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Landesrechnungshof deckt Missstände bei Stadtwerke Wolfsberg aufAusgabe 1 | Donnerstag, 22. Dezember 2022

Defizitäre Bereiche wurden mit Gebühren finanziert

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Wolfsberg, Klagenfurt. Der freiheitliche Landtagsabgeordnete Harald Trettenbrein, der die Prüfung mitinitiiert hatte, fühlt sich bestätigt, der Wolfsberger Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) und Stadtwerke-Geschäftsführer Christian Schimik halten sich vorerst zurück: Die Prüfung der Wolfsberger Stadtwerke durch den Landesrechnungshof (LRH) ist beendet. Der Bericht wird zwar erst am 27. Dezember öffentlich gemacht, inoffiziell liegt er aber schon vor. Er hat 179 Seiten und enthält 74 Empfehlungen an die Stadtwerke – also eine ganze Menge. Dazu viel Kritik.

Der LRH rät – wie schon der Rechnungshof im Jahr 2014 –, die Stadt solle das Unternehmen auflösen und sich wieder selbst um die Geschäftsbereiche kümmern. Im Bericht liest sich das so: „Der LRH empfahl daher, eine vollständige Rückgliederung der Wolfsberger Stadtwerke zu prüfen. Alternativ sollte jedenfalls eine Teilrückgliederung der Gebührenbereiche Wasser und Kanal erfolgen.“ Begründet wird das damit, dass die Stadtgemeinde Wolfsberg auf die zuletzt erwirtschafteten Gewinne keine Körperschaftssteuer – 2020 wurden 122.818 Euro fällig, im Vorjahr 148.836 Euro – zahlen müsste. Die Stadt gibt sich einsichtig und meint in ihrer Stellungnahme im Bericht, sie werde die „Empfehlung in Bezug auf das Thema Rückgliederung umsetzen und eine solche prüfen“ – was zwar widersprüchlich ist, vom LRH aber akzeptiert wurde.

Der Landesrechnungshof stößt sich vor allem an den Querfinanzierungen, die auf den Rücken der Gebührenzahler erfolgen. So werden jetzt Bereiche der Stadtwerke, die Verluste erwirtschaften, etwa das Stadionbad, mit eingehobenen Gebühren am Leben erhalten. Im Bericht heißt es: „Eine dauerhafte Querfinanzierung von Abgangsbetrieben war nicht zulässig und führte dazu, dass vor allem die Gebührenzahler aus den Bereichen Kanal und Umwelt diese mitfinanzierten.“ Dazu ist diese Praxis nicht erlaubt: Überschüsse aus Gebühren müssen in der Kassa bleiben und ins Folgejahr übertragen werden. Eine Querfinanzierung bestreitet die Stadt aber. Vielmehr habe man liquide Mittel in Form von inneren Darlehen Teilbereichen mit Finanzproblemen zur Verfügung gestellt. Damit wurde vermieden, dass Zinsen für Fremdkapital anfielen. Der LRH glaubt allerdings nicht daran, dass das Stadionbad als notorischer Abgangsbetrieb seine inneren Darlehen je wird begleichen können. Unbeeindruckt davon ist die Stadt überzeugt, dass „maßvolle Abgänge in den Bereichen Veranstaltungszentrum Kuss, Eventhalle und Stadionbad im Sinne der Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit der entsprechenden Infrastruktur akzeptieren würde, da diese Bereiche nicht positiv zu führen wären“.

Apropos Gebühren: Kritisiert wird auch, dass die Kanalabgaben – eine große Einnahmequelle der Stadtwerke, dessen Betriebsleistung im Vorjahr zu 73 Prozent aus Gebühren bestand – „trotz der hohen Überschüsse“ erhöht wurden. Außerdem habe die Stadt die Sanierung der über 100 Jahre alten Trinkwasserleitung Koralpe bereits in die Gebührenkalkulation für das Jahr 2016 aufgenommen. Mit der Bauausführung wurde bisher aber nicht begonnen. Um die Trinkwasserversorgung der Wolfsberger Bevölkerung sicherzustellen, empfiehlt der LRH, dieses Projekt rasch umzusetzen. Die Wolfsberger Stadtwerke geben in ihrer Stellungnahme an, mit dem Beginn der Baumaßnahmen wäre noch im Jahr 2022 zu rechnen, was knapp werden dürfte. Bis 2025 soll das Projekt abgeschlossen sein.

Überhaupt geht laut den Prüfern die Erneuerung der 398 Kilometer langen Wolfsberger Wasserleitungen nur im Schneckentempo voran: Von 2017 bis 2021 wurden im Schnitt jährlich nur 0,7 Prozent der Leitungen erneuert. Geht das so weiter, ist das Netz erst in 144 Jahren saniert. Gesagt wird aber auch, dass der Wasserverlust der Leitungen gering ist und sich die Anlagen damit in gutem Zustand befinden.

Im Visier des Landesrechnungshofs steht auch ein früherer Geschäftsführer der Stadtwerke. Der hat nach seinem Rücktritt sein Dienstauto um 11.547 Euro gekauft, während es laut den Prüfern einen Wert von 17.990 Euro („Händler-Verkaufswert“) hatte bzw. im Privatverkauf 15.620 Euro erzielt hätte. Die Stadtwerke sagen dazu, man habe den Verkauf von Kraftfahrzeugen bereits im „Organisationshandbuch“ umgesetzt.

Nicht die einzige Kritik am Ex-Geschäftsführer: Er hätte sich laut LRH im Zuge der „Stadtwerke-Affäre“ hauptsächlich auf seine Führungskräfte verlassen und bei den Kostensteigerungen und Projekterweiterungen auf eine formale Rechnungskontrolle beschränkt. Dazu wurde am Beginn der „Affäre“ ein Mitarbeiter trotz aufrechtem Kündigungsschutz entlassen, wofür die Stadtwerke letztlich 55.814 Euro Kündigungsentschädigung zahlen mussten. Der LRH rät, „die diesbezügliche Verantwortung des ehemaligen Geschäftsführers zu prüfen und die weitere Vorgehensweise bezüglich Regressforderung festzulegen“. Die Stellungnahme des Unternehmens: Die Verantwortung des ehemaligen Geschäftsführers betreffend die Entlassung befinde sich in Prüfung, das Ergebnis werde beim weiteren Vorgehen berücksichtigt. Die Stadtwerke haben den Schaden beim früheren Geschäftsführer schon in der Vergangenheit außergerichtlich geltend gemacht, dessen Versicherung weigerte sich aber zu zahlen.

Verwunderung herrscht bei den Kontrolleuren über die Stadtwerke-Gehälter: So verdient ein Abteilungsleiter mit 118.658 Euro mehr als der Geschäftsführer, der Bezug des Betroffenen setzt sich „im Wesentlichen aus einem Grundgehalt von 81.797 Euro und Zulagen von 31.100 Euro zusammen“. Die Stadtwerke antworten, die in der Vergangenheit gewährten Zulagen seien „reformbedürftig“.

Auch der Stadtwerke-Beirat bekommt vom LRH eine auf den „Deckel“: Er übernahm zuletzt „operative Agenden, die eigentlich im Aufgabenbereich der Geschäftsführung lagen. Beispielsweise führte der Beirat bei der Personalaufnahme eines Abteilungsleiters und bei der Neuvergabe der Gastronomie im Stadionbad Hearings durch und war damit direkt in den Auswahlprozess eingebunden. Aus Sicht des LRH sollte sich der Beirat auf seine Kontrollaufgaben konzentrieren, zumal operative Entscheidungen im Tagesgeschäft von der Geschäftsführung der Wolfsberger Stadtwerke zu treffen sind.“ Die Stadtwerke wollen die Empfehlung umsetzen.

Trettenbrein sagt: „Das, was ich seit Jahren fordere, die Wiedereingliederung der Stadtwerke in die Gemeinde, wird vom LRH jetzt bestätigt.“ Weil er aber nicht daran glaubt, dass die Stadt Wolfsberg der Empfehlung folgen werde, fordert er das Ende der Querfinanzierung: „Die Abgänge müssen von der Stadt getragen werden, nicht von den Gebührenzahlern.“

Bürgermeister Hannes Primus teilt mit: „Nach den Bestimmungen des Kärntner Landesrechnungsgesetzes sind die Berichte eine Woche nach ihrer Vorlage an die Mitglieder des Kontrollausschusses des Landtages im Internet auf der Homepage des Landesrechnungshofes zu veröffentlichen. Die Überprüfung der Wolfsberger Stadtwerke GmbH durch den Landesrechnungshof ist konstruktiv und wertschätzend erfolgt. Gleiches gilt für den Überprüfungsbericht. Im Hinblick auf die gesetzlichen Bestimmungen wird von Seiten der Stadtgemeinde Wolfsberg als Eigentümer der Wolfsberger Stadtwerke GmbH eine Stellungnahme im Anschluss an die Veröffentlichung des Überprüfungsberichtes auf der Homepage des Kärntner Landesrechnungshofs erfolgen.“

Ins gleiche Horn stößt Stadtwerke-Geschäftsführer Schimik: „Die Zusammenarbeit mit dem Landesrechnungshof erfolgte in einer produktiven und wertschätzenden Atmosphäre. Im Hinblick darauf und aus Respekt vor dieser wichtigen Kärntner Landesinstitution und der Gesetzeslage werden die Wolfsberger Stadtwerke erst nach der offiziellen Veröffentlichung des Berichts ein Statement abgeben.“

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