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Lavanttal, Klagenfurt. »Ein reines Politikum«, sagte der Beschuldigte vor dem Gerichtssaal. Kurz zuvor war er – nicht rechtskräftig – wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses am Landesgericht Klagenfurt zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je vier Euro, also zu 720 Euro verurteilt worden. Ein mildes Urteil von Richterin Michaela Sanin, die in der Begründung anführte, dass der mögliche Strafrahmen bei bis zu drei Jahren Gefängnis liegt.
Dem Angeklagten, einem bekannten Mandatar aus dem Lavanttal, wurde vorgeworfen, die Namen von drei Gemeinderäten ausgeplaudert zu haben, die mit ihren Unterschriften einer neuen Liste das Antreten bei der Gemeinderatswahl im Februar ermöglicht hatten. Im Jänner erhielt der Mann bei einer Sitzung der Gemeindewahlbehörde, deren Mitglied er war, Einblick in die entsprechende Liste. Die Namen teilte er später seinem Stellvertreter mit, obwohl er über die Verpflichtung zur Geheimhaltung informiert worden war.
»Dass die Namen der Unterschriftsgeber schon vorher kursierten, ist rechtlich irrelevant«
Sarah Offner, Staatsanwältin
Auch in der zweiten Prozessrunde am 1. September bestritt der Lavanttaler die Weitergabe der Information nicht. Er beharrte aber darauf, dass schon vor seiner Mitteilung an den Stellvertreter allgemein bekannt gewesen sei, wer für die neue Liste unterschrieben hatte. Ihr Gründer hätte selbst bereitwillig die Identitäten der Gemeinderäte – je einer von SPÖ, ÖVP und FPÖ – preisgegeben.
Richterin Sanin befragte darauf die Betroffenen. Der erste Zeuge, ein FPÖ-Mann, sagte aus, ihn hätte es nicht gestört, wäre sein Name weitergegeben worden: »Derjenige, der die Unterschrift von mir wollte, parkte sein Auto in meiner Einfahrt. Darauf fragte mich ein Nachbar, was los sei. Ich sah keinen Grund, es zu verheimlichen.«
Ein weiterer Gemeinderat, nun von der SPÖ, meinte, es sei für ihn persönlich anfangs ein Problem gewesen, dass sein Name als Unterschriftsgeber genannt wurde – dann nicht mehr: »Ich stehe dazu, es war mit meiner Partei abgesprochen, ich hatte keine Nachteile.« Der Zeuge sprach den späteren Angeklagten auch darauf an, ob er die Namen weitergegeben hätte, was der ihm bestätigte.
Der letzte Zeuge sagte zugunsten des Lavanttaler Mandatars aus. Er hätte ihn im Februar oder März gefragt, von wem die drei Unterschriften stammten. »Darauf meinte er, er dürfe es mir nicht sagen«, so der Zeuge. Die Identitäten seien aber »kein Geheimnis« gewesen.
Der Angeklagte sagte darauf: »Diese Aussagen bestätigen, dass die Namen schon vorher im Umlauf waren. Außerdem hatten vier Leute Einsicht in die Unterschriftsliste. Warum werde ich beschuldigt?« Politische Gründe, beantwortete er seine Frage selbst.
Staatsanwältin Sarah Offner
blieb in ihrem Plädoyer bei der Anklage: Der Lavanttaler habe das Amtsgeheimnis verletzt, obwohl er auf die Verschwiegenheitspflicht hingewiesen wurde: »Dass die Namen schon vorher kursierten, ist rechtlich irrelevant.«
Verteidiger Werner Poms beantragte einen Freispruch. »Er hat es nur seinem Stellvertreter mitgeteilt, der ebenfalls der Verschwiegenheit unterlag. Dazu waren die Namen der Gemeinderäte Tagesgespräch«, so der Anwalt.
Die Richterin folgte seinem Antrag nicht. Laut ihr sei der Angeklagte schuldig: »Er gab zu, dass er etwas, was in der Sitzung besprochen worden war, weitergegeben hat. Sein Stellvertreter hatte kein Einsichtsrecht in die Unterlagen, auch wenn er der Amtsverschwiegenheit unterlag.«
Selbst nach der Verurteilung war der Angeklagte von seiner Schuld nicht überzeugt und wollte in »Nachverhandlungen« mit der Richterin treten: »Ich bin kein Jurist und habe nicht gewusst, dass ich meinem Stellvertreter nichts sagen durfte. Ich dachte, nur in der Öffentlichkeit durfte es nicht weitergegeben werden.« Antwort der Richterin: »Verschwiegenheit ist Verschwiegenheit.« Verhandlung geschlossen.
Am Freitag nach der Verhandlung kündigte Anwalt Poms an, er werde Rechtsmittel gegen das Urteil ergreifen: »Das Schriftstück ist bereits unterzeichnet«, sagte der Verteidiger.
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