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Wolfsberg: Zusatztafeln werden Straßennamen erläutern – auch jene, die historisch belastet sind Ausgabe 32 | Mittwoch, 10. August 2022

Der Gemeinderat hat dem Antrag der ÖVP, nach Personen benannte Straßen mit Erklärtafeln zu ergänzen, zugestimmt. Damit soll an die vergessenen Leistungen der Betroffenen erinnert und Umbenennungen vermieden werden. Allerdings: Nicht alle waren dafür.

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Wolfsberg. Mit erklärenden Zusatztafeln werden die Schilder jener Wolfsberger Straßen ausgerüstet, die nach Personen benannt sind. Das beschloss der Gemeinderat in seiner Sitzung am 14. Juli. Lediglich die Grünen sprachen sich dagegen aus. Damit ist nun wohl die Diskussion um die Umbenennungen von Straßen, die die Namen historisch belasteter Charaktere tragen, beendet. 

Der Antrag für die Anbringung von Zusatztafeln stammte von der Wolfsberger ÖVP, Gemeinderätin Waltraud Beranek setzte sich besonders dafür ein. Sie sagt jetzt: »Wir haben weit über 100 Straßen, die nach Personen benannt sind, deren Bedeutung und Wirken teilweise bereits in Vergessenheit geraten sind. Wir wollen nicht alle auf einmal mit Zusatztafeln ausstatten, die nun bewilligten 8.000 Euro reichen für 30 Tafeln.« Begonnen werden soll in der inneren Stadt, in der 24 Straßen zur »Zielgruppe« gehören. 

»Zusatztafeln lösen das Problem der historisch belasteten Straßennamen nicht«
Reinhard Stückler im Gemeinderat

»Jetzt holen wir Kostenvoranschläge ein«, so Beranek, »außerdem muss ein Historiker für die Texte beigezogen werden. Vielleicht können wir noch heuer mit der Anbringung beginnen, sonst starten wir im kommenden Jahr.«

Wer die Aufschrift der Zusatztafeln verfassen wird, steht noch nicht fest. Beranek: »Der Gemeinderat wird es nicht tun. Welcher Historiker damit beauftragt wird, entscheide nicht ich. Wir haben aber mit dem Buch ›Wolfsberg‹ von Robert Gratzer, der darin die Verdienste der einzelnen Personen beschrieb, einen Leitfaden.«

Ein schwieriger Fall

Bei manchen wird es also einfach – bei anderen aber nicht. Etwa beim Mediziner Arthur Rainer, der während der Zeit des nationalsozialistischen Regimes im Krankenhaus Wolfsberg tätig war. Das zeigte sich bereits in der Gemeinderatssitzung. Reinhard Stückler (Grüne) sagte, Zusatztafeln »lösen das Problem nicht«, worauf er Rainer ansprach: Der habe Zwangssterilisierungen durchgeführt (Anm.: was auch in Publikationen, etwa des Kulturwissenschaftlers Helge Stromberger, nachgelesen werden kann).

Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) wies den Vorwurf Stücklers zurück: Rainer sei nicht belastet, sei der Stadt mitgeteilt worden. »Das ist ein hochsensibles Thema«, sagte der Bürgermeister, »Zusatztafeln sind ein Schritt in die richtige Richtung. Man muss die Dinge sensibel betrachten und aufarbeiten.«

»Auch diese Leute erhielten ihre Straßen aus einem guten Grund.«
Waltraud Beranek, Gemeinderätin (ÖVP)

Auch SPÖ-Vizebürgermeisterin Michaela Lientscher, die selbst als Ärztin im LKH Wolfsberg tätig ist, verwehrte sich gegen Stücklers Aussage zu Arthur Rainer und meinte: »Er operierte tausende Menschen und rettete viele Leben. Zwangssterilisation war damals ein behördlicher Auftrag – das wurde in ganz Europa gemacht. Ich bitte hier um Sensibilität gegenüber der Familie und den Bewohnern der Straße.« Man sieht: Ein schwieriges Thema.

»Diskussionsbedarf«

Laut Beranek bestehe bei manchen Namen »Diskussionsbedarf«, wohl auch, was den Text der Zusatztafel betreffe. Die Gemeinderätin: »Aber auch diese Leute erhielten ihre Straßen aus einem guten Grund. Dazu ist die jetzige Maßnahme wesentlich kostengünstiger als eine Umbenennung« – auch für die Anrainer, die sämtliche Dokumente ändern lassen müssten. Auch Primus vertrat im Gemeinderat diese Position.

Beranek: »Und es gibt Beispiele, wo es auch in anderen Städten so gemacht wurde – etwa in Wien oder Villach. Auch dort wurde das Problem mit erklärenden Tafeln gelöst.«

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