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Ein Lavanttaler versucht sich als Internet-ZaubererAusgabe | Mittwoch, 31. Oktober 2018

Seinen Namen gibt er nicht preis. Der Lavanttaler Internet-Zauberer besteht auf Anonymität und will nur durch seine Videos Aufmerksamkeit erregen. Das gelingt ihm, wenn auch nicht immer geschmackssicher.

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Wolfsberg. »Ich werde jetzt Ihre Gedanken lesen«, sagt der »Carinthian Wizard« und holt einen Beutel mit drei Sperrholz-Scheibchen und einem beschriebenen Zettel hervor. »Glaubst du«, denkt der Redakteur, den Zauberkunststücke wenig begeistern. Trotzdem muss er unter den Scheiben, auf denen je ein Dreieck, ein Quadrat und ein Stern abgebildet ist, wählen: Eine wandert in den Beutel zurück, eine behält er, eine bekommt der Zauberer. Dann entfaltet der »Wizard« den Zettel, liest das Ergebnis  ab – und es stimmt. »Ich wusste, was Sie nehmen werden«, sagt der lächelnd. »Leider«, grummelt der Redakteur.

Der »Carinthian Wizard«, der sich auch »Aeon Sun« nennt, ist kein Zauberer der herkömmlichen Sorte. Er zeigt seine Tricks nicht vor Publikum, sondern dreht Filme und stellt sie auf die Internetplattform »YouTube«. Und: Der gebürtige Wolfsberger, der seine Kindheit in St. Andrä verbrachte, will seinen echten Namen nicht nennen. Auch dem Redakteur nicht. Ja wie?
»Meine Internetaktivitäten vom Privaten zu trennen, ist mir sehr wichtig«, sagt er, »denn das ging für einige YouTuber, die sich nicht daran hielten, ins Auge.« Wie soll man ihn aber ansprechen? »Wizard ist okay«, sagt der »Wizard«. Na gut.

Verraten werden darf das: Er ist 40 Jahre alt, hat eine Tochter und lebt in Klagenfurt. Demnächst steht der Umzug nach Unterkärnten an. Den Strom für seinen Internetanschluss verdient er sich als Projektleiter in einem Marketingunternehmen, außerdem ist er Sänger der Black-Metal-Band »Ahnenhammer«, die bereits zwei Alben veröffentlicht hat und über die er sagt: »Keine Sorge, wir opfern daheim keine Hamster, es geht uns nur um die Musik.« Markenzeichen sind seine Haube und ein Pentagramm-Medaillon, das er um den Hals trägt. »Die Spitze zeigt nach oben«, erläutert er, »es handelt sich also um weiße Magie, nicht um Satansverehrung.« Aha, wieder etwas gelernt.

Mittelgroße Fangemeinde
Augenblicklich konzentriert sich der »Wizard«, auf Deutsch Magier, ganz auf seinen YouTube-Auftritt. Auf seinem dortigen Kanal lädt er Videos hoch, die er als Schauspieler und Regisseur in Personalunion mit einer 300-Euro-Kamera dreht und die sich mittlerweile einer mittelgroßen Fangemeinde erfreuen. »Ich mache Content, wie es ihn bisher nicht gab«, sagt er. »Auf YouTube zeigen die Leute ihre Einkäufe oder wie sie sich schminken. Alles gleicht sich, es herrscht Masse statt Klasse. Ich will Videos machen, die davon abweichen.« Und das tun sie: Es gibt Comedy-Elemente, Parodien, Aufnahmen in freier Natur, aber auch Beiträge, die – sagen wir – nicht ganz geschmackssicher sind. In jedem wird gezaubert – und die Viewer haben laut ihren Kommentaren Freude daran.

Wie alles an ihm ist auch die Entstehungsgeschichte seines YouTube-Kanals eher ungewöhnlich: »2017 hatte ich im Internet Streit mit einem anderen Zauberer, der zu mir sagte: ›Wer bist du überhaupt?‹ Danach begann ich, meine Videos zu machen. Heute weiß er, wer ich bin.« Wir lernen: Auch gekränkte Eitelkeit lässt öffentliche Karrieren starten. Reich werden will er nicht. Was dann? »Ich will ein kleines, aber echtes Klientel. Das ist mir lieber als drei Millionen falsche Fans.«

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