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Klagenfurt, Wolfsberg. Lavanttaler Feste werden von sehr vielen Menschen besucht – die dabei aber nur wenig Alkohol trinken. Das war die »Lehre« aus einem Prozess am Landesgericht Klagenfurt, der in der Vorwoche stattfand. Angeklagt war ein 35-jähriger Lavanttaler, dem vorgeworfen wurde, bei einem Fest in Wolfsberg im heurigen Sommer einem anderen Besucher eine Bierflasche über den Kopf geschlagen zu haben. Der Hieb war so heftig, dass die Flasche zerbrach – und das Opfer (25) schwer verletzt wurde. Dementsprechend lautete die Anklage: schwere Körperverletzung.
Der unbescholtene 35-Jährige setzte sich gut gelaunt auf den Stuhl vor Richterin Sabine Götz. Höflich und – angesichts der Anklage hatte man anderes erwartet – mit überlegter Ausdrucksweise gab er Auskunft: Er sei unschuldig, es handle sich um eine Verwechslung, er habe niemanden mit einer Bierflasche geschlagen.
»Wir haben mit Mädels getanzt – na ja, eigentlich mit schon etwas älteren Mädels«
Der Angeklagte in launiger Stimmung
Der Lavanttaler berichtete: Er habe an jenem Abend erst mit einem Arbeitskollegen daheim in der Garage ein Bier getrunken, danach seien beide zum Festzelt und weiter in die dortige Disco gezogen. »Wir haben mit Mädels getanzt – na ja, eigentlich mit schon etwas älteren Mädels«, erzählte er launig, und über den Abend verteilt sieben oder acht kleine Biere getrunken – »und gegen Mitternacht noch einen, ja, einen Schnaps an der Theke«.
Dann hätte er mit seinem Kollegen die Disco verlassen. Beide seien zum Festzelt gegangen, man habe – als Abschluss – Leberkäse bestellt. »Und dann kam schon die Polizei«, so der Angeklagte. Er kenne weder das 25-jährige Opfer noch habe er etwas von einem Vorfall mitbekommen.
Auf Befragung seiner Verteidigerin Nina Schratter gab der Lavanttaler an, in der Disco sei es dunkel gewesen – und brechend voll: »Etwa 2.000 Leute waren drin.« Getragen habe er eine Kappe eines bekannten Getränkeherstellers, eine Lederhose, ein violettes T-Shirt und Wanderschuhe. Nein, er sei weder in eine Auseinandersetzung verwickelt gewesen noch von der Security aus der Disco begleitet worden. Danach sei er freiwillig zur Polizei gegangen und habe sich fotografieren lassen.
»Er könnte passen – ich hatte an dem Abend aber meine Brille nicht auf«
Ein Zeuge über den Angeklagten
Anschließend setzte sich das Opfer, ein gutes Stück robuster gebaut als der Angeklagte, vor die Richterin. Auch er habe sich mit Freunden in der Disco aufgehalten – und sei zwischen Mitternacht und ein Uhr plötzlich »geschupft« worden. Als er sich umdrehte, bekam er schon die Flasche über den Kopf.
Richterin Götz fragte: »Wie viel hatten Sie getrunken?« Das Opfer musste seine Antwort – »ein paar Bierchen, ein paar Wodka-Orange« – präzisieren: vier kleine Bier, zwei bis drei Wodka-Orange, ein Jägermeister. Den Alkoholisierungsgrad gab er mit »mittel« an. Nach der Aufforderung, den Angeklagten zu betrachten, und der Frage: »War er das?«, sagte er: »Ich bin nicht sicher.« Seine Täterbeschreibung: Kappe und Jeans.
Nach dem Vorfall wurde der Schläger von Securitys aus dem Zelt geführt, während sich der 25-Jährige die Kopfwunde versorgen ließ. Bei der Polizei erkannte er den Angeklagten auf Bildern nicht eindeutig wieder.
Zwei Freunde, mit denen der 25-Jährige beim Fest war, wurden ebenfalls befragt. Der erste gab an, er hätte zwei oder drei kleine Biere und »ein paar« Schnäpse getrunken. Alkoholisierungsgrad laut dem Zeugen: »leicht«. Auch er schilderte den Vorfall mit der Flasche und gab an, er habe den Täter »nicht direkt« gesehen, den Angeklagten kenne er nicht. Mit einem freundlichen »schönen Tag noch« verabschiedete er sich.
Der zweite Zeuge sagte aus, bis Mitternacht zwei Mischgetränke und ein Bier intus gehabt zu haben. Alkoholisierungsgrad: »minimal«. Den Täter beschrieb er so: Kappe auf dem Kopf, rotes T-Shirt, die Hose sah er nicht. Auch er konnte den 35-Jährigen nicht als Angreifer identifizieren. »Er könnte aber passen«, so der Zeuge, der gleich darauf einschränkte: »Ich hatte an dem Abend aber meine Brille nicht auf.«
Keine Identifizierung
Damit stand die Anklage auf tönernen Füßen. Der 35-Jährige sei angeklagt worden, hieß es von der Staatsanwaltschaft, weil laut Polizei das Opfer und ein Zeuge den 35-Jährigen identifiziert hätten – jetzt sah es anders aus, es gebe »Zweifel«. Dementsprechend wurde kein Schuldspruch gefordert. Verteidigerin Schratter plädierte auf Freispruch, der auch folgte. Richterin Götz in der Begründung: »Es war dunkel und laut, niemand wurde eindeutig identifiziert.«
Der Freigesprochene war zufrieden, das Opfer wird von der Entscheidung erst später erfahren: Er hatte mit seinen Freunden das Landesgericht bereits verlassen.

Von Horst Kakl
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