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Wolfsberg, Los Angeles. Der Lavanttaler Christian Pichler war noch keine zehn Jahre alt, als er in der dritten Klasse Volksschule seine erste Geschichte zu Papier brachte. Bereits in diesem Alter war für Pichler klar, dass er eines Tages in Hollywood Filme machen möchte. Bereits 1996 trat Pichler, der damals ein begeisterter Bodybuilder war, mit Arnold Schwarzenegger in Kontakt. Möglich gemacht hat es Schwarzeneggers ehemaliger Personal Coach in Graz, mit dem Pichler trainierte. Nach der Matura an der HAK Wolfsberg und dem Wehrdienst kaufte sich der damals 20-Jährige, nur ausgestattet mit seinem Schulenglisch und einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein, ein One-Way-Ticket nach Los Angeles.
Die ersten Monate in den Staaten waren für den Lavanttaler hart, wie er im Gespräch mit den Unterkärntner Nachrichten erzählt. Erst wohnte er in einer Jugendherberge, nach einigen Monaten teilte er sich mit Freunden eine Wohnung. Um Erfahrungen im Filmbusiness zu sammeln und Kontakte zu knüpfen, klapperte er die Filmstudios ab und war ständig in verschiedenen Funktionen an Filmsets tätig. Er schleppte Kabel, tauschte Filmrollen, lernte Lichtsetzung und Kameraarbeit am American Film Institute kennen. Nach vier Monaten folgte der erste bezahlte Job als Gaffer (Anm.: Chefbeleuchter) bei einem Kurzfilm. Doch Pichler wollte mehr.
»Ich machte zahlreiche Werbefilme, kam aber nicht als Regisseur bei Kinofilmen zum Einsatz«
Christian Pichler, Filmemacher
Zu dieser Zeit hatte Schwarzenegger ein Restaurant in Los Angeles, in dem es monatlich Treffen von Filmemachern und Schauspielern gab, an denen auch Pichler immer wieder teilnahm.
Der Ruf zu »Terminator«
Und so kam es, dass im März 2002 plötzlich Pichlers Telefon klingelte und er als Regieassistent für »Terminator 3« angeheuert wurde. Plötzlich öffneten sich Türen zu großen Studios, und Pichler arbeitete an Kassenschlagern wie »Ocean’s Eleven«, »The Island« und »Terminal« als Regieassistent mit. Er lernte dabei von Hollywood-Größen wie Steven Spielberg, Sylvester Stallone, Tom Hanks oder Ewan McGregor. Doch einen Film als Regisseur zu machen, blieb ihm verwehrt.
So machte er 2005 den Sprung in die Werbeindustrie und drehte in drei Jahren rund 30 größere Werbefilme, die in Kalifornien landesweit ausgestrahlt wurden. Parallel dazu arbeitete er bei Kinofilmen wie »Rocky Balboa« als Regieassistent mit und mit Rap-Ikone Snoop Dogg bei einem Filmprojekt zusammen.
Doch 2008 folgte ein Durchhänger. »Ich kannte viele Produzenten und Schauspieler, machte zahlreiche Werbefilme, hatte einen guten Ruf als Regieassistent, kam aber nicht als Regisseur bei Kinofilmen zum Einsatz. Daher verließ ich Los Angeles und ging nach London«, erzählt Pichler.
Aber auch dort gab es für ihn lediglich Angebote aus der Werbebranche. Nach einer Auszeit in Australien und Neuseeland kehrte er 2009 nach Los Angeles zurück: Er führte eine Zeit lang einen Nachtclub in North Hollywood und begann mit dem Programmieren von Webseiten, um finanziell unabhängig zu werden, arbeitete aber nach wie vor auch bei Filmprojekten mit.
2014 zeigte Pichler mit dem von ihm gedrehten Kurzfilm »Sphinx Genesis«, dass man auch mit kleinem Budget große Ideen umsetzen kann. Doch ein Jahr später kam Pichlers Sohn Ares, 2017 Tochter Kaia zur Welt – und das veränderte auch Pichlers Ziele. »Ich wollte kein Vater sein, der ständig unterwegs ist. Mein Online-Geschäft florierte, ich hatte viele Kontakte zu Persönlichkeiten aus der Filmbranche, und so hörte ich auf, aktiv bei Filmen mitzuarbeiten. Ich habe danach Leute aus dem Filmbusiness vernetzt und beraten, war aber nicht mehr am Set tätig«, sagt der Wolfsberger.
Nach Stationen in Washington DC, Virginia und Florida kehrte der Filmemacher Ende 2019 mit seiner Familie ins Lavanttal zurück. Seit der Rückkehr schreibt er Drehbücher, vernetzt österreichische und internationale Talente und organisiert Produktionen, ohne selbst ständig am Set stehen zu müssen. Zu seinem Netzwerk zählen Autoren, Regisseure und Schauspieler aus Hollywood und England.
»Im Herbst vergangenen Jahres landete ein interessantes Projekt auf meinem Tisch, das ich nicht nur entwickeln wollte, sondern hinter das ich mich nach zehn Jahren Pause vom Filmset auch als Regisseur gestellt habe«, erzählt Pichler. Er meint den Film »Turncoat«, der kürzlich in Budapest gedreht wurde. Vor der Kamera stehen Schauspieler aus den USA, England und Ungarn.
Cannes und Filmfestivals
»Beim Film handelt es sich um einen Psycho-Thriller, die Handlung spielt in Nordkalifornien. Im Zentrum steht die Frage nach Vorurteilen: Nichts ist so, wie es scheint. Er zeigt, wie schnell wir Menschen in Schubladen stecken und dabei das Menschsein aus den Augen verlieren«, erklärt Pichler. Die große Premiere soll der Film im kommenden Jahr feiern.
»Es gibt mittlerweile bereits Angebote internationaler Vertriebe, vor allem aus den USA. Aber ich hoffe, dass wir zuerst die internationalen Festivals bespielen können. Momentan sind wir für das Toronto Film Festival, die Berlinale und für Cannes 2026 gemeldet«, sagt Pichler.
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