntner, der in der Nähe von Klagenfurt wohnt, keinen Sinn machen, da »der Algorithmus von TikTok erkennt, dass Inhalte schon einmal veröffentlicht wurden und deshalb die Reichweite nicht mehr erzielt werden könnte«.
Der Hintergrund
Der Grund, warum »Marty Austria« diese Videoserie, die er »Lost Places« (deutsch: verlorene Orte) nennt und für die er unter anderem auch bereits in Völkermarkt, Bleiburg oder St. Veit gedreht hat, überhaupt macht, ist das Schüren einer Diskussion. »Es gab eine Unterschriftenaktion gegen leerstehende Gebäude. Als medial über diese Initiative berichtet wurde, wollte ich mir ansehen, wie schlimm die Situation wirklich ist. Und mittlerweile ist es vielerorts wirklich sehr schlimm. Wenn es so weitergeht, wie bisher, werden wir einige Geisterstädte in Kärnten haben.« Um eine Änderung dieses Zustands herbeizuführen, nimmt er die Bevölkerung in die Pflicht: »Es geht gar nicht um die Politiker, sondern um das Kaufverhalten der Bürger. Die Menschen regen sich auf, dass die Städte aussterben, aber kaufen auf Amazon und Co. ein und verursachen das Problem selbst. Deshalb mein Aufruf: Geht in die Innenstädte und kauft regional ein.«
»Er hat den Bogen überspannt. Mit seinem Video hat er Gegenteiliges bewirkt«
Hannes Primus, Bürgermeister
Der TikToker verfügt auf seinem Kanal über knapp 300.000 Follower, die seine veröffentlichten Videos sehen. Dass nicht jeder über seine humoristischen und satirischen Videos lachen kann, weiß auch er: »Mir war von Anfang an bewusst, dass ich da in die eine oder andere Wunde greife. Aber zu einer Diskussion kann es nur kommen, wenn es unkonventionell ist.« Seiner Angabe nach würde rund 80 Prozent den Sinn hinter den Videos verstehen. »Ein FPÖ-Politiker aus St. Veit hat in einem Posting auf Facebook die Frage gestellt, warum man so ein Video macht. Natürlich hat St. Veit auch schöne Seiten, aber es hat auch seine Probleme. Und so ist die Situation in vielen Städten.«
In Wolfsberg war er für ca 1,5 Stunden unterwegs. Im Gespräch mit den Unterkärntner Nachrichten sagt »Marty Austria« aber auch, dass die Situation in Wolfsberg nicht so schlimm ist, wie in anderen Städten: »Wolfsberg ist relativ weit vorne, positiv gesehen. Am schlimmsten war es bis jetzt in Völkermarkt. Wenn die Touristen vom Klopeiner See nach Völkermarkt kommen, glauben sie, dass sie nach einer Zeitreise in den 1950er-Jahren gelandet sind.«
Gegenteiliges bewirkt
Auf wenig Zuspruch traf das Video über die Innenstadt bei der Wolfsberger Bevölkerung selbst, wie SPÖ-Bürgermeister Hannes Primus weiß: »Es haben sich mehrere Leute bei mir über dieses Video beschwert«. Primus kennt zwar den Hintergrund der Videos, ist aber der Meinung, dass der Influencer damit »den Bogen überspannt hat. Mit seinem Video hat er Gegenteiliges bewirkt«. Seit vergangenem Freitag ist ein Video auf der Facebook-Seite des Bürgermeisters (www.facebook.com/bgm.hannesprimus) online, das aufzeigen soll, dass Wolfsberg alles andere als ein »Lost Place« ist.
»Ich habe sehr positive Rückmeldungen auf das Video bekommen«, so der Bürgermeister, der darauf verweist, das viele der gezeigten Gebäude im Video von »Marty Austria« im Privatbesitz sind, der Roxor Musicstore den Standort gewechselt hat und für das Kudrinka-Haus von einem privaten Investor, unter Einhaltung des Denkmalschutzes, viel Geld in die Hand genommen wird.
0 Kommentare Kommentieren
Keine Kommentare gefunden!