Seit 1887 | Das unabhängige Wochenblatt für Unterkärnten

Bäcker Dohr: »In den vergangenen Monaten gab es Momente, in denen man Existenzängste hatte« Ausgabe 48 | Mittwoch, 23. November 2022

Die Bäckermeister Werner (63) und Christian Dohr (32) sprechen mit den Unterkärntner Nachrichten über aktuelle Herausforderungen in der Branche, die Konkurrenz der Supermärkte und was passieren muss, damit es auch künftig Brot und Kornspitz vom Bäcker gibt.

E-Mail

0 Kommentare

Meist gelesen

Artikel

Aktuell befinden wir uns in einer schwierigen Situation: Wir hatten zwei Jahre eine Corona-Pandemie, derzeit herrscht Krieg in der Ukraine, es gibt eine Rekordinflation und Probleme an allen Ecken und Enden. Wie geht es Ihrer Bäckerei angesichts all dessen?
Christian Dohr:
Der Gaspreis ist enorm angestiegen und außerdem auch sehr wechselhaft. In den vergangenen Monaten gab es schon Momente, in denen man Existenzängste hatte. 
Werner Dohr: Wir hatten normalerweise eine Gasrechnung von rund 2.000 Euro pro Monat. In den vergangenen Monaten mussten wir zwischen 5.000 und 10.000 Euro bezahlen. Das ist natürlich nur schwer zu verkraften.
Christian: Und wir können dagegen auch nichts machen. Man könnte natürlich auf Elektroöfen umstellen, aber das ist nicht so einfach, da es lange Wartezeiten gibt, bis man einen bekommt. Außerdem sind die Strompreise ja auch nicht gerade niedrig und niemand weiß, wie sich das noch entwickeln wird. Wir haben uns schon überlegt, eine PV-Anlage zu erreichten, aber aufgrund unseres Standorts ist das keine Option, es wäre unrentabel.

Jetzt haben sich aber nicht nur die Energiekosten erhöht, auch bei Rohstoffen gibt es eine Verknappung und damit  verbundene Preissteigerungen. Wie hart trifft Sie das? 
Christian
: Es trifft uns natürlich schon auch hart. Gerade das Öl zum Backen ist extrem teuer geworden. Interessant finde ich, dass der Preis für Roggen- und Weizenmehl am wenigsten gestiegen ist, während Zucker, Öl sowie Molkereiprodukte und Nüsse am höchsten gestiegen sind.
Zur Verknappung der Rohstoffe muss ich sagen, dass wir bei den  Wichtigsten keine Probleme haben, sie zu bekommen. Manche Produkte, wie zum Beispiel Eipulver für Schaumrollen, sind derzeit aber tatsächlich schwer zu bekommen.

Haben Sie aufgrund der gestiegenen Preise bei der Beschaffung ebenfalls Preisanpassungen vorgenommen?
Christian
: Der Preis von ein paar Produkten wurde angepasst, und ein paar Anpassungen werden wir wohl noch vornehmen müssen. 
Werner: Die Anpassungen, die wir schon gemacht haben, waren minimal und bei weitem nicht in dem Ausmaß, in dem es notwendig wäre. Vor allem im Einkauf ändern sich die Preise fast täglich. Wir können aber nicht sämtliche Erhöhungen weitergeben, sonst würden wir keine Kunden mehr haben.

Zeigen die Kunden eigentlich Verständnis dafür, dass die Preise für Brot und Gebäck angepasst wurden?
Christian
: Großteils verstehen sie, dass wir die gestiegenen Kosten auch in den Preis einfließen lassen müssen. Man muss aber sagen, dass das Lavanttal im Vergleich zu anderen Regionen noch billig ist. In Klagenfurt sind die Waren oft um 20 bis 30 Cent teurer.
Werner: Es ist natürlich sehr wichtig, dass wir und auch die anderen lokalen Unternehmen von den Kunden in dieser schwierigen Zeit nicht vergessen werden, denn sonst gibt es uns womöglich bald nicht mehr. Von den Preisen her sind wir in unserem Café bei den meisten Artikeln weit unter den Preisen anderer. 

Ein weiteres Problem ist der Mangel an Arbeitskräften, vor allem Facharbeitern. Wie massiv ist dieses Problem für Sie?

Christian: Für Bäckereien war es  bereits vor der Corona-Pandemie sehr schwer, Personal zu finden. Wir hatten zwar immer wieder Lehrlinge, die nach dem Abschluss aber oft den Betrieb oder die Branche gewechselt haben. 
Da spielen sicher auch die Arbeitszeiten bei uns mit, am Verdienst kann es nicht liegen. Als Bäcker sind eigentlich 2.000 Euro netto immer drinnen. Aber der Bäckerberuf ist derzeit nicht so sehr der Trend. Es ist ein schwerer Beruf, da gibt es die Hitze in der Bäckerei, man muss oft schwer heben, und dann die Arbeitszeiten von 22 bis 4 Uhr. Wir würden auch  zwei Fachkräfte benötigen und suchen bereits seit zwei Jahren. Obwohl wir ein Gehalt von 2.600 Euro netto bieten, waren wir bis heute nicht in der Lage, einen Bäcker zu finden.

Die Supermärkte wurden in den vergangenen Jahren immer mehr zur Konkurrenz der Bäcker. Wie kämpfen Sie dagegen an?
Werner
: Es geht nur über die  Qualität der Produkte und dadurch, dass wir auch Supermärkte beliefern. Beim Preis können wir mit den Supermärkten nicht mithalten. Es ist traurig, dass die Supermärkte bei den Zukäufen von Bäckern nur nach dem Preis gehen. Selbst wenn man jahrelang einen Supermarkt beliefert hat und dann kommt ein Billigerer daher, wird der sofort als Zulieferer aufgenommen. Früher haben wir Krapfen, Sandwiches, einfach alles geliefert, heute gehen hauptsächlich Semmeln, Brot, Zöpfe und Reindlinge an die Supermärkte. Also eigentlich nur die Produkte, die man nicht so einfach aufbacken kann.
Christian: Kommendes Jahr wollen wir uns noch mehr auf unsere zwei Filialen und das Café in Frantschach konzentrieren. Dort möchten wir das Angebot ein wenig verändern und künftig auch kleine Imbisse, Burger, Gulaschsuppe usw. sowie kleine Mahlzeiten zu Mittag anbieten.

Welche Supermärkte beliefern Sie?
Christian
: Die Adeg-Geschäfte im Lavanttal und sechs Billa-Filialen  im Bezirk.

Sie hatten früher mehrere Standorte im Lavanttal, aktuell sind es noch zwei. Warum wurden die anderen Filialen geschlossen?
Werner
: Das stimmt, wir hatten früher eine Filiale in Bad St. Leonhard, Neudau und Klagenfurt. Die waren aber unrentabel, daher mussten wir sie schließen.
Christian: Man braucht qualifiziertes Personal, das mit Liebe und Leidenschaft arbeitet. Wenn man jemanden hat, der auf die Gäste schaut, dann geht etwas weiter und es passt auch der Umsatz. Solche Leute zu finden ist aber schwierig, und damit sich die Filialen rentieren, müsste man selbst in der Filiale mitarbeiten. Daher haben wir die Anzahl reduziert.

Brauchen wir überhaupt noch eine Bäckerei bzw. wird es in fünf Jahren noch Bäckereien geben?
Werner
: Supermärkte brauchen Bäckereien, damit sie zeigen können, dass sie regional und nachhaltig einkaufen. Auch wenn sie nur ein Produkt einer lokalen Bäckerei im Sortiment haben, wird damit Werbung gemacht. Bezüglich der Zukunft werden wir versuchen, unsere Qualität zu halten. Und wenn das unsere Kunden schätzen und bei uns einkaufen, wird es weiterhin Bäcker geben.

Bangen Sie um die Existenz Ihrer Bäckerei?
Werner
: Mein Großvater hat immer gesagt, wenn man Bäcker ist, wird man immer einen Beruf haben. Denn wir sind Grundversorger. 
Christian: Aufgrund der hohen Qualität unserer Produkte hoffe ich natürlich, auch weiterhin ausreichend private und gewerbliche Kunden zu haben, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. 

Was erwarten Sie von der Politik?
Christian
: In der Corona-Zeit haben wir zwei Mal eine Förderung bekommen und konnten dadurch über die Runden kommen. Jetzt wären natürlich aufgrund der Preisentwicklung im Energiebereich Unterstützungen gegen die Teuerung notwendig. 
Werner: Erwarten kann man sich  von der Politik leider nichts. Es gibt zwar immer wieder Förderungen, aber die werden nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet. 

Was passiert eigentlich mit den Produkten, die nicht verkauft werden?
Christian:
Es bleibt bei uns eigentlich nicht so viel Ware übrig, da wir aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrung einen sehr guten Überblick haben, welche Produkte und wie viel davon benötigt wird. Ansonsten werden Produkte, die nicht verkauft werden, wiederverwertet, zum Beispiel als Semmelbrösel, oder an Landwirte als Tierfutter verkauft.  

0 Kommentare Kommentieren

Keine Kommentare gefunden!

Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Kommentarbereich prüfen wir alle Beiträge, bevor sie veröffentlicht werden. Ihr Kommentar erscheint, sobald er gesichtet wurde.

Bitte melden Sie sich an, um die Beiträge zu lesen oder zu kommentieren.AnmeldenHier Registrieren