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Drei Freisprüche im Prozess um Wolfsberger „Stadtwerke-Affäre“Ausgabe 14 | Freitag, 8. April 2022

Selbst der Staatsanwalt war zuletzt nicht von der Schuld der Angeklagten überzeugt

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Klagenfurt, Wolfsberg. Erst umarmten die beiden früheren Stadtwerke-Mitarbeiter (46 und 47 Jahre alt) einander, danach schlossen sie gemeinsam auch den dritten Beschuldigten, einen 54-jährigen Geschäftsführer eines Bauunternehmens, in die Arme. Kurz zuvor hatte ein Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richter Uwe Dumpelnik am Freitag, 8. April, im Landesgericht Klagenfurt die drei Angeklagten nach drei Verhandlungstagen freigesprochen. Da Staatsanwalt Christian Pirker keine Erklärung abgab, ist das Urteil nicht rechtskräftig, für die Beschuldigten gilt weiter die Unterschuldsvermutung.

Den drei Lavanttalern war neben Untreue auch Urkundenfälschung und Fälschung eines Beweismittels sowie Beitrag zur Untreue vorgeworfen worden. Sie hätten durch die nicht ordnungsgemäße Abwicklung einer Kanalsanierung in der Sajovitzsiedlung in Wolfsberg im Jahr 2017 einen Schaden von 128.506,18 Euro verursacht. Dazu kamen weitere 126.000 Euro durch nicht beantragte Förderungen. Der Fall zog unter dem Titel „Stadtwerke-Affäre“ seit 2019 weite Kreise im Tal. Die Stadtwerke wurden von Dumpelnik nun auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der Freispruch zeichnete sich bereits im Plädoyer von Staatsanwalt Pirker, der den Fall erst vor einer Woche übernommen hatte, ab. Laut ihm wurde die Schadenssumme nicht abgeschöpft und verteilt. Dagegen wurde ein Kanal errichtet, von dem sich heute nicht mehr sagen lasse, in welchem Zustand er vor dem Neubau gewesen sei. Außerdem sei ein Motiv für Straftaten nicht erkennbar. „Ich bin nicht der Verteidiger der Angeklagten, aber nach den Ergebnissen der dreitägigen Verhandlung fordere ich nicht Schuldspruch und Strafe, sondern Gesetzeserfüllung.“ Dem kam der Schöffensenat in Form eines Triple-Freispruchs nach.

Richter Dumpelnik sagte in seiner Begründung, ein wissentlicher Befugnismissbrauch, der bei Untreue eine Voraussetzung sei, sei nicht erkennbar gewesen. „Es mag sein, dass die Dokumentation des Bauprojekts rudimentär, die Vergabe des Auftrags (Anm.: ohne Ausschreibung) an ein Bauunternehmen nicht dem Stand des 21. Jahrhunderts entsprach. Das ist aber kein Nachweis, dass die Stadtwerke Wolfsberg bewusst geschädigt werden sollten“, so Dumpelnik. Es sprach zwar auch von Fehlleistungen und -handlungen der ehemaligen Stadtwerke-Mitarbeiter, die aber nicht als Untreue zu bewerten gewesen seien.

Während sich die tatsächliche Schadenssumme nicht klären ließe, entstand laut dem Richter im Schöffensenat der Eindruck, „einer“ habe gedrängt, die zwei Ex-Stadtwerke-Bediensteten „schnell loszuwerden“. Auch dass sich auf eine durch die Entlassung frei gewordene Stelle ein Mann beworben habe, der zuvor als Mitarbeiter eines Privatunternehmens die Baustelle in der Sajovitzsiedlung geprüft und kontrolliert hatte, wurde vom Senat berücksichtigt.

Der jetzige Stadtwerke-Geschäftsführer Christian Schimik, der erst lange nach den Geschehnissen des Jahres 2017 seinen Posten antrat und dem gesamten Prozess beigewohnt hatte, sagte zum Urteil: „Wir werden das Ergebnis auswerten und danach entscheiden, wie wir weiter vorgehen.“ Immerhin gibt es ein ruhend gestelltes ziviles Schadenersatzverfahren gegen zwei der nun Freigesprochenen.

Vor dem Urteil wurde jener Mann als Zeuge einvernommen, den Dumpelnik darin erwähnte: Jener Angestellte einer Privatfirma, der sich um die Abwicklung der Baustelle Sajovitzsiedlung gekümmert hatte. Er bestritt die Aussagen anderer, wonach er nach einer Kamerafahrt durch das Kanalsystem darauf gedrängt hätte, sofortige Sanierungsmaßnahmen zu setzen. Laut seinen Informationen hätte der Kanal, der komplett erneuert wurde, nur punktuell saniert werden müssen. Ihm hätte vielmehr der Erstangeklagte (46) vom „Totalschaden“ berichtet – eine Aussage, die der Angesprochene in seiner Einvernahme am ersten Prozesstag gegenteilig darstellte. Der Zeuge: „Ich hatte mit ihm ein fast freundschaftliches Verhältnis, ich hätte nicht gedacht, dass das, was er sagte, nicht stimmen könnte.“ Heute würde er anders handeln.

Erregt wurde der Zeuge, als ihn Petra Laback, die Verteidigerin der beiden früheren Stadtwerke-Mitarbeiter, zu seiner Bewerbung für einen Posten bei den Stadtwerken befragte: Der Schritt sei aus gesundheitlichen Gründen erfolgt und hätte nichts mit den vorherigen Ereignissen zu tun, so der Zeuge.

Nun steht abzuwarten, wie die Stadtwerke Wolfsberg in der Causa weiter vorgehen werden.  

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