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Nach Unfall in Bad St. Leonhard verstarb das Opfer: Wahre Gründe des Todes wurden nun verhandelt Ausgabe 44 | Mittwoch, 29. Oktober 2025

Angeklagt war ein 37-Jähriger, der den Pensionisten (71) angefahren hatte. Allerdings: Laut einem Gutachten standen Unfall und Tod in keinem direkten Zusammenhang. Die Richterin schlug eine Diversion vor. Die Tragödie hat schwere Folgen für alle Beteiligten.

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Klagenfurt, Bad St. Leonhard. Vor dem Landesgericht – die Verhandlung ist bereits beendet – entschuldigt sich der 37-Jährige beim Sohn des Opfers: »Es tut mir so leid, ich wollte das wirklich nicht.« Der Mann nimmt die Hand und die Entschuldigung an. 

Welche Tragödien durch Verkehrsunfälle ausgelöst werden können, zeigte sich beim Prozess am Freitag, 24. Oktober, in Klagenfurt einmal mehr. Ein Mensch hat letztlich sein Leben verloren, bei allen Beteiligten blieben tiefe seelische Wunden zurück. Angeklagt war der 37-Jährige, dem fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen wurde. 

Er war am Morgen des 25. Dezember 2024 durch Bad St. Leonhard gefahren. Auf einem Zebrastreifen übersah er einen damals 71-Jährigen, bei der Kollision wurde der Pensionist schwer verletzt. Wenige Tage später verstarb das Opfer. Allerdings: Laut Gutachten ließ sich nicht »mit strafrechtlicher Sicherheit« nachweisen, dass die beim Unfall erlittenen Verletzungen zum Tod führten. 

»Ich klappte die Sonnenblende herunter – dann war die Scheibe zerbrochen«
Der Angeklagte über den Augenblick des Unfalls

Vor Richterin Claudia Bandion-Ortner schilderte der Angeklagte den Hergang so: Er war an jenem Tag zur Arbeit gefahren und hatte sich dem Zebrastreifen mit 40 bis 45 km/h genähert (Anm.: In diesem Bereich ist Tempo 50 erlaubt). Als ihn die tief stehende Sonne blendete, griff er nach der Sonnenblende, verfehlte sie erst, sah hin, klappte sie herunter – »und dann war die Scheibe zerbrochen«. Er hatte den Pensionisten auf dem Übergang übersehen und angefahren. Sofort hielt er den Wagen an und sah nach dem Opfer ...

Die Richterin wollte wissen, ob der 37-Jährige zuvor Unfälle bzw. Strafmandate wegen Schnellfahrens erhalten hatte. Der Angeklagte verneinte, was Bandion-Ortner bestätigte: »Sie sind nicht als Verkehrsrowdy bekannt.« Auch Alkohol war beim Unfall im Dezember des Vorjahrs nicht im Spiel.

Danach schilderte der Sohn des Verstorbenen, wie er am Tag vor dem Drama noch mit seinem Vater in Bad St. Leonhard spazieren gegangen war: »Er hatte sich nach gesundheitlichen Problemen ins Leben zurückgekämpft und wollte wieder Skifahren gehen. Er war physisch und psychisch in normalem Zustand, er war auch nicht kurzatmig.« Der Tod seines Vaters belastet ihn schwer, wie vor Gericht zu bemerken war.

Seine Aussage spielte insofern eine Rolle, weil eine medizinische Sachverständige – die wegen eines Staus auf der Autobahn 30 Minuten verspätet eintraf – feststellte, der 71-Jährige sei nach dem Unfall an Herzversagen gestorben, ausgelöst durch eine Lungenentzündung. Ein direkter Zusammenhang zwischen Zusammenstoß und Ableben ließe sich nicht nachweisen, so der Kern ihrer Aussage. Bereits bei der Aufnahme im Krankenhaus nach dem Unfall habe der 71-Jährigen erhöhte Entzündungswerte und eine Verschleimung der Lunge aufgewiesen. 

Eine Frage ohne Antwort

Bandion-Ortner fragte: »Wäre  er auch ohne den Unfall verstorben?« Die Sachverständige: »Es lässt sich nicht sagen, ob der Unfall den Tod des Mannes beschleunigt hat.«

Auch ein Verkehrsexperte hatte sich mit den Geschehnissen befasst und ein Gutachten erstellt. Laut ihm fuhr der 37-Jährige etwa sechs Sekunden lang gegen die Sonne. Er hätte die Sonnenblende früher herunterklappen sollen. »Es ist aber fraglich, ob sie etwas bewirkt hätte, denn die Sonne stand zu diesem Zeitpunkt sehr tief«, so der Gutachter. Richtig wäre gewesen, wenn der Angeklagte das Tempo auf 15 km/h reduziert hätte – was der Sachverständige aber nicht als rechtlich verpflichtend verstanden wissen wollte. Das Abbremsen hätte hinter ihm fahrende Lenker gefährdet, die ebenfalls von der Sonne geblendet wurden. Die Richterin sprach von einer »Tragödie«, die aber als »normale« fahrlässige Körperverletzung einzuordnen sei. Sie schlug eine Diversion für den Angeklagten vor: Er muss 1.080 Euro und die Kosten des Gutachtens des Verkehrsexperten bezahlen, danach wird das Verfahren eingestellt. Sollte die Entscheidung rechtskräftig werden, wäre er damit nicht vorbestraft. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, der 37-Jährige war einverstanden. 

Vor dem Gerichtsgebäude schilderte er dem Sohn des Verstorbenen nach der Entschuldigung in einem schnellen Satz die Folgen des Unfalls für ihn selbst: Die Ereignisse seien ihm immer gegenwärtig, kürzlich habe man bei ihm eine schwere Krankheit festgestellt. Rasch ging er davon ...

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