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Barbara Oberwalder: »Frauen erfahren in vielen Lebensbereichen noch immer Benachteiligungen«Ausgabe 49 | Mittwoch, 8. Dezember 2021

Barbara Oberwalder (65) erzählt den Unterkärntner Nachrichten was der Soroptimist International Club Lavant/Wolfsberg ist, wie sie zur Präsidentin des Clubs wurde, über Aktivitäten, wichtige Anliegen und warum Frauen in Österreich noch immer benachteiligt sind.

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Wie sind Sie zum Club Lavant/Wolfsberg Soroptimist International gekommen? 
Ich wurde vom Club als Referentin eingeladen. Mein Vortrag hatte das Leben und Schaffen der Lavanttaler Schriftstellerin Gerhart Ellert zum Inhalt. In den anschließenden Gesprächen konnte ich die Clubmitglieder kennenlernen.

Können Sie für unsere Leser kurz erklären, was Soroptimist eigentlich bedeutet?  
Der Name bzw. das Wort »Soroptimist« stammt aus dem Lateinischen »sorores ad optimum« und bedeutet »Schwestern, die das Beste anstreben«. Und genau dieser Name ist seit der Gründung im Jahre 1921 auch Programm. Es gibt über 3.100 gut vernetzte Clubs in insgesamt 132 Ländern, in denen sich 86.000 Soroptimistinnen engagieren und rund um den Globus für den Status der Frau in der Gesellschaft eintreten.

Seit wann engagieren Sie sich beim Club im Lavanttal?  
Ich bin seit 2011 Soroptimistin und habe diese Entscheidung bisher nicht bereut. Mit seinem weltweiten Netzwerk bietet Soroptimist International den Mitgliedern ein Forum für den Austausch von Wissen und Erfahrungen. Bei den monatlichen Treffen stehen Vorträge zu gesellschaftspolitischen Themen im Mittelpunkt.

Wer oder was sind die Soroptimistinnen? 
Soroptimistinnen sind aktiv in Fragen der rechtlichen, sozialen und beruflichen Sicherung der Frau, bringen sich in den öffentlichen Diskurs ein und nehmen an Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen der Gesellschaft teil. Als Nichtregierungsorganisation (NGO) hält Soroptimist International einen zertifizierten Beraterstatus bei der UNO in Genf, New York und Wien sowie einen Konsultativstatus bei den Vereinten Nationen (ECOSOC).

Wie viele Mitglieder gibt es im Lavanttal? 
Soroptimist International Club Lavant Wolfsberg hat aktuell 29 Mitglieder, die in einer großen Bandbreite von Berufen tätig sind. 

Welche Voraussetzungen gibt es für die Mitgliedschaft? 
Eine Aufnahme ist nur auf Einladung des Clubs möglich. Viele unterschiedliche Berufsgruppen sollten vertreten sein, ebenso die Bereitschaft, engagiert mitarbeiten zu wollen. Bei Neuaufnahmen ist der Aspekt der Freundschaft sehr wesentlich, eine positive Stimmung ist für das Clubleben essenziell.

Wie kam es dazu, dass Sie nun für die kommenden zwei Jahre dem Wolfsberger Club als Präsidentin vorstehen? 
Die Planung erfolgt immer über mehrere Jahre. So wusste ich schon vor vier Jahren, dass ich im Oktober 2021 als vierzehnte Präsidentin die Funktion antreten würde. Friederike Krusch war unsere erste Präsidentin, und bei der Charterfeier am 14. Oktober 1995 hatte der Club 20 Mitglieder.

Worauf werden Sie in den Jahren Ihrer Präsidentschaft die Schwerpunkte legen? 
Ich habe sehr viele Ideen, die nun auf ihre Umsetzung warten. Das Bewusstsein für Frauenthemen zu wecken wird natürlich wie bei meinen Vorgängerinnen weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Erste Schritte in Hinblick auf Stipendien zur Unterstützung von Mädchen in ihrer Aus- und Weiterbildung wurden in die Wege geleitet. Eine Veranstaltung mit Dagmar Wabnig über ihre letzte Afrikareise ist in Vorbereitung. Das sichere Vorausplanen der Aktivitäten erscheint aktuell herausfordernd. Doch mir zur Seite steht ein tolles Team, Vorstandsmitglieder und Beraterinnen, Sorores, die mich tatkräftig unterstützen. 

Was macht der Soroptimist Club Lavant/Wolfsberg? 
Seit dem Bestehen des Clubs wurden unterschiedlichste Aktivitäten durchgeführt. Da gibt es einiges zu berichten. Bei einem Benefizkonzert mit dem japanischen Frauenchor aus Yokohama konnte durch Kontakt von Hiromi Klebel eine Brücke zu Lavanttaler Chören gebaut werden. Dagmar Wabnig hat ihre Reiseerfahrungen bei zahlreichen Vorträgen im Rathaus präsentiert. Beim Ball am Schloss, dem Gemeinschaftsprojekt der Serviceclubs, war Eveline Swersina-Steinkellner im Komitee. Viele Mädchen, Frauen und ihre Familien konnten im Laufe der Jahre durch den Club Lavant/Wolfsberg Unterstützung erfahren.

Was reizt Sie daran, Teil eines Service-Clubs zu sein? 
In Wolfsberg gibt es acht sehr aktive Service-Clubs, die in vielen Bereichen einen wesentlichen Beitrag leisten. Soroptimist International ist eine lebendige dynamische Organisation. Durch Bewusstmachen, Engagieren und Umsetzen schaffen wir Möglichkeiten, um das Leben von Frauen und Mädchen mit Hilfe unseres globalen Netzwerkes positiv zu verändern. Die ehrenamtliche Arbeit stärkt auch das Gefühl der Verbundenheit. 

Der Club Lavant/Wolfsberg nahm auch an der Aktion »Orange the World« teil. Was ist das für eine Aktion? 
Die Vereinten Nationen haben es sich zum Ziel gesetzt, Gewalt an Frauen zu thematisieren. 2015 startete aus diesem Grund »Orange The World« durch UN Women unter dem damaligen Generalsekretär Ban Ki-moon. In Österreich wird die Kampagne seit 2017 in einer Kooperation von Soroptimist International Austria, UN Women Austria, Ban Ki-moon Centre Vienna und HeForShe Graz während der »16 Tage gegen Gewalt an Frauen« umgesetzt. Zwischen dem 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, und dem 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, erstrahlen in diesem Sinne herausragende Gebäude in Österreich und weltweit in oranger Farbe. Soroptimist International Club Lavant/Wolfsberg hat sich der Aktion »Orange the World«  in Kooperation mit Stadtpfarrer Christoph Kranicki und Bürgermeister Hannes Primus mit Unterstützung von Elektromeister Walter Dohr angeschlossen. 

Gemeinsam wird auf die Initiative aufmerksam gemacht und ein sichtbares Zeichen gesetzt, die Mariensäule am Hohen Platz in Wolfsberg erstrahlt 16 Tage lang in orange. Vor und in Geschäftslokalen platzierte Plakate signalisieren: »Stoppt Gewalt an Frauen!« und tragen zur Enttabuisierung dieses Themas bei.

Wie steht es um Gewalt gegen Frauen in Österreich? Was kann bzw. muss dagegen noch getan werden? 
Wie wichtig die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung zu diesem Thema auch in Österreich im Jahr 2021 immer noch ist, zeigen die Statistiken: 20 Prozent aller österreichischen Frauen ab 15 Jahren waren bereits von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen. 35 Prozent aller Frauen in Österreich wurden bereits sexuell belästigt. Viele Frauen sehen jedoch noch immer von Anzeigen ab. Der Handlungsbedarf ist weiterhin riesig, weshalb sich »Orange the World« auf Bewusstmachen, Vorbeugen und Reagieren fokussiert.

Ein wichtiger Teil von Soroptimist International ist auch die Gleichstellung von Frauen. Wie sieht es damit in Österreich aus? Was muss in diesem Bereich noch getan werden? 
Dass mehr als 20 Jahre nach dem ersten Volksbegehren Frauen in vielen Lebensbereichen immer noch Benachteiligung erfahren, ist bedauernswert. Großer Nachholbedarf besteht im Bereich der Einkommensunterschiede. Davon sind alle Berufsgruppen betroffen. Eine faire Bewertung des Faktors Arbeit sowie eine verpflichtende Transparenz hinsichtlich der Gehälter lässt immer noch auf sich warten.

Es heißt immer wieder, dass es für Frauen sehr schwer ist, in die obersten Management-Ebenen vorzudringen bzw. in der Politik erfolgreich zu sein. Woran könnte das liegen? 
»Frauen sollen Karriere machen, als hätten sie keine Kinder, und sollen Kinder großziehen, als hätten sie keinen Beruf.« Dieses Zitat der US-Radio-Entertainerin Jayde Donovan beschreibt die Alltagsschere vieler Frauen in aller Welt. Aber mit Hilfe eines Netzwerkes lässt sich vieles ändern – individuell und auch gesellschaftlich.

// Zur Person

Barbara Oberwalder wurde am 26. November 1956 in Wolfsberg geboren. Nach der Matura 1975 studierte sie Germanistik und Geschichte an der Karl-Franzens-Universität und kehrte 1981 nach Wolfsberg zurück, um am Bundesschulzentrum zu unterrichten. An der Höheren Technischen Bundeslehranstalt übernahm Oberwalder neben der Lehrtätigkeit die Bildungsberatung und Mitarbeit in der Schulentwicklung. Seit 2005 erfolgte die Durchführung zahlreicher Projekte und die erfolgreiche Teilnahme an Wettbewerben wie »Lilith« –  Frauenförderpreis des Landes Kärnten oder »Bildung mit Zukunft« der Industriellenvereinigung Kärnten. 2009 wurde Oberwalder der Berufstitel »Oberstudienrat« verliehen. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit diesem Jahr befindet sich Oberwalder  im Ruhestand.

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