Artikel
Wolfsberg. Sie haben nach besten Kräften versucht, den Männergesangsverein Wolfsberg, der heuer 172 Jahre alt geworden wäre, am Leben zu erhalten. Doch es ist nicht gelungen. »Wir haben in der Jahreshauptversammlung am 2. Feber die freiwillige Auflösung des MGV beschlossen und das Ergebnis der Vereinsbehörde schriftlich mitgeteilt«, sagt Ehrenobmann Manfred Gosch. Damit endet ein Stück Wolfsberger Kulturgeschichte.
Wie berichtet hatte Gosch, langjähriger Obmann des Vereins und Träger der Wolfsberger Ehrennadel in Gold, im Jahr 2022 zahlreiche Veranstaltungen rund um das 170-jährige Jubiläum des MGV in Wolfsberg organisiert. Bei der Jahreshauptversammlung im Jänner des Vorjahrs legte er seine Funktion aus persönlichen Gründen zurück. Seit 1966 ist er Mitglied, viele Jahre davon Obmann, nun möge man ihm ruhigere Zeiten gönnen, sagte er damals.
Alfred Rothleitner, Chorleiter und stellvertretender Obmann, übernahm das Steuer und wandte sich im Namen aller verbliebenen Mitglieder mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit: Schweren Herzens wolle man das aktive Sängerleben beenden und »mit diesem Schritt einer eventuell interessierten jungen Gruppe von Sängern die Möglichkeit geben, diesen ältesten Kulturträger des Lavanttals wieder mit neuem Leben zu erfüllen«. Der Versuch, Nachfolger zu finden, war aber vergebens. Gosch: »Leider hat sich niemand gemeldet, der den MGV weiterführen wollte.« Daher beschlossen die letzten zehn verbliebenen Sänger mit acht gegen zwei Stimmen die Selbstauflösung. Der Mietvertrag des Probelokals am Hohen Platz wurde bereits mit 31. Dezember 2023 aufgelöst.
20 Jahre – kein neuer Sänger
Gosch: »Trotz unserer vielen Bemühungen – Singen an der Peripherie und in Kirchen, Veranstaltungen mit anderen Vereinen im Tal und im Ausland, das ›Festliche Singen am Hohen Platz‹, dessen Eröffnung nach der Neugestaltung mit der Versenkung der Zeitkapsel, Stadtfeste, Ausstellungen, Singen vor dem Probelokal usw. – hatten wir in den vergangenen 20 Jahren keinen Zuwachs zu verzeichnen, kein einziger neuer Sänger kam zu uns.« Dazu sage das Alter der Mitglieder viel aus: vier Sänger sind über 60 Jahre alt, drei über 70, drei über 80. Zuletzt bestand der MGV aus zehn Aktiven, darunter drei Ehrenmitglieder, sowie zwei weiteren Ehrenmitgliedern, die aber nicht mehr mitsangen. Gosch, selbst bereits 79 Jahre alt: »Der erste und zweite Bass waren nur mehr mit je einem Sänger besetzt –fällt einer aus, waren wir als Chor nicht mehr singfähig. Und ohne Sänger kein Gesang.« Die Mitglieder wollen aber weiter in Kontakt bleiben: Sie werden sich »wild«, das heißt außerhalb eines Vereins treffen.
Gosch selbst blieb zuletzt nur mehr das Ordnen des aus Tausenden Teilen bestehenden MGV-Nachlasses: Es galt, den Verbleib von Vereinstafeln, Abzeichen, Fahnen und Fahnenbändern, Fotos und Büchern, aber auch von 700 Notenbüchern und 1.400 Notenblättern, teils handgeschrieben und noch aus dem 19. Jahrhundert, zu regeln. Im Archiv fand sich beispielsweise auch ein Schreiben von Kaiser Franz Joseph, der sich für eine Spendensammlung des Chors nach einer Naturkatastrophe im Lavanttal bedankte. Gosch: »Es waren rund 2.600 Stücke, die der MGV besaß. Ein Teil wurde vom kärnten.museum abgeholt. Einiges davon wird in Graz untersucht und behandelt, etwa die Fahnenbänder, danach wird es im Sammlungs- und Wissenschaftszentrum aufgearbeitet und verwahrt. Die Noten gingen an das Kärntner Volksliedwerk in Klagenfurt, einiges haben wir an Institutionen wie die Caritas verschenkt.« Sollte die Stadt Wolfsberg in Zukunft Ausstellungen veranstalten und dafür Exponate des MGV benötigen, hat Gosch dafür gesorgt, dass sie entliehen werden können.
Zuletzt bedankt sich der Ehrenobmann bei allen Sängern, deren Frauen, dem Vorstand, den Bürgermeistern, dem Kulturamt und den Freunden des MGV für die langjährige Unterstützung. Goschs Schlusswort: »Der Männergesangsverein Wolfsberg meldet sich ab.«
0 Kommentare Kommentieren
Keine Kommentare gefunden!