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Sie haben einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen. Erzählen Sie uns, was Sie dazu bewegt hat, nach drei Jahren HTL die Schule hinter sich zu lassen und zum Bundesheer zu gehen.
Schon von klein auf hatte ich den Traum, entweder beim Bundesheer oder bei der Polizei zu sein. Mein ursprünglicher Plan war es, nach der HTL zum Bundesheer zu wechseln und danach bei der Polizei zu arbeiten. Durch Veranstaltungen wie die Airpower oder dem Girls Day des Bundesheers, bei dem ich im Vorjahr war, sowie aus Erzählungen meiner Freunde wurde mein Interesse immer größer. Letztendlich fiel es mir leicht zu entscheiden, dass das Bundesheer genau das ist, was ich machen möchte.
Gab es einen besonderen Moment, der Ihnen den nötigen Mut für diesen Schritt gegeben hat?
Ich dachte mir während der Schulzeit immer wieder, zum Heer zu gehen. Als ich dann eine Nachprüfung hatte, sagte ich mir: »Warum nicht jetzt? Es schadet nicht.« Mein Cousin, der damals beim Bundesheer war, ermutigte mich zusätzlich. Ich rief beim Bundesheer an und wurde zu einem Gespräch eingeladen. Zwei Wochen später stand ich dann im Heeres-Personalamt, wo mir alles erklärt wurde. Dieser Kontakt hat mir viel Selbstvertrauen gegeben.
Wie verlief denn der Aufnahmeprozess, gibt es eine spezielle Musterung für Frauen?
Für uns Frauen gibt es etwa alle drei Monate einen Musterungstermin. Der läuft dann genauso ab wie bei den Männern. Man macht alle erforderlichen Untersuchungen und Tests. Bei meiner Musterung waren wir nur zwei Mädchen. Nach dem Stellungstermin wurden wir wieder zum Heeres-Personalamt eingeladen, wo wir über unsere Einsatztermine und unsere Einheiten entschieden haben. Ich wollte rasch loslegen und habe mich für den frühestmöglichen Termin im Jänner 2025 bei den Pionieren der Stabskompanie des Militärkommandos Kärnten entschieden.
Wie lange haben Sie sich verpflichtet?
Wenn man als Frau zum Bundesheer geht, läuft es zunächst ein Jahr. Die ersten sechs Monate zähle ich wie die Jungs als Grundwehrdiener. Danach ist man Zeitsoldat.
Wie reagierten Ihr Freund und Ihre Familie auf die Entscheidung, Soldatin zu werden?
Mein Freund unterstützt mich voll und ganz. Wir haben lange über diesen Schritt gesprochen und wissen beide, dass es auch funktioniert, wenn man mal länger weg ist. In meiner Familie ist der Weg genauso gewollt – mein Vater, der selbst bei der Polizei ist, freut sich darüber, dass ich meinen Traum verfolge.
Wie haben Sie die Grundausbildung erlebt, was hat Ihnen besonders gefallen?
Die ersten Wochen der Grundausbildung waren am Truppenübungsplatz in Glainach. Das waren intensive und lehrreiche Wochen. Besonders gefallen hat mir der Gefechtsdienst – das Schießen in all seinen Varianten, sei es stehend, liegend oder gar mit Schutzmaske. Es ist beeindruckend, wie vieles auf einmal auf mich zukommt, und jeder Tag ist voller neuer Herausforderungen.
Sie sind als Pionierin in der Stabskompanie tätig – was gefällt Ihnen an dieser Einheit?
Ich habe mich schon vorher in die Aufgaben der Pioniere eingelesen und fand den Aufgabenbereich sehr spannend. Als Pioniere machen wir alles Mögliche – von Sandsäcken befüllen über Brücken bauen bis hin zu handwerklichen Tätigkeiten in den Kasernen. Außerdem sind wir bei Einsätzen, beispielsweise bei Hochwasser, sogar aktiv beteiligt. Diese Vielfalt reizt mich sehr.
Wie sieht ein typischer Tag in Ihrer Einheit aus?
Der Tag beginnt in der Kaserne um 6 Uhr, gefolgt von Frühstück und der Reinigung der Außenbereiche. Um 7.30 Uhr startet der Dienst mit der Standeskontrolle. Der Vormittag ist meistens geprägt von Sport und Pionierausbildung, gefolgt vom Mittagessen. Danach wenden wir uns den anfallenden Aufgaben zu – sei es auf Übungsplätzen, bei Umräumarbeiten in der Kaserne oder speziellen Einsätzen. Es ist ein durchgetakteter, aber abwechslungsreicher Alltag.
Wie ist das Arbeitsklima mit Ihren männlichen Kameraden? Wird man als Frau von den Kollegen ernst genommen?
Ja. Das Verhältnis zu den Jungs ist super. Wir verstehen uns richtig gut und motivieren uns gegenseitig – immer im Spaß, aber mit Respekt.
Natürlich gibt es auch immer wieder einmal einen Scherz, aber ich bin ja nicht auf den Mund gefallen und sage auch etwas zurück. So ein lustiges, aber doch ernsthaftes Verhältnis und die gegenseitige Unterstützung erleichtern den Alltag enorm. Von den Ausbildern wird jeder gleich behandelt. Bei Übungen steht Teamwork an erster Stelle, da gibt es keine Unterscheidung zwischen Jungs und Mädchen. Es gibt aber natürlich getrennte Zimmer und Duschen. Wir sind ja nur zwei Mädchen in der Einheit, der Rest sind alles Burschen.
Gab es Momente, in denen Sie sich als Frau besonders herausgefordert gefühlt haben?
Natürlich gibt es herausfordernde Momente. Zum Beispiel war der erste lange Marsch mit dem großen, schweren Rucksack eine echte Herausforderung. Der war noch dazu im Winter, und viele Passagen des Weges waren total vereist. Auch ein Marsch, bei dem wir mit ABC-Schutzmasken über ein Feld marschierten, gefolgt von anstrengenden Übungen wie Laufen und Liegestützen, war sehr herausfordernd. Aber diese Erfahrungen haben mich nur noch stärker gemacht.
»Ich sehe noch viele Möglichkeiten – vielleicht führt mich mein Weg zu einem Auslandseinsatz«
Nina Philippek über die Zukunft beim Heer
Blicken wir in die Zukunft: Welche Ziele haben Sie beim Bundesheer?
Im September startet der Kaderkurs – der erste Teil dauert fünf Monate und ist recht allgemein gehalten, danach folgt ein siebenmonatiger, waffenspezifischer Kurs. Ich interessiere mich besonders für den Bereich der Jäger, auch wenn dieser Weg sportlich und psychisch sehr herausfordernd ist.
Mich begeistern natürlich auch die vielfältigen Aufgaben als Pionier. Ich sehe noch viele Möglichkeiten – vielleicht führt mich mein Weg zu einem Auslandseinsatz. Dafür braucht man natürlich noch eine eigene Prüfung. Und vielleicht verschlägt es mich irgendwann einmal zu den Jägern oder zur Militär-Polizei.
Frauen haben beim Heer die gleichen Chancen wie Männer, daher stehen alle Türen offen.
Was tun Sie, um nach einem intensiven Tag abzuschalten?
In meiner Freizeit bin ich oft mit Freunden unterwegs – im Sommer am See, im Winter auf der Skipiste. Obwohl das Dienstleben mich manchmal sehr einnimmt, finde ich es wichtig, Momente zum Durchatmen zu haben. Das gibt mir neue Energie und lässt mich stets frisch an meine Aufgaben herangehen.
Steht in naher Zukunft etwas Spannendes für Sie auf dem Programm?
Im Mai fahren wir auf den Truppenübungsplatz nach Allentsteig in Niederösterreich und helfen bei der Suche nach Blindgängern.
Haben Sie die Entscheidung, zum Bundesheer zu gehen je bereut?
Nein, noch nie.
Zum Schluss: Welchen Rat würden Sie jungen Frauen geben, die über einen Weg beim Bundesheer nachdenken?
Lest euch gut ein und informiert euch bei Leuten, die diesen Weg bereits gegangen sind. Seid sportlich und lasst euch nicht von albernen Kommentaren, sei es in der Schule oder außerhalb, verunsichern. Es ist aber natürlich auch körperlich und psychisch anstrengend, und es kann passieren, dass man wochenlang nicht nach Hause kommt. Wenn ihr überzeugt seid, dass es euer Weg ist, probiert es aus – es ist eure Entscheidung. Manchmal muss man eben gegen den Strom schwimmen, um seine Ziele zu erreichen. Und man kann beim Heer auch viele Lehrberufe unterschiedlichster Art ausüben.
Nina Philippek wurde am 19. Juni 2006 in Wolfsberg geboren. Nach drei Jahren an der HTL Wolfsberg wechselte sie zum Bundesheer. Derzeit ist sie bei den Pionieren der Stabskompanie in der Klagenfurter Khevenhüller-Kaserne.
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