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Sanierungsverfahren über die Hermes Schleifmittel eröffnet – Schuldenstand beträgt 8,5 Millionen EuroAusgabe 33 | Mittwoch, 13. August 2025

Nach der eröffneten Insolvenz der Konzernmutter, wurde auch über den Hermes-Standort in Bad St. Leonhard ein Sanierungsverfahren eröffnet. Die rund 200 Hermes-Mitarbeiter erhalten insgesamt eine Soforthilfe in der Höhe von 460.000 Euro von der Arbeiterkammer.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Philipp Tripolt Von Philipp Tripolt tripoltno@spamunterkaerntner.at
Am vergangenen Donnerstag, 7. August, wurde am Landesgericht Klagenfurt ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverantwortung über das Vermögen der Hermes Schleifmittel mit Sitz in Bad St. Leonhard eröffnet. 188 Dienstnehmer sind von der Insolvenz betroffen. Geplant ist der Fortbetrieb des Unternehmens. Foto: Tripolt

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Bad St. Leonhard. Am vergangenen Donnerstag, 7. August, wurde am Landesgericht Klagenfurt ein Sanierungsverfahren oder Eigenverantwortung über die Hermes Schleifmittel Ges. m. b. H. mit Sitz in Bad St. Leonhard eröffnet. Laut KSV1870 und Alpenländischem Kreditorenverband (AKV) betragen die Verbindlichkeiten rund 40 Millionen Euro. Davon entfallen Verbindlichkeiten von 26,09 Millionen Euro auf die Hausbank, 2,678 Millionen Euro auf Dienstnehmerforderungen und 3,4 Millionen Euro auf Lieferantenverbindlichkeiten. Die Aktiva betragen rund 31,5 Millionen Euro, womit sich eine Überschuldung von rund 8,5 Millionen Euro ergibt. 

Der Sanierungsplan sieht eine Quote von 20 Prozent für die Insolvenzgläubiger, zahlbar binnen zwei Jahren ab Annahme, vor. Rund 240 Gläubiger und 188 Dienstnehmer sind von der Insolvenz betroffen. Zusätzlich waren bis zum 31. Juli noch 20 Leiharbeiter beschäftigt, die von der Leasingfirma mittlerweile abgezogen wurden. Die Hermes Schleifmittel hofft aber auf die Wiederaufnahme der Leiharbeitsverträge, die »aufgrund der gegebenen Auslastung erforderlich sind«. 

Mutterinsolvenz als Auslöser

Auslöser für die Insolvenz sind laut Hermes die Zahlungsausfälle der deutschen Muttergesellschaft, über deren Vermögen, wie berichtet, am 2. Juli ein Insolvenzverfahren beim Amtsgericht in Hamburg eröffnet wurde. 

»Darüber hinaus haben sich hohe monatliche Kostenbelastungen ergeben. Rund 70 Prozent des Verkaufs wurden über die deutsche Mutter und die angeschlossenen Tochtergesellschaften abgewickelt. Aufgrund der Insolvenz in Hamburg, haben sich in Bad St. Leonhard »gravierende Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit und auf die Liquidität der Gesellschaft« ergeben. 

»Es kam zu Forderungsausfällen in der Höhe von rund 13,5 Millionen Euro. Diese Einbußen können durch den üblichen Geschäftsbetrieb nicht ausgeglichen werden« heißt es weiter in der Meldung des AKV. »Mittelfristiges Ziel sei aber die Forcierung der Direktlieferungen und damit einhergehend die Direktverrechnung und Zahlungsabwicklung mit den diversen Kunden«, heißt es in der Aussendung des KSV1870. 

Die Hermes in Bad St. Leonhard plant jedenfalls den Fortbetrieb des Unternehmens auch in der Insolvenz, der »auch wirtschaftlich möglich ist, weil gut kalkulierte Aufträge in den kommenden Wochen und Monaten zu erfüllen sind und auch kurzfristig abgerechnet werden können« heißt es weiter. Es wurden bereits Maßnahmen in Absprache mit dem deutschen vorläufigen Insolvenzverwalter getroffen, um die liquide Situation zu verbessern – wie Umstellung auf kurze Zahlungsziele und Vorauskasse.

Lieferungen sollen des Weiteren direkt von Bad St. Leonhard aus an die internationalen Tochtergesellschaften erfolgen und nicht über die insolvente Muttergesellschaft, somit ist eine Liquidität während aufrechtem Insolvenzverfahren gesichert.

Die 1972 gegründete Gesellschaft  befasst sich unter anderem mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schleifwerkzeugen. Produziert werden Schleifmittel für die Metallbearbeitung, Präzisionsschleifen, Karosserie und Lackbearbeitung sowie Holzbearbeitung. Mit der ausschließlich in Österreich produzierten »Grundware« werden sämtliche Tochtergesellschaften der deutschen Konzernmutter beliefert. 

»Der Insolvenzverwalter wird zu prüfen haben, ob eine Fortführung im Interesse der Gläubiger liegt, sowie ob der vorgelegte Sanierungsplan eingehalten werden kann«, so Brigitte Peißl-Schickmair, Leiterin des KSV1870-Standorts Klagenfurt. 

Gespräche mit Investoren

Derzeit befindet sich die Schuldnerin in Abstimmung mit der insolventen deutschen Muttergesellschaft in Gesprächen mit potenziellen Investoren. Es soll gleichzeitig zu einer umfassenden Restrukturierung in der Konzernstruktur kommen und der Produktionsstandort in Bad St. Leonhard soll aufrecht erhalten bleiben. Die Kärntner Produktionsstätte kann grundsätzlich kostendeckend und eigenständig geführt werden.

460.000 Euro Soforthilfe

An die Mitarbeiter, die auf die Löhne und Gehälter der Monate Juni und Juli warten, werden nun von der Arbeiterkammer 460.000 Euro an Soforthilfe ausbezahlt. AK-Präsident Günther Goach sagt: »Wir haben von Hermes-Beschäftigten Anträge auf die AK-Insolvenz-Soforthilfe mit einem Gesamtvolumen von knapp 460.000 Euro erhalten. Heute (Anm.: 8. August) haben wir mit der Überweisung gestartet, damit die Menschen ihren privaten Zahlungsverpflichtungen nachkommen können. Wir helfen rasch und unbürokratisch mit einem gebührenfreien sowie kosten- und zinslosen Darlehen als Überbrückungshilfe.«

Die AK gewährt in Zusammenarbeit mit dem Land Kärnten Arbeitnehmern, die von einer Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen sind, ein Darlehen in der Höhe von bis zu 3.000 Euro. Das Geld wird mit den Forderungen gegenüber dem Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) gegengerechnet.

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