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Neues Buch: »De mit die Peckerl san olles Vabrecha« – warum Tätowierte diskriminiert wurdenAusgabe 33 | Mittwoch, 18. August 2021

Der Wolfsberger Historiker Alexander Verdnik schreibt, woher die Voreingenommenheit gegenüber Tätowierten kommt und wie sie entstanden ist. Es ist ein Blick auf die Geschichte des Tattoos und dessen »Unvereinbarkeit« mit gesellschaftlichen Konventionen.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Michael Swersina Von Michael Swersina m.swersinano@spamunterkaerntner.at
Der Historiker Alexander Verdnik möchte mit seinem neuen Buch erklären, woher die Voreingenommenheit gegenüber tätowierten Menschen eigentlich kommt und warum Tätowierte oft als Kriminelle vorverurteilt werden. Foto: UN/much
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Wolfsberg. Ein Mann betritt ein Lokal, ein Totenkopf, ein Kreuz und einige asiatische Symbole zieren seine Arme. Sofort wird gemurmelt: »Das ist sicher ein Krimineller, ein Verbrecher, so wie der tätowiert ist.« Doch woher kommen diese Vorurteile? Dieser Frage geht Alexander Verdnik in seinem neuen Buch »De mit die Peckerl san olles Vabrecha« nach.

»Der Mensch war auf der Suche, den Typus Verbrecher zu kategorisieren« 
Alexander Verdnik, Historiker und Autor

Verdnik wollte ursprünglich ein Buch über  Euthanasie schreiben: »Im Zuge der Recherche bin ich auf die Geschichte von Ilse Koch, der Ehefrau des Kommandanten des KZ Buchenwald, gestoßen, die als ›Hexe von Buchenwald‹ bezeichnet wurde. Sie ließ sich einen Lampenschirm aus Häuten von tätowierten Menschen fertigen, weil diese böse seien.« Daraufhin fragte sich Verdnik, warum Tätowierte als böse angesehen werden – und begann zu recherchieren.

Während viele Naturvölker Tätowierungen als Schmuck ansehen und zur Verzierung des Körpers verwenden, meinten  während des zweiten Drittels des 19. Jahrhunderts zahlreiche westliche Wissenschafter, Soziologen, Anthropologen, dass eine Tätowierung ein Rückschritt in der Evolution sei und der moderne Mensch diese Verzierungen nicht mehr benötige. Tätowierungen waren verpönt. Rasch wurden sie Verbrechern und bösen Menschen zugeschrieben. Verdnik erzählt: »Der Mensch war auf der Suche, den Typus Verbrecher zu kategorisieren. Er sollte aufgrund seines Aussehens und nicht nur durch sein Verhalten erkannt werden. Wenn sich jemand tätowieren lässt, hat er eine destruktive und selbstzerstörerische Ader, hieß es. Dazu kam die Beobachtung, dass in den Gefängnissen viele Tätowierte saßen.«

Doch Anfang des 20. Jahrhunderts gab es schließlich einen Trend zum Tätowieren. Auch Prinzen und Könige ließen sich Motive in die Haut stechen. Später assoziierte man mit Tätowierungen allerdings wieder Verbrecher und ehemalige Sträflinge. Vor rund zehn Jahren ließ sich auch Verdnik sein erstes Tattoo stechen, mittlerweile zieren zahlreiche Motive seinen Körper.

Auf 150 Seiten werden in dem Buch die Geschichte der Tätowierung und die Gründe, warum man sich eines anfertigen lässt, beleuchtet. Behandelt wird auch, warum sich viele ihre Verzierungen wieder entfernen lassen und wie die Gesellschaft auf Menschen mit Tätowierungen reagiert.

Zur Person

Alexander Verdnik ist Historiker, Redakteur und Lehrbeauftragter. Er wurde 1982 in Wolfsberg geboren. Nach der Matura 2001 absolvierte er ein Studium der Geschichte an der Karl-Franzens-Universität. In seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit dem Thema »Lagerstadt Wolfsberg«, seine Dissertation trug den Titel »Arisierung«.

Verdnik ist als Redakteur für die Kärntner allgemeine Zeitschrift und die jüdische Kulturzeitschrift »David« tätig. Seine Forschungsschwerpunkte hat er auf die Geschichte des Nationalsozialismus, die jüdisch-österreichische Geschichte, Minderheitenforschung, Wissenschaftskommunikation und Opfer-Täter-Forschung gelegt.

Bislang hat der 39-Jährige sechs Bücher veröffentlich. Neben dem oben beschriebenen Werken sind im Jahr 2014 das Buch »Arisierung«, 2015 »Wolfsbergs dunkelstes Kapitel«, 2016 »Jugend im Nationalsozialismus«, 2018 »Blutspur durch Kärnten« und ebenfalls im Jahr 2018 »Ideologie und Schule« erschienen.

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