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Lavanttal, Klagenfurt. Der Gerichtsakt umfasst mehrere Mappen und ist wohl 40 Zentimeter dick. Kein Wunder. Einem Jugendlichen aus dem Lavanttal und seiner Mutter werden eine Unzahl von Taten vorgeworfen, die sich laut Anklage so lesen: Schwerer Diebstahl, schwere Sachbeschädigung, Urkundenunterdrückung, Körperverletzung, gefährliche Drohung, Nötigung, Fälschung besonders geschützter Urkunden, schwerer Betrug, Weitergabe und Besitz nachgemachten oder verfälschten Geldes sowie Vergehen nach dem Waffengesetz. Es kann als Sittenbild gesehen werden, wie im Tal gegen vermeintliche Gegner vorgegangen wird ...
Am Landesgericht Klagenfurt fand jetzt die zweite Verhandlungsrunde statt, nachdem die Angeklagten, für die die Unschuldsvermutung gilt, bei Prozessauftakt alle Vorwürfe bestritten hatten.
»Feiere nur, es wird dein letzter Geburtstag sein«
Inhalt eines Drohanrufs den ein Zeuge schilderte
In der Fortsetzung versuchte Richter Uwe Dumpelnik, den Akt Stück für Stück abzuarbeiten und befasste sich mit drei körperlichen Auseinandersetzungen und einem Motorrad-Diebstahl. Ein erster Fall soll sich vor einer Imbissstube in St. Paul zugetragen haben. Dort kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und einem Mann, dessen Sohn Ersterer geschlagen und bedroht haben soll. Der Vater, der als Zeuge aussagte, wollte damals den vermeintlichen Täter zur Rede stellen, sei aber von ihm attackiert worden, worauf er ihn seinerseits packen und festhalten musste. Die – nun ebenfalls angeklagte – Mutter des Burschen habe bei dem Vorfall auch mitgemischt: Sie hätte den Zeugen, dessen Ehefrau und den Sohn wüst beschimpft.
Der Auslöser des Wirbels: Der Angeklagte soll nicht nur ein rund 5.000 Euro teures Motorrad des Zeugen gestohlen haben, er hätte auch den Sohn an dessen Geburtstag angerufen und gesagt: »Feiere nur, es wird dein letzter Geburtstag sein.« Dagegen wollte der Vater vorgehen. Keine gute Idee: Er muss sich mittlerweile wegen der Rauferei selbst am Bezirksgericht Wolfsberg verantworten ...
Der Angeklagte und dessen Mutter wiesen abermals alle Vorwürfe zurück: Niemand sei beschimpft worden, Schläge habe es ebenso wenig gegeben wie einen Motorrad-Diebstahl. »Warum hätte ich das tun sollen? Ich hatte damals doch eine eigene Maschine«, untermauerte der Angeklagte seine Argumentationslinie.
Danach sagte der angeblich bedrohte Sohn aus: Er schilderte erst, wie er während eines Festes vom Angeklagten einen Schlag ins Gesicht erhalten habe, der ihn umfallen ließ. Danach erzählte er vom Drohanruf an seinem Geburtstag, der mit unterdrückter Rufnummer erfolgt sei. »Ich bin mir sicher, es war seine Stimme«, sagte er und meinte den Angeklagten. Der schüttelte den Kopf und beschuldigte einen früheren Freund, für den Schlag und die Drohung verantwortlich zu sein. Richter Dumpelnik ermahnte ihn und meinte, er nähere sich der Verleumdung. Darauf verstummte der ansonsten keineswegs schüchtern auftretende Angeklagte.
Nichts gesehen, keine Erinnerung
Zwei weitere Zeugen konnten wenig zur Wahrheitsfindung beitragen: Der eine gab an, beim mit den Händen ausgetragenen Streit vor der Imbissstube zwar dabei gewesen zu sein, aber nichts gesehen zu haben. Der zweite konnte sich an einen anderen Vorfall bei einer Waschanlage, bei dem der Angeklagte einen weiteren Mann geschlagen haben soll, nur mehr schemenhaft erinnern. Auch diesen Hieb bestritt der junge Lavanttaler.
Aufklärung hätte wohl der erwähnte frühere Freund des Angeklagten bringen können, der ebenfalls als Zeuge geladen war. Er soll es gewesen sein, der Teile des Anklagekonvoluts mit einer Aussage bei der Polizei ins Rollen brachte. Doch er erschien nicht vor Gericht. Der Richter vertagte den Prozess, bei dem den beiden Beschuldigten nun im Zuge von Verfahrenshilfe ein Verteidiger gestellt werden soll, denn es ist mit etlichen weiteren Prozessrunden zu rechnen.
Bleibt die Frage, warum dieser Fall, der zwar umfangreich ist, sich aber aus vielen kleineren Delikten zusammensetzt, nicht am Bezirksgericht verhandelt wird. Die Erklärung: Die Vielzahl von Sachbeschädigungen, die dem Jugendlichen ebenfalls vorgeworfen werden, machen einen Schaden von mehr als 5.000 Euro aus. Dadurch erhöht sich die Strafdrohung und das Landesgericht muss sich damit befassen.
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