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St. Paul entging Katastrophe: Damm hielt, Regen und Hangrutschungen richteten massive Schäden anAusgabe 32 | Mittwoch, 9. August 2023

Heftige Regenfälle am Wochenende sorgten für dramatische Stunden, vor allem im unteren Lavanttal. In St. Paul drohte der Damm eines Überlaufbeckens zu brechen und die Ortschaft zu überfluten. Zahlreiche Hangrutschungen beschäftigten die Einsatzkräfte.

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In Lavamünd bewährte sich der neu errichtete Hochwasserschutz. Das Ortsgebiet blieb diesmal von einer Überschwemmung wie im Jahr 2012 verschont. Gemeinde Lavamünd
In St. Paul spitzte sich am Freitag die Lage dramatisch zu.

Lavanttal. Die heftigen Regenfälle begannen am Donnerstag, 3. August. Bereits in den Abendstunden kam es zu den ersten Unwettereinsätzen im gesamten Bezirk Wolfsberg. Besonders betroffen war das untere Lavanttal, vor allem die Gemeinde St. Paul und Teile von St. Andrä. Übertretende Bäche, Verklausungen, unter Wasser stehende Keller und Hangrutschungen stellten die Feuerwehren vor große Herausforderungen. Doch es sollte noch schlimmer kommen.

Da die Regenfälle nicht nachließen, wurde bereits am Freitagmorgen der Bezirkskrisenstab einberufen, der eine Lagebesprechung abhielt. Mit dabei: Bezirkshauptmann Georg Fejan, Vertretern der Marktgemeinde St. Paul und der Einsatzkräfte sowie der für den Katastrophenschutz zuständige Landesrat Daniel Fellner. Die Feuerwehren des mittleren Abschnitts wurden zur Unterstützung nach St. Paul beordert. Um 6.27 Uhr wurde schließlich der Zivilschutzalarm für das Gemeindegebiet St. Paul ausgelöst.

Von den Regenfällen waren aber auch die anderen Gemeinden des Lavanttals betroffen, um neun Uhr standen bereits 23 Feuerwehren im Bezirk im Einsatz. In St. Paul drohte das Überlaufbecken den Wassermassen nicht standhalten zu können, daher wurde in der Marktgemeinde mit Unterstützung durch die Pioniere des Bundesheeres ein Hochwasserschutz errichtet.

Bürgermeister Stefan Salzmann schildert die Situation: »Die Lage war  kritisch. Das Rückhaltebecken in Granitztal ist für ein 100-jähriges Hochwasser ausgerichtet, durch die Regenfälle bewegten wir uns auf ein 300-jähriges zu. Der Damm drohte zu brechen und hat bereits knarrende Geräusche gemacht. Wir hatten Riesenglück, dass er gehalten hat.«  

Am Freitag fiel um 18 Uhr die Entscheidung, betroffene Bereiche entlang des Granitzbachs durch die Bergrettung, das Rote Kreuz und Polizei evakuieren zu lassen. Insgesamt wurden 81 Objekte geräumt. Am Abend traf der Katastrophenzug 2 des Landes vor Ort ein, um bei der Errichtung des mobilen Hochwasserschutzes im Bereich Sportplatzsiedlung zu helfen. Um 22 Uhr war man mit der Errichtung des Hochwasserschutzes fertig. Die Regenfälle gingen zwar leicht zurück, die Lage blieb aber nach wie vor angespannt.

Über Nacht arbeiteten einzelne Feuerwehren kleine Einsatzorte, vor allem mit Pumparbeiten, im gesamten Bezirk ab.

Hangrutschungen im unteren Tal

Da die Regenfälle in der Nacht auf Samstag leicht zurückgingen, zeigte sich am Samstag eine Verbesserung des Hochwasserstandes. Trotzdem stiegen bereits am Vormittag die Einsätze der Feuerwehren wieder an. Durch die massiven Regenmengen kam es zu zahlreichen Hangrutschungen und überflutete Keller.

Gegen Samstagabend entspannte sich die Lage ein wenig. Im Abschnitt Mittleres Lavanttal waren  noch vereinzelt Keller auszupumpen. In St. Margarethen drohte ein Hang zu rutschen.

Regenfälle gingen zurück

Obwohl die Niederschläge am Sonntag, 6. August, immer weniger wurden, gab es noch lange kein Aufatmen im Bezirk. Aufgrund des hohen Grundwasserspiegels und der Sättigung des Boden standen noch zahlreiche Keller unter Wasser und es kam immer wieder zu Hangrutschungen. Teilweise mussten wegen bedrohter Hänge Objekte zur Sicherheit evakuiert werden, da die Gefahrenfeststellung in der Nacht nicht möglich war.

In der Gemeinde Lavamünd gab es eine Zivilschutzwarnung aufgrund drohender Hangrutschungen und es kam zu Straßensperren. Besonders betroffen waren die Gebiete Lamprechtsberg und Weißenberg.

Am Sonntagnachmittag bzw. am Montag wurde mit den Aufräumarbeiten begonnen. Auch der Kärntner Landesgeologe war im Bezirk im Einsatz, um sich einen Überblick über die Gefahrenlage zu verschaffen. Für Lavamünd und St. Paul galt am Montag aufgrund möglicher Hangrutschungen nach wie vor eine Zivilschutzwarnung.

Nun können die Aufräumarbeiten voll anlaufen. Sie werden wohl Wochen oder Monate dauern.

Straßensperren

Einige Straßen im Bezirk dürften noch länger gesperrt bleiben. Am Montag waren in Lavamünd die Soboth-Straße und Teile der Landesstraße zwischen Lavamünd und Ettendorf gesperrt. Die ganze Woche gesperrt bleiben sollen die Straße bei Plestätten, Krottendorf sowie die Straße von Wunderstätten nach Eis Ruden.

In St. Paul waren am Montag die  Grutschen Straße, die Trattnigstraße und die Gönitzstraße gesperrt. Eingeschränkt befahrbar waren die Sternbergerstraße, Johannesbergstraße (von Legerbuch), Hollaufstraße und die Scharpferumfahrung. Für Johannesberg, Josefsberg, Wampitschstraße, Primusstraße, Schildbergstraße und Stichgrabenstraße gilt eine Sperre für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen.

Bürgermeister Stefan Salzmann im Gespräch: "Dank an die Helfer für ihren unermüdlichen Einsatz"

Wie ist aktuell die Lage in St. Paul? 
Es hat sich am Montag die Lage entspannt. Bereits am Sonntag konnten wir den Zivilschutzalarm aufheben, die Pegel entlang der Lavant und des Granitzbachs sinken. 

Wie viele Häuser mussten evakuiert werden? 
Insgesamt wurden 81 Objekte evakuiert. Die Bewohner konnten aber bereits am Samstag wieder in ihre Häuser zurückkehren. Die meisten Personen waren bei Nachbarn oder ihrer Familie untergebracht. 31 Menschen waren im Turnsaal des Bildungscampus untergebracht, wo sie vom Roten Kreuz verpflegt wurden.  

Was war die größte Herausforderung in den vergangenen Tagen? 
Das Rückhaltebecken in Granitztal drohte überzulaufen. Die Lage war kritisch. Wäre der Damm gebrochen, wäre eine rund drei Meter hohe Flutwelle durch den Ort gerollt.

Gab es in St. Paul auch Hangrutschungen? 
Ja, es gab sehr viele Hangrutschungen in unserem Gemeindegebiet. Derzeit ist gerade ein Landesgeologe unterwegs, um sich ein genaues Bild über die Schäden zu machen.

Sind die Feuerwehren noch im Einsatz? 
Die Einsatzkräfte sind derzeit mit Aufräumarbeiten und dem Wiederherstellen der Einsatzbereitschaft beschäftigt.

Bezirkshauptmann Georg Fejan im Interview:

Ist es vorbei? 
Das Hochwasser ist im Lavanttal vorbei. Wir haben zwar noch Bäche und Flüsse, die relativ voll sind, aber das Ereignis selbst ist vorüber. 

Wie geht es jetzt weiter? 
Der Bezirkskrisenstab war von Freitag bis Sonntag Abend im Einsatz, mittlerweile haben wir die Bearbeitung der Einsätze an die Krisenstäbe der Gemeinden übergeben, die jetzt damit fertig werden können. Die Bezirkshauptmannschaft koordiniert nun die Arbeit des Landesgeologen.  

Wo war es am knappsten? 
In St Paul war es sehr eng. Beim Granitzbach gab es ein gewaltiges Hochwasser, weshalb wir am Freitag Häuser evakuieren mussten. Damals war die Prognose sehr schlecht. Wir hatten Riesenglück, dass dann weniger Wasser gekommen ist. Sonst wäre es in St. Paul zu einem großflächigen Hochwasser gekommen.

Wie viele Stunden haben sie am Wochenende geschlafen? 
Von Donnerstag bis Sonntag etwa sieben bis acht Stunden, aber für mich war es genug. Andere hatten weniger Schlaf. Für die Einsatzkräfte der Feuerwehren war es körperlich gewaltig – Knochenarbeit.

Ihr Resümee? 
Es hat gut funktioniert, zum Glück ist nach derzeitigem Stand niemandem etwas passiert. Der tragische Autounfall in Preitenegg mit einem Todesopfer stand nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hochwasser.

Hat sich die Lage im Bezirk Wolfsberg wieder entspannt? 

Es hat sich zum Glück stabilisiert. Wir konnten den Zivilschutzalarm in St. Paul und die Warnung in St. Georgen wieder aufheben. Der Hochwasserschutz in St. Paul wurde bereits abgebaut.

Bezirksfeuerwehrkommandant Wolfgang Weißhaupt im Gespräch:

Wie viele Feuerwehreinsätze gab es in den vergangenen Tagen?
Von 3. bis 6. August standen alle 35 Feuerwehren des Bezirks im Einsatz. Rund 600 Feuerwehrkameraden absolvierten dabei 487 Einsätze. 

Welche Probleme gibt es derzeit noch?
Das Hauptproblem ist derzeit das Grundwasser, das nach wie vor nach oben drückt. Die Feuerwehren sind aktuell mit dem Auspumpen von Kellern im Dauereinsatz. 

Welche Gebiete im Bezirk waren am schlimmsten betroffen?
Die Hotspots waren sicher St. Paul und Lavamünd.

Gibt es bereits einen ersten Überblick über die Schäden?
Derzeit ist ein Landesgeologe im Einsatz, um sich einen Überblick zu verschaffen. Die Feuerwehren und Gemeinden arbeiten daran, die Schäden zu beseitigen. Das wird sicher Monate dauern. Einen Überblick gibt es noch nicht.

Der Lavamünder Bürgermeister Wolfgang Gallant im Interview:

Wie ist die Lage derzeit in Lavamünd?
Es sind noch fünf Haushalte im Bereich Weißenberg und Lamprechtsberg evakuiert. Ein Bauernhof ist nach wie vor von der Außenwelt abgeschnitten. Aktuell gibt es noch eine Zivilschutzwarnung, weil der Boden aufgrund der Wassermassen noch in Bewegung ist. Es kommt weiter zu Hangrutschungen.

Wie viele Feuerwehreinsätze gab es in Lavamünd?
Es gab rund 60 Einsätze in unserem Gemeindegebiet.

Sind die Feuerwehren noch im Einsatz?
Derzeit nicht. Jetzt müssen wir uns einmal ein Bild der Schäden machen. Die großen Wassermassen haben die Gemeindeinfrastruktur massiv beschädigt. Die Frage wird sein, wer all diese Schäden bezahlt. Wir sind auch in ständigen Kontakt mit dem Landesgeologen.

Wie hat der neu errichtete Hochwasserschutz funktioniert?
Der Hochwasserschutz hat bestens funktioniert, das ist sehr erfreulich. Probleme gibt bzw. gab es vor allem aufgrund der extremen Regenfälle, die zu zahlreichen Hangrutschungen im Gemeindegebiet führten.  

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