Artikel
Reichenfels. »Ich weiß nicht, ob du eine Glatze oder lange Haare hast, ob du einen Vollbart trägst, oder welche Farbe dein T-Shirt hat«, sagt Patrick Eichwalder (46) aus Reichenfels, als der UN-Redakteur ihm während des Interviews gegenüber sitzt. Der gelernte Koch ist nahezu blind, kann nur noch Hell von Dunkel unterscheiden. In seinem Leben hat er bereits einige Schicksalsschläge hinnehmen müssen. »Man lernt zwar, damit umzugehen, aber irgendwann ist der Rucksack voll. Ich weiß nicht, was wir falsch gemacht haben. Man stellt sich oft die Frage, warum Dinge so sind, wie sie sind, aber auf gewisse Fragen erhält man keine Antworten«, so Eichwalder.
Die Diagnose
Der heutige 46-Jährige erhielt im Alter von 16 Jahren, während seiner Lehre zum Koch in St. Johann in Pongau, die Diagnose »Retinopathia pigmentosa« – eine Netzhautdegeneration, die zur kompletten Erblindung führt. »Ich habe einige Sachen in der Küche, die mir zum Beispiel runtergefallen sind, übersehen. Mein Ausbilder hat gesagt, dass das abgeklärt gehört. In der Uni-Klinik habe ich dann die Diagnose erhalten, dass ich irgendwann blind werde. Aber mit 16 Jahren will man leben, da war es mir relativ egal«, erzählt Eichwalder.
In den Folgejahren hat er seine Lehre beendet, seinen Führerschein gemacht und im In- und Ausland gearbeitet. Eichwalder: »Ich habe es lange Zeit verdrängt, aber irgendwann bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Ich habe zum Beispiel in der Nacht sehr schlecht gesehen. Man wird älter und reifer und fängt an nachzudenken, dass an dieser Diagnose doch etwas dran ist.«
Die Familie
1996 lernte er auf Saison seine heutige Ehefrau Daniela (47) kennen. Auch ihr gegenüber hielt er die Krankheit zuerst geheim. Sie sagt: »Irgendwann habe ich es dann aber bemerkt. Zum Beispiel, wenn man ihm Sachen gereicht hat, ist er zurückgewichen.« 1998 folgte die Hochzeit, fünf Jahre später kam Tochter Laura zur Welt. »Die Schwangerschaft ist gut verlaufen, alle Werte waren im grünen Bereich. Nach der Geburt meinte der Arzt, es könnte ein Mädchen mit Down-Syndrom sein. Nachdem eine Zellkultur in Graz angelegt wurde, stellte man dort fest, dass Laura Trisomie 21 hat«, blicken Patrick und Daniela zurück.
»Man fängt an nachzudenken, dass an der Diagnose doch etwas dran ist«
Patrick Eichwalder über seine Krankheit
Im Jahr 2005 zog die Familie zurück nach Reichenfels, wo sie das Landgasthaus Jäger übernahm. Der Gesundheitszustand von Patrick verschlechterte sich rapide. »Der Stress hat den Verlauf zusätzlich beschleunigt«, erklärt Daniela. Patrick konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die Zeitung lesen. Ein Jahr später kam Tochter Lea zur Welt. Sie besucht heute die Tourismusschule in Semmering und ist wochenends daheim bei ihrer Familie.
Vier Jahre später musste das Paar das Gasthaus schließen, da es für Patrick gesundheitlich nicht mehr möglich war, den Betrieb weiterzuführen.
Seit 2011 betreiben die beiden ein Catering- und Partyservice. Rund 130 Kinder in Reichenfels und Bad St. Leonhard werden täglich mit Essen versorgt. Sofern es Patrick möglich ist, hilft er in der Küche mit: »Ich kann fast alles machen. Da ich 25 Jahre lang in der Küche war, habe ich die Routine. Es ist wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht. Ich nehme gewisse Dinge ganz anders wahr, zum Beispiel, wie sich Nudeln beim Kochen anhören und anfühlen.«
Emmi kommt zu Hilfe
Zu seiner Unterstützung zog im Jänner 2013 Blindenführhund Emmi ein. »Wir haben gedacht, sie wird ihre Arbeit 13 oder 14 Jahre lang verrichten«, sagt Patrick Eichwalder. Dem ist aber nicht so. Im Februar wurde bei Emmi an der Vet-Uni in Wien eine Netzhauterkrankung und die Bildung eines Grauen Stars festgestellt – auch sie erblindet. »So wie der Herr, so das G‘scher«, sagt Patrick Eichwalder, dem auch in dieser Situation der Humor nicht verloren geht. Emmi kostete die Familie damals 31.000 Euro. Unterstützt wurden sie bei der Anschaffung zu zwei Dritteln von privaten Spenden, der Friedenslichtaktion der Feuerwehren des oberen Lavanttals, Licht ins Dunkel und Kärntner in Not. Ein Drittel steuerte die öffentliche Hand bei.
Ein neuer Blindenführhund zieht entweder im Februar oder April des kommenden Jahres ein. Kostenpunkt für die Familie Eichwalder: 40.000 Euro. »Wir haben ein Spendenkonto eingerichtet und sind über jede Unterstützung froh«, erklärt Patrick Eichwalder, der aktuell Stubenhocker ist, wie sein Frau Daniela sagt: »Im Winter war er immer wenig draußen. Aber da Emmi nicht mehr mit ihm gehen kann, muss er jetzt im Haus bleiben, bis wir einen neuen Blindenführhund haben.«
// Spendenkonto
Wer Patrick Eichwalder finanziell unterstützen möchte, kann das mit einer Spende (Kennwort: Blindenführhund) auf folgendes Konto der Raiffeisenbank
Oberes Lavanttal tun:
IBAN: AT21 3949 1000 4025 4401
BIC: RZKTAT2K491
0 Kommentare Kommentieren
Keine Kommentare gefunden!