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Neue Müllverordnung trifft auf Widerstand: »Wie sollen ältere Menschen die Tonnen hinausbringen?« Ausgabe 31 | Mittwoch, 31. Juli 2024

Ab 1. August müssen Mülltonnen in Wolfsberg am Entleerungstag an die Grundgrenze gestellt werden. Der frühere Nationalrat Wolfgang Knes übt Kritik: nicht seniorengerecht, zu wenig Information. Die Stadtwerke nehmen Stellung und erklären die Gründe.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Wolfgang Knes sagt, gerade für ältere, in der Bewegung eingeschränkte Menschen sei es nicht möglich, die Mülltonne an die Grundgrenze zu bringen, wie es bald Vorschrift ist. Er stört sich auch am Anblick und der schlechten Kommunikation: »Ich wurde darüber nur durch einen Aufkleber auf der Bio-Tonne (Bild rechts) informiert.« UN, privat

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Wolfsberg. »Nicht seniorengerecht, nicht durchdacht, keine Informationen an die Bevölkerung.« So fasst der frühere SPÖ-Parlamentarier und ehemalige Gemeinderat Wolfgang Knes (60) die neue Abfuhrordnung der Bezirkshauptstadt zusammen, die am Donnerstag, 1. August, in Kraft tritt. Knes‘ Kritik richtet sich gegen die Wolfsberger Stadtwerke, die für die Müllabfuhr zuständig sind und die Änderung veranlasst hätten.

Die neue Ordnung besagt, dass Mülltonnen, die früher an ihren jeweiligen Plätzen abgeholt, geleert und wieder zurückgestellt wurden, nun auf der Straße stehen müssen. Die Stadtwerke beschreiben es auf ihrer Homepage so: »Wir ersuchen Sie daher, Ihre Restmüll- und Biomüllbehälter am jeweiligen Abholtag bis spätestens 6 Uhr früh an der Grundstücksgrenze zum öffentlichen Gut bereitzustellen.« Die neue Regelung wurde vom Wolfsberger Gemeinderat am 20. Juni beschlossen und dient laut Stadtwerke dazu, »Haftungsrisiken unserer Kunden und unseres Unternehmens zu minimieren und eine einheitliche Abholung im Gebiet der Stadtgemeinde Wolfsberg zu gewährleisten«. 

»Niemand hat darüber nachgedacht, was mit der älteren Generation ist«
Wolfgang Knes, früherer Nationalrat

Im Umkehrschluss bedeutet es aber auch, wenn jemand seine Tonne nicht an die Grundgrenze stellt, wird sie nicht mehr entleert. Knes, der in Kleinedling lebt: »Ob das das Service ist, für das die Bürger bezahlen, ist die Frage. Ich wurde darüber nur dadurch informiert, dass man mir einen Aufkleber mit der neuen Abholungsweise auf die Bio-Tonne gepickt hat. Es gab keine weitere Kommunikation. Warum hat man an die Kunden kein Schreiben gerichtet?«

Weiter fragt er, ob sich die Verantwortlichen überlegt hätten, wie ältere Menschen die neue Verordnung umsetzen sollen: »Manche sind in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt und mit einem Rollator unterwegs. Wie sollen sie die Tonnen an die Grundgrenze bringen?« Schaffen  sie es nicht, gibt es keine Entsorgung. »So kann das aber nicht sein«, sagt Knes. 

Er führt weitere Gründe an, die eine Abfallentsorgung künftig verhindern: »Was ist bei einer längeren Abwesenheit, wenn jemand auf Urlaub oder krank ist? Bleibt der Mist dann einfach stehen? Bezahlen darf man für die Entsorgung, die dann nicht passiert, aber schon.«

Die Stadtwerke haben sich laut Knes zwar aus der Haftung verabschiedet, wer aber ist nun verantwortlich: »Was ist, wenn die Tonne an der Grundstücksgrenze einen Autounfall auslöst? Hier wird die Verantwortung einfach an die Hausbesitzer abgewälzt. Man lässt die Menschen im Regen stehen.«

Knes spricht von »Drüberfahr-Politik« und »fehlendem Mut, die Menschen wenigstens aufzuklären. Es wurde nicht an jene gedacht, die der neuen Verordnung aus körperlichen Gründen nicht nachkommen können. Niemand hat darüber nachgedacht, was mit der älteren Generation ist.« Auch dem Ortsbild könne es nicht zuträglich sein, wenn gelbe Säcke, Bio- und Restmülltonnen an den Straßenrändern herumstehen.

»Die Haftungsgründe sind nur zum Teil von Versicherungen gedeckt bzw. versicherbar«
Mario Ellersdorfer, Stadtwerke-Bereichsleiter

Er jedenfalls werde seine Tonnen nicht hinausstellen. »Ich warte ab, was passiert. Wenn der Müll nicht abgeholt wird, mache ich eben Radau«, so Knes.

Die Stadtwerke nehmen Stellung

Die Unterkärntner Nachrichten wandten sich auch an die Stadtwerke. Auf die Frage, warum die Bevölkerung über die Neuordnung nur anhand von auf die Tonnen geklebten Abziehern informiert wurde, antwortete Mario Ellersdorfer, Bereichsleiter Umwelt: »Die Änderung der Abfuhrpraxis von Rest- und Biomüll bei Privatgrundstücken wurde über die Website der Wolfsberger Stadtwerke GmbH, über Facebook und Instagram und über ein Medium kommuniziert. Für Mehrparteienhäuser mit integrierten Sammelstellen bzw. Müllräumen und Großraumbehältern ab einem Fassungsvermögen von 770 Litern ergibt sich keine Veränderung. Zudem werden alle betroffenen Haushalte mittels Postzusendung und Aufklebern an den jeweiligen Abfallbehältern informiert.« An die Nutzer der »MüllApp« werden laut Ellersdorfer ab 1. August Push-Nachrichten ergehen, in denen zusätzlich über die Umstellung informiert werde. Laut dem Bereichsleiter werde die »Bereitstellung der Abfallbehälter an der Grundstücksgrenze zum öffentlichen Gut bereits jetzt – also vor Inkrafttreten der Verordnung – bei sehr vielen Haushalten umgesetzt«.

Und was geschieht mit dem Müll, wenn jemand auf Urlaub oder krank ist? Ellersdorfer: »Sollte der jeweilige Behälter nicht bereitgestellt sein, wird der Behälter bei der nächsten regulären Abholung, sofern er dann bereitgestellt ist, entleert.« Heißt: keine Bereitstellung, keine Entleerung.

Wie werden ältere Menschen unterstützt, die körperlich nicht in der Lage sind, die Tonnen auf öffentliches Gut zu bewegen? »Dementsprechende Anfragen bezüglich der Umstellung sind bereits erfolgt«, so Ellersdorfer. Und weiter: »Unsere Empfehlung ist, den hauseigenen Müllplatz in der Nähe der Grundstücksgrenze zum öffentlichen Gut einzurichten.« Auf konkrete Unterstützungsmaßnahmen geht er nicht ein.

Die von Knes angesprochene Unfallgefahr durch die Tonnen lässt der Bereichsleiter nicht gelten: »Die neue Abfuhrverordnung besagt, dass die jeweiligen Behälter am jeweiligen Abholtag bis spätestens 6 Uhr früh an der Grundstücksgrenze zum öffentlichen Gut bereitzustellen sind – und nicht am öffentlichen Gut.« 

Die Stadtwerke reduzieren laut ihm mit der neuen Verordnung die Haftungsrisiken für sich selbst bei Beschädigungen auf Privatgrundstücken, etwa Flurschäden, beschädigten Fassaden etc. Aber auch für die Grundbesitzer, beispielsweise bei Arbeitsunfällen, die durch Dachlawinen, vereiste Wege, Haustiere usw. ausgelöst werden. 

Wenn die neue Abholordnung vor allem aus Haftungsgründe geändert wurde: Ließe sich das Problem nicht mit dem Abschluss einer Versicherung lösen? Ellersdorfer: »Die einzelnen Haftungsgründe sind nur zum Teil von Versicherungen gedeckt bzw. versicherbar. Restrisiken verbleiben dennoch zu einem großen Teil bei der Wolfsberger Stadtwerke GmbH.« Und: Zusätzliche Versicherungen würden für die Bürger eine zusätzliche Umlage auf die zu verrechnenden Gebühren bedeuten ...

Schließlich transportieren die Stadtwerke noch ein Anliegen: »Bei Zufahrtsstraßen für mehrere Haushalte, die Privatstraßen oder -wege sind, ersuchen wir um Kontaktaufnahme via umwelt@wolfsberg.at oder unter 04352/51300 349 zwischen 8 und 13 Uhr von Montag bis Donnerstag.«

Man wird sehen, wie die neue Regelung von den Bürgern angenommen wird. Es wird ihnen wohl nichts übrig bleiben ...

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