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Betrügereien im Internet nehmen weiter zu und dabei werden die Tricks der Gauner immer dreister. BI Christian Baumgartner von der Polizeiinspektion ist einer von zwei Cyberspezialisten im Lavanttal, die im vergangenen Jahr mit 160 Cyber-Fällen zu tun hatten.
WOLFSBERG. Im Fernsehen bei den verschiedenen „CSI“-Serien sieht die Aufklärung oder das Verfolgen von Spuren im Internet immer recht einfach aus. Per Mausklick bekommen die TV-Cyberspezialisten meist in sekundenschnelle sämtliche relevante Informationen über die Täter, inklusive Standort und meist auch via Verkehrs- oder Sicherheitsaufnahmen Live-Bilder vom Täter. Die Realität sieht aber anders aus. „Es ist ein sehr langwieriger und zeitaufwendiger Prozess. Zunächst müssen die Daten vom Landeskriminalamt gesichert werden, erst danach kann die Ermittlungsarbeit begonnen werden. Und selbst wenn man dabei an die IP-Adressen der Täter rankommt, ist das kein Garant dafür, dass man auch tatsächlich die Verbrecher überführen kann“, so Baumgartner. Das Landeskriminalamt sei laut Baumgartner recht gut ausgestattet, aber in den Bezirken gäbe es noch einiges an Nachholbedarf. „Mit besserer Hard- und Software könnten wir zwei Drittel der Arbeiten vor Ort erledigen und müssten nicht immer, wie z. B. derzeit für die Datensicherung, nach Klagenfurt zum LKA fahren“, sagt Baumgartner.
Zwei Beamte im Lavanttal
Bis vor kurzem musste sich Baumgartner, neben den anderen Arbeiten eines Polizeibeamten, völlig alleine um die Internetfälle des Bezirkes kümmern. Mittlerweile gibt es mit Bernhard Taudes einen zweiten Beamten im Bezirk, der für Online-Kriminalität zuständig ist. „Es ist eine interessante, aber auch sehr einsame Arbeit. Man ist irgendwie so wie ein kleiner Maulwurf. Es gehört mehr dazu, als nur Polizist zu sein. Du brauchst Leidenschaft und es ist auch privates Engagement gefordert“, erzählt Baumgartnerüber seine Tätigkeit.
Hohe Aufklärungsquote im Bezirk
Baumgartner spricht von einer hohen Aufklärungsquote im Lavanttal, gibt aber zu Bedenken, dass gerade bei Internet-Delikten die Dunkelziffer der Geschädigten sehr hoch ist. Baumgartner geht von rund 30 Prozent der Geschädigten aus, die keine Anzeige erstatten würden. Für viele ist der Aufwand einer Anzeige zu hoch, bei vielen spielt auch Scham eine große Rolle. „Es passiert aber auch immer wieder, dass Leute Anzeige erstatten, aber uns dann nicht die benötigten Daten zur Verfügung stellen“, meint der Cyber-Spezialist. „Man braucht natürlich auch immer ein wenig Glück, Erfahrung und die richtigen Ansprechstellen. Diese muss man sich über die Jahre aufbauen“, so Baumgartner. 160 Fälle im Lavanttal wurden im letzten Jahr von Baumgartner und Taudes bearbeitet. Bei den meis- ten waren Wolfsberger die Opfer, in 20 Prozent der Fälle, versuchten Lavanttaler eine Straftat über das Internet zu begehen. Die Palette der Delikte umfasste das gesamte Spektrum, wie Betrug bei Bestellungen, Verschlüsselungstrojaner, aber auch Love-Scams und Tricks mit Gewinnanforderungen. Wobei gerade die Liebesbetrügereien und Gewinnspiele meist von internationalen Gruppen betrieben werden, was eine Aufklärung bzw. strafrechtliche Verfolgung erschwert bzw. unmöglich macht. Die Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden funktioniert mittlerweile recht gut, Anfragen bei Stellen in den Niederlanden können sich über mehrere Monate hinziehen und aus den südlichen EU-Ländern könnte man überhaupt froh sein, wenn man irgendwann einmal eine Antwort bekäme. Bei Delikten, die von China, Russland oder Nigeria ausgehen würden, gibt es laut Baumgartner überhaupt keine Unterstützung durch die örtlichen Behörden.
„Sicher ist heute nichts mehr“
„Früher gab es so etwas wie Richtlinien, an Hand derer man Fake-Websites oder Betrüger erkennen konnte. Aber heute kann man als normaler User überhaupt nicht mehr erkennen, was ist echt und was ist ein Fake. Die Betrüger werden im- mer professioneller. Ein Tipp wäre, dass man sich eine Seite, von der man weiß, dass diese verläss- lich bzw. echt ist, unter seinen Favoriten ablegt und dann nur darüber kommuniziert. Man sollte sich dort aber auch nur dann anmelden, wenn man etwas bestellen möchte und sich danach wieder von der Seite abmelden“, rät Baumgartner. Zu den häufigsten Delikten im Internet zählen Betrügereien in jeder Form, danach folgen Delikte mittels Schadsoftware und das Ausspähen von Kreditkartendaten.
Kommt ein Bundestrojaner?
Unter einem Bundestrojaner versteht man den Einsatz staatlicher Spionagesoftware. Damit sollen Ermittler die Möglichkeit haben, Nachrichten von PCs, Handys, Ta- blets und Spielkonsolen von verdächtigen Personen zu überwachen. In Österreich wurden die Pläne für einen Gesetzesentwurf auf Eis gelegt, da dieser stark kritisiert wurde. „Ich verstehe die Menschen nicht ganz. Sie geben selbst so viel über sich im Netz preis. Wo bin ich, was mach ich, meine Geo-Daten uvm. Und dann heißt es in den Medien, dass ein Bundestrojaner kommen soll und es erfolgt der große Aufschrei. Aber es ist derzeit natürlich völlig unklar, ob dieser jemals kommen wird“, so Baumgartner abschließend.
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