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Erfolgsprojekt Pflegenahversorgung in St. Andrä: Politischer Widerstand könnte es zu Fall bringen Ausgabe 45 | Mittwoch, 8. November 2023

Die FPÖ kann sich »schwer vorstellen«, dass sich die Fortsetzung des interkommunalen Projekts finanziell ausgehen werde, für das laut Bürgermeisterin Knauder die Mittel aber vorhanden sind. Die ÖVP verrät nicht, ob sie dafür oder dagegen stimmen wird.

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St. Andrä. Ein Leserbriefschreiber führte auf die Spur: In der Ausgabe UN 44/2023 plädierte er für die Fortführung der Pflegenahversorgung in St. Andrä und St. Paul und deutete an, dass der dafür nötige politische Beschluss in der Bischofsstadt keine »g‘mahte Wies‘n« sei. Und tatsächlich gibt es Widerstand seitens der FPÖ, die ÖVP hält sich offiziell bedeckt.

Wie berichtet wurde im Dezember 2020 das interkommunale Projekt der Pflegenahversorgung in den beiden Lavanttaler Gemeinden eingeführt. Pflegekoordinatorin Christina Unterberger steht 15 Stunden pro Woche in St. Andrä, fünf Stunden in St. Paul zur Verfügung. Gemeinsam mit einem Team ehrenamtlicher Mitarbeiter, das sie mittlerweile aufgebaut hat, informiert sie pflegende Angehörige kostenlos über deren Möglichkeiten oder leistet Hilfe bei Ansuchen. Unterberger und ihr Team besuchen Betroffene daheim, sehen sich die Situation an und unterstützen bei vielen Fragen, etwa welche Hilfsleistungen in Anspruch genommen werden können, welche Möglichkeiten es im Bereich Pflegegeld gibt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen etc. Ziel ist es, Pflegebedürftige in deren privaten Wohnbereich so gut zu versorgen, dass selbstständiges Wohnen trotz Hilfe- und Pflegebedürftigkeit möglich bleibt – und damit das öffentliche Gesundheitssystem entlastet wird. Die Kosten werden zwischen St. Andrä und St. Paul im Verhältnis 3:1 geteilt, die Bischofsstadt wendet seither monatlich 430 Euro  dafür auf. 

»Wird die Pflegenahversorgung nicht fortgesetzt, wäre das ein großer Verlust«
Maria Knauder, Bürgermeisterin St. Andrä

Bereits im November 2020, als der St. Andräer Gemeinderat darüber beriet, gab es Streit. Der damalige ÖVP-Stadtrat Heinz Schlatte kritisierte, dass trotz angespannter Budgetlage zusätzliches Personal beschäftigt werde. Schlatte blieb die einzige Gegenstimme.

Mittlerweile hat sich die Pflegenahversorgung zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt, wie Bürgermeisterin Maria Knauder (SPÖ) im heurigen April im St. Andräer Gemeinderat berichtete: Unterberger hatte sich bis dahin mit 973 Fällen befasst und vielen Menschen geholfen, weiterhin daheim wohnen zu können.

Knauder sprach sich für eine Fortsetzung des Projekts und eine Aufstockung der Stundenanzahl aus: »Der Bedarf für eine Pflegekoordinatorin ist da, wir würden sie ganztags brauchen.« Allerdings zeichnet sich nun Widerstand ab. 

So sagt ÖVP-Vizebürgermeister Maximilian Peter auf die Frage, ob es richtig sei, dass seine Fraktion mit der Weiterführung des Projekts Pflegenahversorgung nicht einverstanden ist: »Mit immer größerer Verwunderung sehe ich, dass Dinge, die sich im Entscheidungsprozess befinden, über die Zeitung kommuniziert werden. Solange sich dieses Thema nicht auf der Tagesordnung des Gemeinderats befindet, gebe ich keine Stellungnahme ab, ob wir zustimmen oder ablehnen. Wozu gibt es Gespräche und Sitzungen?«

Finanzielle bedenken

FPÖ-Stadtrat Jürgen Ozwirk wird deutlicher. Er sagt: »Pflegekoordinatorin Unterberger leistet super Arbeit. Aber: Wir haben keinen Rechnungsabschluss, es gibt 600.000 Euro Unwetterschäden in der Gemeinde, wir müssen einen Nachtragsvoranschlag zusammenstellen. Wir haben uns darauf geeinigt, unsere freiwilligen Leistungen – dazu gehört auch die Pflegenahversorgung – zu überprüfen, ob wir sie uns leisten können. Ich denke, wir sollten unser Hauptaugenmerk darauf richten, wie unser Budget insgesamt aussieht.« Ozwirk kann sich »schwer vorstellen«, dass sich die Weiterführung der Pflegenahversorgung finanziell ausgehen werde. 

Laut dem FPÖ-Stadtrat gibt es für Betroffene außerdem Alternativen zu diesem Projekt: »Auch das LKH, die Arbeitsvereinigung der Sozialhilfe Kärntens AVS oder das St. Andräer Bürgerservice bietet bei diesen Fragen Hilfe an, die Menschen werden nicht im Regen stehen gelassen.«

Bürgermeisterin Knauder bleibt auf Anfrage der Unterkärntner Nachrichten dabei: »Ich will die Pflegenahversorgung weiterführen und ausbauen. Ich weiß nicht, wie die Abstimmung im Gemeinderat ausgehen wird. Sollten wir es allerdings nicht beschließen, verliert auch St. Paul dieses Projekt, das hervorragend läuft.« Tritt das ein, seien die Menschen ohne Unterstützung, neben Unterberger wären auch die Ehrenamtlichen Vergangenheit. »Es wäre ein großer Verlust für unsere Bürger, denn bei einem Minimum an Aufwand haben wir ein Maximum an Wirkung«, so Knauder. 

Im Dezember läuft das Projekt aus, bis dahin muss eine Entscheidung gefallen sein. Drei Viertel der Kosten würde das Land beisteuern,  15.000 Euro müsste die Gemeinde aufbringen. Knauder: »Diese Summe ist da, wir hätten außerdem noch Geld von Landesrat Daniel Fellner.«

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