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Wolfsberg. Wenn Franz Kraschowitz jr. frühmorgens das Licht in der Backstube einschaltet, liegt ein Jahrhundert Familiengeschichte in diesem Handgriff. Der Duft von frischem Brot, der sich langsam im alten Gemäuer der Herrengasse 16 ausbreitet, ist derselbe wie damals, als sein Ururgroßvater 1923 aus Paldau bei Feldbach ins Lavanttal kam – auf der Suche nach einem Ort, an dem sich eine Zukunft aufbauen ließ. Er fand ihn zunächst in Frantschach-St. Gertraud, wo er eine kleine Bäckerei beim damaligen Gasthof Schleinzer eröffnete. Zwei Jahre später zog die Familie weiter nach Wolfsberg, in die Herrengasse 16, wo auch heute noch der Standort der Bäckerei Kraschowitz ist.
Ein Lavanttaler Aufstieg
1954 übernahm sein Sohn Franz die Bäckerei, modernisierte, erweiterte, wagte Neues. 1964 entstand die erste Filiale bei der Sparkasse in der Bambergerstraße, 1978 folgte ein Standort in der Reding, in der Auenfischer Straße. Die Kraschowitz-Bäckerei wurde zu einem Lavanttaler Fixpunkt – ein Ort, an dem man nicht nur Semmeln kaufte, sondern Neuigkeiten austauschte, Feste plante, den Tag begann.
1983 traten die Brüder Franz und Josef in die Fußstapfen ihrer Vorfahren. Dabei hatten Sie ursprünglich andere Pläne. Franz wollte eigentlich zur Bahn gehen und Lokführer werden, machte schließlich aber doch eine Bäcker- und Konditorlehre. Josef plante eine Pilotenkarriere, doch aus gesundheitlichen Gründen wurde daraus nichts. Stattdessen bauten sie das Unternehmen zu einem regionalen Imperium aus. »Wir hatten Filialen in der ESG-Siedlung in Wolfsberg, in Bad St. Leonhard, in St. Paul, in St. Andrä und in der Redinger Straße. Dazu belieferten wir Adeg-Märkte, Spar, Merkur und die Gastronomie bis hinauf auf die Koralpe«, sagt Josef Kraschowitz. 1999 eröffneten sie den »Brauhof« in der Herrengasse, 2006 folgte ein großer Standort bei der Südtangente. Zehn Filialen, 1.350 Sitzplätze, 108 Mitarbeiter – die Bäckerei Kraschowitz war ein Lavanttaler Wirtschaftsmotor.
Mehlspeisen und Weltreisen
Die Brüder waren nicht nur Bäcker, sie waren auch Botschafter österreichischer Backkunst. 1980 reisten sie im Auftrag des Wiener Fremdenverkehrsverbands fünf Monate in die USA. In Minneapolis-St. Paul präsentierten sie Apfelstrudel, Sachertorte und Gugelhupf als kulinarische Visitenkarte der Alpenrepublik. Franz blieb sogar eineinhalb Jahre in San Francisco und Los Angeles und brachte den Amerikanern österreichische Mehlspeisen und Backkunst näher.
Der große Bruch
Doch ab 2010 veränderte sich die Branche radikal. Backshops in den Supermärkten und Tankstellen schossen aus dem Boden, nun wurde in den Geschäften selbst gebacken. Die Frequenz in den Cafés der Familie Kraschowitz sank, die Kosten stiegen. 2012 folgte der Schritt, den niemand in der Familie je hatte gehen wollen: die Insolvenz. Filialen wurden geschlossen oder abgegeben. Die Corona-Pandemie gab dem Unternehmen den Rest. Im September 2022 musste der »Brauhof« schließen. Übrig blieb die Bäckerei in der Herrengasse. Von einst 108 Mitarbeitern blieben sechs.
Ein neuer Anfang
Seit 2022 konzentriert sich die Familie auf das, was sie immer ausgezeichnet hat: Brot und Semmeln backen, ausliefern, verlässlich sein. Der Backshop in der Herrengasse öffnet werktags von 6 bis 13 Uhr, samstags bis 12 Uhr. Frühstück gibt es bis 10 Uhr. Gebacken wird, was das Lavanttal liebt: Semmeln, Salzstangerl, Plunder, Wachauer, Kornspitz, Reindlinge, Krapfen. Und natürlich die klassische Kärntner Semmel. »Die gibt es heute kaum noch irgendwo zu finden. Fast überall wird nur noch die wienerisch, gedrehte Semmel angeboten«, sagt Franz senior.
Am 1. August 2025 hat Franz junior den Betrieb übernommen. Der junge Bäckermeister wollte eigentlich Jurist werden, studierte in Graz – und merkte doch, dass ihm der Duft von frischem Teig näher ist als Paragrafen. »Mir wurde der Beruf des Bäckers eigentlich in die Wiege gelegt«, sagt er.
Zukunft eines Handwerks
Die Herausforderungen sind groß: hohe Energiepreise, Personalmangel, Konkurrenz durch industrielle Backstraßen. »Es ist nicht leicht, Personal zu finden. Die Arbeitszeiten unterscheiden sich von Bürozeiten doch erheblich. Wenn die anderen feiern gehen, gehen wir schlafen«, sagt Franz junior. Und doch spürt man in der Backstube eine Ruhe, die nur Familienbetriebe kennen, die schon viele Stürme überstanden haben.

Von Michael Swersina
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