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Wie lief die Ausarbeitung des Energiemasterplans damals ab?
Franz Dorner: Die Landesregierung und der damalige Umweltlandesrat Rolf Holub hatten beschlossen, die Energiewende einzuläuten. Leute, die sich im Bereich erneuerbare Energie engagierten, arbeiteten mit. Ich hatte mit der Politik schlechte Erfahrungen, also sagte ich, ich nehme nur dann teil, wenn auch etwas passiert, denn andernfalls hätten wir uns auch auf einen Kaffeeklatsch treffen können. Holub versprach, dass das, was wir fixieren, auch verwirklicht wird. Danach wurde der Plan einstimmig im Landtag beschlossen, auch von den freiheitlichen Herren und anderen, die heute gegen die Windkraft wettern. Das allein sagt aus, was ein politischer Beschluss wert ist – nämlich gar nichts.
Warum wurden Sie zur Teilnahme an der Formulierung des Masterplans eingeladen?
Ulrich Habsburg-Lothringen: Weil ich mich in Frantschach-St. Gertraud mit der Fernwärme auseinandersetzte, dann machte ich Pläne zur Versorgung der Firma Funder mit Biomasse und anderes. Holub war ein Grüner, ich war auch ein Grüner, so kam er zu mir.
»Das allein sagt aus, was ein politischer Beschluss wert ist – nämlich gar nichts«
Franz Dorner, Energielandwirt
Was steht im Masterplan?
Dorner: Der Masterplan ist bis 2025 angelegt. Darin steht, die Elektromobilität ist zu stärken, der öffentliche Verkehr grün zu machen, 250 Gigawatt Windstrom zu erzeugen, was mindestens 50 Windräder bedeutet, sowie die Verdreifachung der Photovoltaik, damit wir stromunabhängig werden. Wir haben 98,5 Prozent eigene Stromversorgung, aber im Winter wird bis zu einem Drittel Kohle- und Atomstrom importiert, weil die Wasserkraft zurück geht und die Photovoltaik wenig leistet. Dagegen hat die Windkraft im Winter zwei Drittel ihrer Ganzjahresleistung, das ist klassischer Winterstrom.
Herr Habsburg, wie beurteilen Sie die derzeitige Situation im Bereich Windkraft?
Habsburg: Im Masterplan wurden auch Windräder beschlossen. 2013 gab es ein Windrad am Plöckenpass. Bis heute kam nur ein weiteres am Plöckenpass dazu, kein anderes. Acht Windräder sind jetzt im Bereich Steinberger Alpe/Soboth vorgesehen.
Dorner: Acht Windräder sind im Bau, auf der Soboth läuft eines bereits, auf der Steinberger Alpe befinden sich zwei im Probebetrieb.
Bis Ende 2025 wären rund 40 Windräder zu bauen. Das wird sich wohl nicht ausgehen ...
Habsburg: Nein, das Ziel des Plans kann nicht mehr erreicht werden. In Kärnten ist das gleiche wie in allen westlichen Bundesländern. In der Steiermark werden dagegen haufenweise Windräder gebaut.
Dorner: Mit 162 Metern Flügeldurchmesser. Die Steiermark hat die nötigen Flächen ausgewiesen, dort wurde erkannt, dass ohne Windkraft nichts geht. Widerstand gibt es dort nicht.
Außerdem war in Kärnten der Ausbau der Wasserkraft vorgesehen.
Habsburg: Das wären etwa 50 kleine Wasserkraftwerke. Ich selbst habe seit 2008 Projekte in Arbeit, aber das Problem war der spätere Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Das war nicht gewollt, etwa in Bad St. Leonhard, Dörfler sprach dann nicht mehr mit mir. Dazu sank zwischenzeitlich der Strompreis und es hätte sich nicht mehr rentiert. Jetzt müsste man ein neues Projekt einreichen.
Dorner: Es ist wie überall: Man braucht einen langen Atem. Das Ziel für 2030, 27 Terawatt erneuerbare Energie, ist nicht erreichbar. Vielleicht geht es bis 2035, aber dann müssten Großprojekte spätestens nach drei Jahren gebaut werden können. Der Bund müsste ein Gesetz erlassen, wonach diese Projekte im hohen öffentlichen Interesse stehen und damit beschleunigt werden. Wir erreichen jetzt nichts. E-Mobilität und Digitalisierung benötigt Strom in ungeahntem Ausmaß, auch das Streamen treibt den Verbrauch in die Höhe. Der Verbrauch steigt in Österreich von acht Milliarden Kilowatt auf 14 Milliarden bis 2030. Die ganze Donau-Kraftwerkskette hat 13 Terawatt, aber allein die Digitalisierung wird 14 Terawatt benötigen. Also müssen wir die Donaukraftwerke in den nächsten Jahren verdreifachen.
»Gescheitert ist der Masterplan nicht, aber an der Umsetzung hapert es«
Ulrich Habsburg-Lothringen, Mitarbeiter am Masterplan
Es heißt allerdings, man könnte auch 50 Prozent des Stromverbrauchs einsparen.
Habsburg: Wenn der Staat das vorgibt, ist es möglich. Mit Tempo 100 auf Autobahnen und 80 auf Freilandstraßen würden 25 Prozent Energie gespart. Das würde nichts kosten, der Zeitverlust wäre bei unseren Entfernungen gering.
Dorner: Sparen ist sicher das Um und Auf. Trotzdem steigt der Verbrauch jedes Jahr, und die Hoffnung liegt auf dem Ausbau der Atomkraft. Die Atomlobby steht in den Startlöchern. Sicher ist: In Kärnten brauchen wir mindestens 600 Hektar freie Fläche für Photovoltaik, dann müssen wir die ganzen Dachflächen nutzen. Doch ich kenne Beispiele, wo es keine Genehmigung dafür gibt, weil es Probleme mit dem Stadtbild gibt. Das muss geändert werden. Auch die Sichtbarkeitsverordnung für Windkraft in Kärnten gehört erledigt, genauso wie das Gesetz, dass das Landschaftsbild nicht verändert werden darf. Das ist rückschrittlich. Wenn wir weiter machen wie bisher und die Bilder von Treffen und Arriach ansieht – hier wird das Landschaftsbild von der Natur selbst verändert. Wir müssen jetzt schalten, wir müssen Energie sparen, die erneuerbare Energie ausbauen und den Einsatz fossiler Energie reduzieren.
Was schlagen Sie vor?
Habsburg: Der Staat hat haufenweise Lärmschutzwände neben Autobahnen und Bahnstrecken. Man könnte statt der Wände die Photovoltaik ausbauen, man könnte sie auch relativ leicht reinigen. Man hat versucht, den Straßenbelag für Photovoltaik zu nutzen – nicht sehr erfolgreich, aber der Autobahnerhalter soll jetzt versuchen, diese riesigen Flächen zu nutzen. Auch zwischen den Gleisen könnte man Photovoltaik einbauen. Ich wollte in St. Andrä auf einem Acker ein 18-Hektar-Projekt umsetzen, das etwa 23 Gigawatt Strom erzeugt hätte – doch es gibt dafür keine Widmung, weil es auf freier Fläche wäre.
Dorner: Oder das Eine-Million-Dächer-Programm der Regierung (Anm.: Auf so vielen Dächern sollen Photovoltaik-Anlagen montiert werden): Ich habe gehört, dass in Kärnten die halben Dächer dafür nicht geeignet sein sollen und verstärkt werden müssten. Und auch wenn es möglich wäre: Damit könnte man acht Terawatt Strom erzeugen. Wenn wir aber ab 2040 keine fossile Energie mehr verbrauchen dürfen, würde das Eine-Million-Dächer-Programm vier Prozent des jetzigen fossilen Verbrauchs ersetzen. Wir bräuchten mindestens 1.000 Quadratkilometer Freiflächen-Photovoltaik, müssten alle Dachflächen nutzen und bräuchten 2.000 Windräder, in Kärnten etwa 250. Denn Kärnten verbraucht alle 45 Tage einen Supertanker Erdöl.
Trotzdem: Es gibt großen Widerstand gegen Windräder auf den Bergen.
Dorner: Unsere Kulturlandschaft ist durch die Nutzung der Landwirte entstanden. Die Almen werden für die Energiewende ihren Beitrag leisten müssen, ohne dem geht es nicht. Die NGOs (Anm.: Nichtregierungsorganisationen) und die Politiker können zwar jetzt noch die Realität ignorieren, aber die Folgen, die daraus schlagend werden, nicht mehr. Angesichts der Gaskrise ist ihr Handeln verantwortungslos, die Bevölkerung wird das alles bezahlen.
Welche Ideen haben Sie?
Habsburg: Wien Energie nutzt die Wärme des Kanalsystems und heizt damit 13.000 Wohnungen. In Wolfsberg könnten es etwa 3.000 Wohnungen sein. Auf Höhe des Euco-Centers wäre der günstigste Punkt dafür, dort könnte man Fernwärme aus dem Abwasser gewinnen. Seit einem Jahr schreibe ich der Gemeinde, aber ich erhalte keine Antwort. In den USA werden Skigebiete von Windrädern mit Strom versorgt, das wird auch beworben – umweltfreundliche Skilifte. Das könnten auch wir auf der Koralpe und der Weinebene machen. Wir könnten eine umweltfreundliche Region schaffen, die Herren der Bezirke Wolfsberg und Deutschlandsberg sollten sich zusammensetzen und beraten, wie machen wir das?
Dorner: Für das Klippitztörl, wo eh schon so viel gebaut wurde, schlage ich drei Windkraftanlagen vor, sonst wird das Überleben angesichts steigender Energiepreise ohnehin schwierig. Und die dafür nötigen Umweltverträglichkeitsprüfung sind sehr streng, die Behörde ist immer auf der Seite der Bürger.
Es wurde also recht wenig aus dem Energiemasterplan umgesetzt. Ist er gescheitert?
Habsburg: Gescheitert würde ich nicht sagen, aber an der Umsetzung hapert es. Wir haben jetzt eine andere Landesregierung, Holub hat nichts mehr zu reden. Landeshauptmann Peter Kaiser kann den Landesräten nichts befehlen. Und wenn er Umweltreferentin Sara Schaar nicht befehlen kann, sie muss den Umweltschutz, Windräder und Photovoltaik anders betrachten, wird nichts gehen. Wir brauchen neue Politiker.
Dorner: Der Masterplan ist Papier geblieben. Damals erzeugte ich mit meiner Photovoltaikanlage so viel Strom, wie ich verbrauchte. Heute produziere ich meinen sechsfachen Bedarf. Und jene, die investieren wollen, die dürfen nicht. Das muss die Politik verstehen. Und wenn dann von privaten Organisationen dagegen gearbeitet wird, was will man dann? E-Mobilität bewerben und sie mit Atomstrom betreiben – das ist zum Vergessen.
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