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Wolfsberg. In wenigen Monaten beginnen die Sommerferien, Familien fahren in den Urlaub, die Kinder können sich erholen und in Ruhe auf das folgende Schuljahr vorbereiten. Doch für manche Menschen ist der Sommer ein Balanceakt. Die Eltern arbeiten und es stellt sich die Frage, wer passt auf die Kinder auf.
Für die alleinstehende Mutter Johanna K. (Anm.: Name von der Redaktion geändert) mit drei Kindern, darunter einem zwölfjährigen Kind mit einer Beeinträchtigung, stellen die kommenden Sommerferien eine besondere Herausforderung dar. Das beeinträchtigte Kind leidet an Entwicklungsverzögerungen, ADHS und weiteren Herausforderungen und besucht derzeit die Mittelschule Wolfsberg, wo es in einer Integrationsklasse untergebracht ist. Das heißt, im regulären Unterricht steht ihm eine Betreuerin zu Seite, für die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch bekommt es Einzelunterricht mit einer Lehrerin. Doch für die Sommerferien fehlt eine adäquate Betreuung. Für das Kind ist nämlich aufgrund seiner Beeinträchtigung eine zusätzliche Betreuerin benötigt.
Auf der Suche nach einer Lösung wird Johanna von einem Ansprechpartner zum nächsten verwiesen – von der Abteilung 4 des Landes Kärnten (Soziales), zur Abteilung Chancengleichheit, weiter zu Trägern wie AVS und der Diakonie, die jedoch aufgrund personeller Engpässe nicht helfen können. Verzweifelt wendet sich Johanna an die Behindertenanwaltschaft. Dort wird ihr zunächst mitgeteilt, dass ihr Kind einen Anspruch auf eine Sommerbetreuung habe. Nach intensiven Nachfragen bei der Mutter durch die Anwaltschaft wurde eine Bedarfserhebung eingeleitet, doch seit dem 10. Feber fehlt jede Rückmeldung. Die verzweifelte Mutter steht nun vor der aussichtslosen Wahl: Entweder muss sie selbst für eine teure Betreuung sorgen oder ihren Arbeitsplatz aufgeben – eine Entscheidung, die sie nicht treffen kann, denn sie braucht ihr Einkommen, um den Alltag zu finanzieren.
Schritt an die Öffentlichkeit
In einem verzweifelten Schritt postete Johanna ihre Situation auf Facebook, in der Hoffnung, so andere betroffene Eltern zu erreichen und Unterstützung zu mobilisieren. Der Beitrag löste zahlreiche Anrufe bei der Behindertenanwaltschaft aus, die versprach, sich bis Ende März zurückzumelden. »Auch dieses Versprechen blieb bislang unerfüllt«, sagt die Mutter enttäuscht. Bei einem Termin Mitte März bei der Wolfsberger Vizebürgermeisterin Michaela Lientscher (SPÖ) legte sie ihren Fall noch einmal dar und zeigte auch mögliche Lösungsvorschläge auf. Eine Antwort seitens der Gemeinde steht aber noch aus.
Gemeinde antwortet
Auf Nachfrage der Unterkärntner Nachrichten bei der Stadtgemeinde Wolfsberg heißt es: »Die Stadtgemeinde Wolfsberg ist im Feber dieses Jahres über eine Onlinediskussion in einer Facebookgruppe darauf aufmerksam geworden, dass es in der Gemeinde bzw. im ganzen Bezirk offensichtlich Kinder mit Behinderungen gibt, für die aktuell keine wohnortnahen Sommerbetreuungsangebote zur Verfügung stehen.«
Darauf wurden laut Auskunft der Gemeinde auf Eigeninitiative die Eltern zweier dieser Kinder zu einem Gespräch mit Sozialreferentin Vizebürgermeisterin Lientscher eingeladen, um sich ein Bild über die Sachlage zu machen. Es gibt zwar an der Volksschule Wolfsberg kooperative Kleinklassen für Kinder mit schweren körperlichen oder geistigen Behinderungen, für die auch eine Sommerbetreuung angeboten wird. Ein solches Angebot fehlt allerdings für jene Kinder mit Beeinträchtigungen, die in sogenannten Integrationsklassen unterrichtet werden. Dort stehen ihnen eigene Betreuer zur Seite, die sie auch in der Sommerbetreuung benötigen würden.
Weiters heißt es: »Seit unserem ersten Austausch mit betroffenen Eltern stehen wir in regelmäßigem Kontakt mit dem Land Kärnten, der Behindertenanwaltschaft sowie verschiedenen Trägervereinen, um Möglichkeiten einer wohnortnahen Betreuung zu schaffen. Neben dem regelmäßigen Kontakt mit den Eltern unterstützen wir diese auch bei einem von ihnen initiiertem Segelprojekt für Kinder mit Behinderungen finanziell.«
Eine konkrete Lösung kann aber auch die Stadtgemeinde Wolfsberg derzeit nicht anbieten. Von Seiten der Gemeinde heißt es: »Uns ist bewusst, dass die Eltern bereits jetzt eine Planungssicherheit für den Sommer benötigen, allerdings handelt es sich um ein ausgesprochen komplexes Thema, dessen Umsetzung Zeit braucht. Wir werden die Eltern über Fortschritte auf jeden Fall informieren.«
Kürzlich wurde Johanna mitgeteilt, dass es in Wolfsberg eine Sommerschule in den letzten beiden Ferienwochen gibt, an der ihr Kind teilnehmen könne. Allerdings: Für die Betreuung des Kindes müsse sie selbst sorgen. »Ich verstehe es nicht. Für Kinder mit Beeinträchtigungen bis 15 Jahre gibt keine Angebote in Wolfsberg. Ich kämpfe dafür seit drei Jahren«, meint Johanna verzweifelt.
Ein Lichtblick
Ein kleiner Lichtblick für die Mutter ist die kürzlich von Eltern mit dem Alpenverein gegründete Inklusionsklettergruppe, eine Initiative, die auch zu einem Mama-Café führte, in dem sich Mütter mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen austauschen. In Wolfsberg sind mittlerweile rund 15 Personen bei dieser Gruppe, die ihre Erfahrungen teilen und füreinander einstehen.
Weiterhin warten
Kürzlich wurde dem Kind ein Reha-Aufenthalt im Sommer bewilligt, doch auch der stellt Johanna vor große Probleme. Denn auch dabei müsste sie ihr Kind begleiten und dafür reicht ihr Urlaubsanspruch nicht aus. »Ich verstehe nicht, warum kann mein Kind nicht in einer Tagesstätte aufgenommen werden. Wenn es 16 Jahre alt wäre, wäre es kein Problem, aber mit zwölf Jahren ist es unmöglich. Man braucht ja für beide Altersklassen gleich viele Betreuer. Es braucht im Sommer nur irgendeine Beschäftigung und kann doch nicht den ganzen Tag alleine zu Hause sitzen«, sagt die Mutter.
Johanna ist verzweifelt und weiß nicht mehr weiter. Die zahlreichen Gespräche, der ständige Ruf nach Klarheit und die endlosen Hürden der Bürokratie haben sie müde gemacht. Dennoch wird sie nicht aufgeben und hofft weiterhin auf eine rasche Lösung.
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