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Unternehmen fordert 1,1 Millionen Euro von den Stadtwerken: Beirat verlangt jetzt Konsequenzen Ausgabe 29 | Mittwoch, 15. Juli 2020

Trettenbrein deckt die Millionenforderung auf und übt harsche Kritik. Er begehrt die Auflösung des Vertrags mit der Kontrollfirma, die Ausweitung der Schadenersatzklagen sowie die Rückführung der Stadtwerke in die Gemeinde. Deren Chef reagiert unaufgeregt.

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Wolfsberg. »Die Stadtwerke entwickeln sich zum Damoklesschwert für die Wolfsberger.« Harte Worte findet Harald Trettenbrein, Stadtwerke-Beirat und FPÖ-Landtagsabgeordneter, nach dem zuletzt im Gemeinderat präsentierten Jahresabschluss 2019 des Unternehmens.

Die Abrechnung wies ein Minus von 1,7 Millionen Euro aus, das aus der Kapitalrücklage gestopft werden musste. Betrug das Eigenkapital bei der Gründung der Stadtwerke Wolfsberg GmbH im Jahr 2005 noch rund 32 Millionen Euro, ist es mittlerweile auf 13,9 Millionen Euro geschrumpft. Trettenbrein: »Eine Prüferin der Confida, die den Jahresabschluss kontrolliert hat, schreibt, das Eigenkapital werde bald aufgebraucht sein, wenn es so weitergeht wie bisher.« Auch 2018 wurde ein Abgang von 1,3 Millionen Euro verzeichnet. »Wenn da noch wer behauptet, die Stadtwerke seien eine Erfolgsgeschichte, dann soll er das erklären«, so Trettenbrein.

Er stößt sich auch an Rückstellungen, die in den Abschluss 2019 aufgenommen werden mussten: 430.000 Euro für die laufenden Prozesse gegen zwei ehemalige Mitarbeiter, die im Zuge der »Stadtwerke-Affäre« gekündigt wurden. Und weitere 700.000 Euro, die für eine »Meinungsverschiedenheit« mit einem Unternehmen reserviert sind. Besagte Firma fordert 1,1 Millionen Euro für erledigte Aufträge von den Stadtwerken, die mit diesem Betrag aber nicht einverstanden sind. Erwartet wird, dass man sich letztlich auf 700.000 Euro einigt.

Trettenbrein: »Die Stadtwerke leisten sich seit 2017 eine Kontrollfirma, die 300.000 bis 500.000 Euro pro Jahr kostet und Ausschreibungen, Anbotssichtungen, Bauaufsichten, Rechnungsprüfungen etc. für uns macht. Dann kam es zur ›Stadtwerke-Affäre‹ mit einem Schaden von etwa 600.000 Euro, wie ein Gutachter meinte. Dazu jetzt die Auseinandersetzung mit einem Unternehmen um 1,1 Millionen Euro. Wozu haben wir die Kontrollfirma, die mit den Gebühren der Wolfsberger bezahlt wird?«

Die nächste Gebührenerhöhung

Am 1. Jänner 2019 habe es die letzte Gebührenerhöhung gegeben, damit standen den Stadtwerken 1,4 Millionen Euro mehr zur Verfügung. »Trotzdem beträgt der Abgang 1,7 Millionen Euro«, so Trettenbrein, der sagt, dass im Herbst 2021 die Gebühren abermals um 25 Prozent erhöht werden sollen. Seine Forderungen: Der Vertrag mit der Kontrollfirma sei sofort zu kündigen. Dazu müssten die Stadtwerke ihre Schadenersatzklage, die sich derzeit nur gegen die beiden entlassenen Mitarbeiter richtet, auf die Kontrollfirma ausweiten. »Sie ist hauptverantwortlich für die Affäre, da sie mit der Kontrolle und Bauaufsicht bei jenen Projekten betraut war, wegen der jetzt prozessiert wird«, so der Beirat. Außerdem seien die Stadtwerke, die in ihrer derzeitigen rechtlichen Form der Stadt keinerlei Vorteile mehr bringen, wieder in die Gemeinde rückzuführen: »Nicht zuletzt auch deshalb, weil wir ein Führungsproblem bei den Stadtwerken haben, in der Geschäftsführung und bei den Abteilungsleitern.«

Und weil der Wahlkampf vor der Türe steht, schießt sich Trettenbrein auch auf die SPÖ ein: »Sie kann nur das Geld anderer Leute ausgeben. Und wenn der neue Bürgermeister Hannes Primus sagt, er wolle den Weg von Hans-Peter Schlagholz weitergehen, ist das eine gefährliche Drohung. Primus trug alle Gebührenerhöhungen mit, auch den Vertrag für den früheren Geschäftsführer Dieter Rabensteiner und die Bestellung des neuen Leiters des Wasserwerks.«

»Was Trettenbrein von sich gibt, macht mich sprachlos. Ausgerechnet von dieser Partei ...«
Hannes Primus
designierter Bürgermeister

Primus (SPÖ) sagt: »Die Bestellung des Leiters des Wasserwerks war keineswegs parteipolitisch motiviert, der Mann ist sogar überqualifiziert für die Aufgabe. Auch Rabensteiners Vertrag ist gerechtfertigt, hat er doch langjährige Erfahrung  mit Projekten und leistete früher und jetzt gute Arbeit.« Die Rückführung der Stadtwerke in die Gemeinde lehnt Primus ebenso ab wie Bürgermeister Schlagholz (siehe Interview Seite 3) und meint: »Trettenbrein war bei allen Gesprächen dabei, die Rückführung steht jetzt nicht zur Diskussion.« Primus Nachsatz: »Was Trettenbrein von sich gibt, macht mich sprachlos. Und das gerade von einem Vertreter jener Partei, die Kärnten heruntergewirtschaftet hat ...«

Geschäftsführer antwortet

Christian Schimik, der neue Geschäftsführer der Stadtwerke, meint zu Trettenbreins Vorwurf der schlechten Führung: »Das Eigenkapital der Wolfsberger Stadtwerke betrug per 31. Dezember 2019 13,97 Millionen Euro. Das entspricht einer Eigenkapitalquote von über 43 Prozent. Der Jahresabschluss 2019 entspricht laut dem Wirtschaftsprüfer den gesetzlichen Vorschriften. Seit der Übernahme der Geschäftsführung durch mich am 1. Juni werden neben dem laufenden Tagesgeschäft die einzelnen Teilbereiche analysiert und eine Zukunftsstrategie entwickelt. Die Strategie wird mit dem Beirat, den Eigentümervertretern und den Kollegen abgestimmt und umgesetzt.« 

Zu Forderung nach Kündigung des Vertrags mit der Kontrollfirma schreibt Schimik in einem E-Mail, dass »die Leistungen von Geschäftspartnern kontinuierlich evaluiert werden. Auf Basis dieser Beurteilung werden in einem schriftlich dokumentierten internen Entscheidungsprozess Maßnahmen definiert und umgesetzt.« Das betreffe auch die Zusammenarbeit mit besagter Firma. 

 Die geforderte Schadenersatzklage kommentiert Schimik mit dem Hinweis auf laufende Verfahren nicht, zur Rückführung der Stadtwerke in die Gemeinde meint er: »Das ist eine Fragestellung, die der Eigentümersphäre (Anm.: also der Wolfsberger Politik) zuzuordnen ist.« Er sei aber zuversichtlich, »die Stadtwerke zukünftig positiv weiterzuentwickeln«.

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