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St. Paul. Wer meint, 75 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus seien alle Embleme der Schreckensherrschaft im Lavanttal getilgt, der irrt. An der Fassade des Konviktsgebäudes des Benediktinerstifts St. Paul hat ein immer noch gut sichtbares Hakenkreuz die Jahrzehnte überdauert.
Es befindet sich an der Schmalseite des Hauses, direkt unter der Adresstafel »Lobisserplatz 7« und einem blechernen Hinweisschild mit der Aufschrift »Durchgang verboten«. Irgendwann wurde zwar der Versuch unternommen, das auf Augenhöhe befindliche Nazisymbol zu entfernen – doch er blieb halbherzig und wurde nicht zu Ende gebracht. Die Umrisse des etwa 50 Zentimeter großen Emblems zeichnen sich bis heute deutlich auf der Konviktsmauer ab.
»Das Hakenkreuz soll weiterhin dort bleiben. Wir wollen es als Mahnmal belassen«
Pater Marian Kollmann, Administrator
»Natürlich weiß ich davon«, sagt Pater Marian Kollmann, Administrator des Stifts St. Paul, »und das Hakenkreuz soll auch weiterhin dort bleiben. Wir wollen es als Mahnmal belassen, damit so etwas nie wieder passiert.«
Das Symbol ist laut Kollmann »ein Teil der St. Pauler Geschichte« und diene »der Sensibilisierung« der im Konvikt untergebrachten Schulkinder: »Sie gehen daran vorbei, fragen nach, was das ist, worauf es ihnen erklärt wird.«
Nachsatz des Administrators: »Was ich aber keinesfalls möchte, ist, dass es jetzt heißt, es sei eine Nazi-Schule.«
Wer das Hakenkreuz an die Fassade gemalt hat, ist nicht bekannt. Der Lavanttaler Historiker Alexander Verdnik hat eine Vermutung: »Im Konvikt war während der NS-Herrschaft eine Nationalsozialistische politische Lehranstalt (Anm.: kurz Napola) untergebracht. Ich denke, es waren deren Schüler, wofür auch spricht, dass das Hakenkreuz niedrig angebracht ist.«
»Wenn das Hakenkreuz mit einer Tafel ergänzt wird, bin ich einverstanden«
Stefan Salzmann, Bürgermeister von St. Paul
Verdnik kennt das Symbol seit vielen Jahren: »Ich war selbst Schüler im Konvikt und ging vier Jahre lang daran vorbei. Damals gab es im Haus auch noch Mobiliar mit der Napola-Aufschrift, aber das wurde mittlerweile wohl entfernt.«
Auch der Historiker würde das Hakenkreuz nicht entfernen und versteht die Absicht, es als Mahnmal zu belassen: »Meiner Meinung nach und ohne zu kritisieren, müsste es aber mit einer Tafel ergänzt werden, auf der die Bedeutung und die Geschichte dieses Symbols erklärt werden. Damit würde aufgelöst werden, was jetzt nicht aufgelöst ist.«
Denn die Schule war laut Verdnik auch ein Opfer der Nazis: 1938 wurde das Gymnasium verstaatlicht, die Aufhebung des Stifts folgte 1940, die Mönche mussten gehen. »Geistliche und Lehrer hatten unter Repressalien zu leiden. Man könnte mit der Kennzeichnung des Hakenkreuzes eine offizielle Gedenkstätte machen, die auch zeigen würde, wie schnell es gehen kann, dass Kinder mit einer menschenverachtenden Ideologie indoktriniert werden. Eine erklärende Kennzeichnung würde symbolisieren: Wir beschäftigen uns damit«, sagt der Historiker.
Dem St. Pauler Bürgermeister Stefan Salzmann (SPÖ) ist das Hakenkreuz ebenfalls nicht unbekannt. »Unter anderem hat sich das Mauthausen-Komitee deswegen bei uns gemeldet. Wir haben uns darauf mit der Bitte an das Stift gewandt, das Hakenkreuz zu entfernen. Denn das Haus gehört dem Stift«, sagt der Bürgermeister. Danach kam es laut Salzmann auch zu einem Telefongespräch zwischen ihm und Kollmann: »Der Stiftsadministrator hat zu mir gesagt, er wolle das Symbol mit einer Tafel ergänzen, auf der der geschichtliche Hintergrund erklärt wird. Wenn diese Tafel kommt, bin ich einverstanden.«
Verboten
Hakenkreuze sind übrigens gemäß dem 1960 in Österreich erlassenen Abzeichengesetz, das die Zurschaustellung der Zeichen und Symbole nationalsozialistischer Organisationen verbietet, grundsätzlich unkenntlich zu machen. Noch in guter Erinnerung ist die Aufregung um das Nazi-Emblem auf dem Turm der Ruine Hochkraig in Frauenstein. Viele Jahre gab es Streit, ehe das Hakenkreuz im Vorjahr zu einem »Fensterkreuz« umgestaltet wurde ...
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