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Alt-Landeshauptmann Gerhard Dörfler: »Ich würde die Umfahrung Bad St. Leonhard wieder bauen« Ausgabe 27 | Mittwoch, 6. Juli 2022

In Kürze jährt sich die Eröffnung der Umfahrung, die wegen ihrer Kosten gewaltigen Wirbel verursachte, zum zehnten Mal. Gerhard Dörfler (67), damals Landeshauptmann und für das Projekt zuständig, blickt im Interview mit den Unterkärntner Nachrichten zurück.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Heute und damals: Gerhard Dörfler (Bild unten) beim Interview. Bild oben: Die Eröffnung der Umfahrung Bad St. Leonhard am 16. Juli 2012. Neben Dörfler – in seiner charakteristischen orangen Weste – waren auch Bürgermeister Maier, Christian Ragger und Harald Trettenbrein dabei. Hok, UN

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Vor zehn Jahren, am 16. Juli 2012, wurde die Umfahrung Bad St. Leonhard eröffnet, für die Sie als damaliger Landeshauptmann heftig kritisiert wurden. Erinnern Sie sich noch an diesen Tag?
Natürlich, die gesamte Bevölkerung Bad St. Leonhards war eingeladen. Es war doppelt spannend: Ein schwieriges Projekt war in die Zielgerade eingebogen, dazu war das Wetter extrem schlecht. Zum Glück hatten wir die Einhausung, in der wir mit der Bevölkerung ein wunderbares Eröffnungsfest feiern konnten.

Waren die Reaktionen der Bevölkerung durchwegs positiv oder gab es an diesem Tag auch Kritik?
Nein, da gab es keine Kritik, das war ein Freudentag. Es freute mich, dass so viele Menschen teilnahmen. Man fühlt sich bestätigt, wenn man für etwas gestanden ist, das bekämpft wurde.

Wie denken Sie heute über die Umfahrung? Würden Sie sie wieder in dieser Art umsetzen, wie es damals geschehen ist?
Auf jeden Fall. Ich hatte in der Regierung einen Baubeschluss mit Kosten von 67 Millionen Euro und wir haben mit 46 Millionen Euro abgerechnet. Das heißt, wir haben 33 Prozent billiger gebaut. Das muss mir einmal jemand nachmachen. Ich möchte nur das Beispiel Therme Villach nennen (Anm.: Dort wurden die Baukosten mit 33 Millionen um 74 Prozent überschritten). Wir haben es unter schwierigsten Umständen geschafft, durch eine attraktive Lösung Kosten einzusparen. Auf den Skandal, den man versucht hat daraus zu machen, bin ich stolz. Auf der Ortstafel Bad St. Leonhards würde heute nur »St. Leonhard« stehen, denn es ging nicht nur um die Umfahrung.   

Worum ging es noch?
Damals gab es einen Kurbad-Investor, der klipp und klar sagte: Gibt es keine Umfahrung, gibt es auch kein Kurbad. Dieses Bad hat heute rund 50 Dauerarbeitsplätze und brachte in den vergangenen zehn Jahren etwa 500.000 Nächtigungen. Es ist ein Erfolgsprojekt, ohne das Bad St. Leonhard kein Bad wäre. Es gibt einen weiteren Grund: Die Firma Hermes, die  mit der Umfahrung eine Zufahrt erhielt, hätte nie mehr im Ort investiert. Denn für ein Großunternehmen wie Hermes war die Situation zuvor so, dass sich weitere Investitionen nicht empfohlen hätten.

Warum waren die rund vier Kilometer Umfahrung so teuer?
Die Vorgeschichte: Der erste Antrag dazu wurde 2001 von der ÖVP im Landtag gestellt. Es war keine Erfindung von Gerhard Dörfler oder der FPÖ. Auch die SPÖ votierte dafür. Gemeinsam wurde alles beschlossen, ehe daraus ein politisches Projekt wurde und es nicht mehr um die Sache ging. Man hat versucht, das Vorhaben schlecht zu machen, denn Erfolg darf in Kärnten anscheinend nicht sein.

Und die Kosten?
46 Millionen statt 67 Millionen Euro. Der Rechnungshof stellte fest, es wurden 33 Prozent gespart. Wo da der Skandal sein soll, das schaue ich mir an.

Wie kam es zur Kostenreduktion?
(Nimmt seine Unterlagen zur Hand.) Ich zeige Ihnen ein Bild. Die Bahnquerung war das Problem: Deren Kosten explodierten um Millionen, weil festgestellt wurde, dass das gesamte Tal auf diese Stelle drückt. Wir hätten ein Beton-U-Boot einbauen müssen und dort hinein die Unterführung. Im August 2008 sagte ich der Abteilung, das geht so nicht, wir brauchen eine Alternativvariante. Daraus wurde die Brückenlösung: Damit sparten wir Millionen ein.

Der Landesrechnungshof sprach trotzdem von »fehlerhafter Planung«, »verzögertem Baubeginn«, »zu hohen Lärmschutzwänden«.
Diese Kritik weise ich schärfstens zurück. Dass der Präsident des Landesrechnungshofs ständig behauptet, der Rechnungshof hätte zur Kostenreduzierung beigetragen, ist nicht korrekt. Diese Feder gebührt allein der Straßenbauabteilung, nicht dem Rechnungshof. Ich habe die Abteilung beauftragt, eine Alternative zu finden, die dann auch die Hermes-Zufahrt ermöglichte. In einem Vorbericht des Rechnungshofs im Jahr 2009 – kurz vor der Wahl, so laufen die Spielchen – wurde der Lärmschutz bemängelt: Der Landtag forderte aber einen Kurbad-gerechten Lärmschutz, der auch so beschlossen wurde. Ich habe ihn nur umgesetzt. Nach dem Vorbericht sagte ich in einem Interview: »Der Rechnungshof soll auf die Endabrechnung warten, dann wird er sich wundern.« Denn da war die Alternative schon in Planung, was ich natürlich wusste.

Kritik gab es auch an zu teuer abgelösten Gründen.
Ablösen sind Aufgabe der Fachabteilung, kein Referent mischt sich da ein. Der Landtag beschloss eine Kurbad-gerechte Umfahrung, wodurch die Anforderungen an den Lärmschutz höher waren: maximal 35 Dezibel Lärm. Ich habe nur den Auftrag des Landtags durchgeführt. Und dann gehen die Herren, die das forderten, her und machen ein politisches Theater.

»Eine Frau sagte zu mir: ›Ich bin so dankbar, dass Sie uns die Umfahrung gebaut haben‹«
Gerhard Dörfler, Alt-Landeshauptmann

Das heißt, diese Gründe waren unbedingt notwendig, um die Umfahrung so bauen zu können?
Natürlich. Es wären außerdem erst weitere Hausablösen nötig gewesen, die danach, mit der neuen Variante, hinfällig wurden. Der Druck wurde durch das Kurbad ausgelöst: Damals hatten wir eine Finanzkrise. Ich wusste, wenn wir das nicht jetzt heben, ist das Kurbad weg, denn die Banken bekamen schon Schweißfüße. Ich habe nicht für eine Straße, sondern für die Entwicklung eines Orts gekämpft. 

Danach folgten Gerichtsverfahren, etwa gegen einen Gutachter. Haben Sie die verfolgt?
Nein. Aber es ist keine Freude, zu Menschen gehen zu müssen und zu sagen: Wir brauchen euer Haus. Den Gutachter kannte ich nicht. Ich stehe aber dazu, dass wir zeitgerecht ablösen mussten. Heute herrscht große Zufriedenheit, dass das im Konsens über die Bühne ging. Wir haben niemanden enteignet. Danach haben mich der Herr Gernot Nischelwitzer (Anm.:  Obmann der Zentralpersonalvertretung im Landesdienst), die Kärntner SPÖ, die Grünen angezeigt, mit dubiosen Vorwürfen – alles wurde eingestellt. Denn jeder Euro war beschlossen.

Werden Sie heute noch auf die Umfahrung angesprochen – im Guten wie im Schlechten?
In Klagenfurt kam eine Frau auf mich zu und sagte: »Herr Alt-Landeshauptmann, ich bin Ihnen so dankbar, dass Sie uns die Umfahrung gebaut haben.« Sie ist nicht die Einzige. Ich sage darauf, mir brauchen Sie nicht dankbar zu sein, ich bin dankbar, dass ich nicht aufgegeben habe.

An wen denken Sie heute noch beim Umfahrungsprojekt zurück?
Ich möchte mich beim früheren Bürgermeister von Bad St. Leonhard, Simon Maier, bedanken, seinem Nachfolger Dieter Dohr, beim Wolfsberger Straßenbauamtsleiter Gerald Zikulnig und bei Volker Bidmon, dem Leiter der Straßenbauabteilung des Landes. Bei den Anzeigern bedanke ich mich nicht.

Etwas anderes: Wird der Kärntner FPÖ-Landeschef Erwin Angerer nach der nächsten Wahl Landeshauptmann sein?
Ich glaube, das ist eindeutig: Landeshauptmann wird wieder Peter Kaiser sein.

Es ist schon ein Weilchen her, aber trotzdem: Wie haben Sie Ibiza erlebt?
Mit Kopfschütteln.

// Zur Person
Gerhard Dörfler wurde 1955 in Deutsch-Griffen geboren. Er war Filialleiter einer Bank und später Brauerei-Manager. Als Quereinsteiger ging er in die Politik und war unter Jörg Haider Landeshauptmann-Stellvertreter, zuständig unter anderem für Verkehr und Straßenbau. 2008, nach dem Tod Haiders, wurde er Landeshauptmann. 2011 wurde unter ihm der jahrzehntelange Ortstafelstreit beigelegt.
2013 verlor die damalige FPK die vorgezogene Landtagswahl, die SPÖ siegte, Peter Kaiser wurde Landeshauptmann. Dörfler zog in den Bundesrat ein, im März 2017 legte er dieses Amt zurück. Bekannt war Dörfler für die orange Warnweste, die er bei Eröffnungen stets trug.

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