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Wolfsberg, Frantschach-St. Gertraud. Die Gaslieferungen aus Russland stocken. Das könnte im kommenden Winter gravierende Auswirkungen auch auf Wolfsberg haben. Mondi-Vorstand Thomas Ott meinte vor wenigen Tagen zur Tageszeitung »Die Presse« auf die Frage, ob die Papierfabrik in Frantschach auch im Krisenfall Abwärme ins Fernwärme-System einspeisen werde: Er wisse es nicht.
Die Unterkärntner Nachrichten fragten Gottfried Joham, Geschäftsführer von Mondi Frantschach, ob es zur Einstellung der Fernwärme-Versorgung kommen könnte. Er sagte: »Mondi Frantschach ist Lieferant für das Fernwärme-Netz in Wolfsberg. Wenn es kein Gas gibt, müssen wir das Werk abstellen – und damit auch die Fernwärmeversorgung.«
Hält er das für möglich? »Dazu kann ich nichts sagen«, so Joham. Allerdings: »Wenn es kein Gas mehr gibt, steht in Österreich ein Großteil der Industrie, nicht nur Mondi Frantschach«, so der Geschäftsführer. Sollte die zur Verfügung stehende Gasmenge verringert werden, »würden wir schauen, dass unsere Produktion weiterläuft. Und so lange wir arbeiten, gibt es auch Fernwärme.« Freilich wäre eine Konsequenz der geringeren Gaszufuhr, dass auch weniger Wärme ausgekoppelt werden könnte.
»Kein Grund zur Panik. Die Menschen sollten aber versuchen, Energie zu sparen. Das hilft uns allen«
Adolf Melcher, Kelag Energie und Wärme
Seit Mitte der 1980er Jahre arbeiten Mondi Frantschach und die Kelag Energie und Wärme GmbH bei der Fernwärme-Versorgung in Wolfsberg und Frantschach-St. Gertraud zusammen. Derzeit ist das Leitungsnetz 37,9 Kilometer lang, rund 500 Haushalte werden in beiden Gemeinden pro Jahr mit etwa 50 Millionen Kilowattstunden Wärme versorgt. Am Netz hängen auch Einrichtungen wie das LKH Wolfsberg, Hermes Pharma, die Rasenheizung in der Lavanttal-Arena, das Stadionbad oder das Unternehmen Schwing und öffentliche Einrichtungen. Dazu kommen Wohnhäuser der Gemeinden und der Wohnungsgenossenschaften. 2019 wurde die Kooperation zwischen Kelag und Mondi bis 2033 verlängert.
Mondi liefert 98 Prozent
Laut Adolf Melcher, Geschäftsführer der Kelag Energie und Wärme GmbH, liefert Mondi 98 Prozent der Energie im Fernwärmenetz. Er sagt: »Wenn Mondi bei der Einspeisung ausfällt, wird die Versorgung nur mehr eingeschränkt möglich sein. Uns muss klar sein: Ohne Industrie ist die Versorgung nicht in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.« Die Wärmeversorgung sei vor Jahrzehnten ökologisiert worden, was ohne die Industrie nicht möglich gewesen wäre. »Es ist ein hocheffizienter Prozess, die Wärme der Industrie zu nutzen. Fast 40 Jahre lang ist es gut gelaufen.« Doch mit dem Krieg wurde ebenso wenig gerechnet wie mit der Corona-Pandemie.
Wenn Mondi eine Woche lang ausfiele, wäre das laut Melcher tragbar. »Wenn aber monatelang keine Fernwärme käme, hätten wir natürlich ein Problem. Es gibt Reserveanlagen, aber die müssen auch mit etwas betrieben werden. Dazu hängt viel von der Temperatur ab, die dann herrschen würde«, so der Geschäftsführer. Allerdings: Für Panik gebe es keinen Anlass. Melcher: »Noch ist es nicht soweit. Und sollte wirklich kein Gas mehr fließen, wird es seitens der Behörden Zuteilungen geben und andere Einrichtungen, etwa Hallenbäder, müssten schließen. Man soll den Menschen aber auch sagen: Versuchen Sie Energie zu sparen, das hilft uns allen, auch im Hinblick auf den Winter.«
Letztlich betrachtet er die Lage wie Joham: »Dass es in den Wohnungen dann 17 Grad haben könnte, ist natürlich nicht ideal. Der getragene Pullover wäre aber das kleinere Problem. Wichtiger sind die Lieferketten: Wenn Mondi kein Papier produziert, können Futtermittel nicht verpackt, Tiere nicht gefüttert werden etc.« Die gesamte Industrie Österreichs wäre betroffen – mit gravierenden Folgen.
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