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»Millionen-Loch in der Stadtkassa«: Das Protokoll des Gemeinderats ist da – was wirklich gesagt wurdeAusgabe 33 | Dienstag, 13. August 2019

Zwischen der Stadt Wolfsberg und den Unterkärntner Nachrichten gab es unterschiedliche Auffassungen, was im Gemeinderat am 6. Juni gesagt worden war. Die jetzt vorliegende Niederschrift widerspricht späteren Aussendungen der Stadt. Machen Sie sich selbst ein Bild.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Die Niederschrift der Wolfsberger Gemeinderatssitzung vom 6. Juni 2019. Bürgermeister Schlagholz spricht darin von einem »Systemfehler« und und der »Herausnahme« von Rücklagen in Höhe von einer Million Euro. Der zu »korrigierende Betrag« machte übrigens 1,458.800 Euro aus.

Artikel

Wolfsberg. Es hat ein bisserl gedauert, bis das Tonband abgetippt war. Aber jetzt liegt sie vor: die Niederschrift der Wolfsberger Gemeinderatssitzung vom 6. Juni 2019. Die Frage, was darin exakt gesagt wurde, schied die Geister.

Hier die Unterkärntner Nachrichten, die von einem »Systemfehler«, einem »Softwarefehler« sowie einem »Loch von 1,4 Millionen Euro« in der Gemeindekassa berichteten (siehe Ausgabe 24 vom 12. Juni 2019, Seiten 1 und 4). Die  Stadt Wolfsberg teilte daraufhin postwendend in einem Leserbrief mit (Ausgabe 25 vom 19. Juni 2019, Seite 9): »Der im Gemeinderat erwähnte ›Buchungsfehler‹ ist auf die manuelle Eingabe von Daten aus dem Altsystem zurückzuführen und war weder ein System- noch ein Programmfehler der eingesetzten neuen Software. Das Problem wurde rechtzeitig von der Finanzabteilung erkannt und unmittelbar behoben. Es gab keinerlei finanziellen Schaden!« Ein weiteres diesbezügliches Statement der Pressestelle der Stadt findet sich bei einem Facebook-Posting vom 31. Juli 2019, in dem gefragt wurde, wo das Geld geblieben sei. Antwort der Pressestelle: »Dass in der Gemeindekasse 1,4 Mio. Euro fehlen, war ein irrtümlicher Bericht der Unterkärntner Nachrichten, der in der Zeitung längst richtig gestellt wurde.« Irrtümlich? 

»Es fehlten satte 1,4 Millionen«

Ihren Anfang nahm die Sache so: Wir hatten in einem Artikel berichtet, dass Bürgermeister Hans-Peter Schlagholz (SPÖ) in der Sitzung während der Behandlung des ersten Nachtragsvoranschlags 2019 darauf aufmerksam gemacht hatte, »dass in der neuen, sündteuren Buchhaltungssoftware ein Systemfehler passiert sei. Ergebnis: Der Stadt fehlten plötzlich satte 1,4 Millionen Euro.«

Laut Sitzungsprotokoll sagte der Bürgermeister: »Am 9.5.2019 sind wir auf einen großen Buchungsfehler, verursacht durch ein neues Erfassungsprogramm, sprich einen Systemfehler, draufgekommen.« Etwas später führte er aus: »Dieser Systemfehler hat sich in der Form ausgewirkt, dass einige Dinge, die erfasst worden sind, falsch zugeordnet worden sind, dass Rücklagenstände, die angegeben worden sind, deutlich höher erfasst worden sind, als wie sie einprogrammiert worden sind. Und das hat dazu geführt, dass auf einmal ein Betrag von € 1.458.800 zu korrigieren ist.« 

Dann führte der Bürgermeister – leicht verklausuliert – aus, was getan wurde: »Dieser Betrag wurde in der Form im Nachtragsvoranschlag und auch im Abänderungsantrag so korrigiert, dass von unserem Rücklagenstand von etwas mehr als einer Million Euro (...), das wurde herausgenommen, und der Restbetrag in der Höhe von € 458.000 wird auf einen 2. Nachtragsvoranschlag, der kommen wird, es handelt sich hierbei um die Nachschaffung des Autos der FF-Forst in der Höhe von € 158.800 und um den sogenannten Abgangsdeckungsbeitrag zu den Wolfsberger Stadtwerken in der Höhe von € 300.000 und plus die eine Million sind das die besagten € 1.458.800.«

Dazu stellte Stadtrat Johannes Loibnegger (FPÖ) laut Protokoll folgende Frage: »Was allerdings wirklich bitter ist, dass jetzt über eine Million von den Rücklagen entnommen wurde, und jetzt kommen wir gleich zur Frage. Wie viele Rücklagen gibt es überhaupt noch?« Schlagholz: »Wir haben jetzt noch € 78.000 auf dem ordentlichen Haushalt Rücklagen.« Und: »Es ist das Ziel, das wir diese Rücklage wieder aufbauen.«

»Wir sind auf einen großen Buchungsfehler, (...) sprich einen Systemfehler, draufgekommen«
Hans-Peter Schlagholz, im Gemeinderat am 6. Juni 2019

Grüne-Gemeinderätin Susanne Dohr sagte wörtlich: »Da dieser Fehler ja auch in anderen Gemeinden aufgetreten ist, so wurde es gestern in der Stadtratssitzung berichtet, und unserer Gemeinde ein wesentlichen Mehraufwand entstanden, wesentliche Mehrarbeit jetzt auch bereitet hat, ist mein Appell an den Bürgermeister, diese Softwarefirma XXX vielleicht zur Rechenschaft und wenn möglich auch zur Kassa zu bitten. Nun ist es eben so, dass diese € 1.400.000 uns an Geldmitteln ja fehlen, obwohl wir sie ja schon verplant haben.« Schlagholz meinte dazu lediglich: »Danke recht herzlich.«

In ihrem Leserbrief stellte die Stadt die Vorgänge später so dar: »Über zwei voneinander unabhängige Themen – die Umstellung der Gemeinde auf das neue, gesetzlich geforderte Rechnungssystem einerseits und das Nachtragsbudget andererseits – wurde in der Sitzung im selben Tagesordnungspunkt gesprochen. Buchhalterische Umstellungsschwierigkeiten wurden dabei als ›Systemfehler‹ bezeichnet und in weiterer Folge konnte der Eindruck entstehen, dass dadurch die Auflösung einer Rücklage nötig geworden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.« Im Protokoll klingt es anders ...

Nach bestem Wissen

Fakt ist: Die Unterkärntner Nachrichten versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen wiederzugeben, was im Gemeinderat gesprochen wird – unabhängig davon, ob das Gesagte der Wahrheit entspricht.

Die gesamte Niederschrift zum »1. Nachtragsvoranschlag 2019« vom 6. Juni 2019 und unseren damaligen Artikel, den Sie hier finden. Machen Sie sich selbst ein Bild.

> > Zur Niederschrift

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