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Der US-Präsident Donald Trump droht der EU mit hohen Zöllen, ändert aber gefühlt stündlich seine Meinung. Welche Auswirkungen hat diese unsichere Lage auf die Lavanttaler Wirtschaft?
Es hat natürlich Auswirkungen, nicht nur auf die Lavanttaler Wirtschaft, auch auf Österreich und weltweit. Die Zollpolitik verteuert europäische Produkte am amerikanischen Markt. Das bewirkt eine Zurückhaltung bei den Käufern in den USA. Problematisch sind auch die Zusatzzölle, etwa bei Aluminium. Das ist so kompliziert, dass der US-Import nicht abschätzen kann, wie hoch der finale Preis ist. Das bewirkt Unsicherheit, und Unsicherheit ist toxisch für den Handel.
Aber: Wenn die EU-Zölle geringer ausfallen als die für China, könnte es auch sein, dass europäische Produkte in den USA billiger sind als chinesische. Dann würden wir profitieren. Aber das wird sich erst weisen. Derzeit herrscht Unsicherheit pur, das ist Gift für die Wirtschaft.
Die Auswirkungen auf das Lavanttal?
Da fehlt uns die Datengrundlage, konkrete Zahlen lassen sich nicht nennen. Aber dass es Auswirkungen hat, steht fest.
Ist das US-Geschäft für das Lavanttal von Bedeutung?
Die USA steht für die Kärntner Wirtschaft auf Platz sechs und ist damit wichtiger als die Schweiz. Alle exportierenden Branchen sind betroffen.
Hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine konkrete Auswirkungen auf die Lavanttaler Wirtschaft?
Die EU hat deswegen umfassende Export- und Importverbote verhängt, Geschäftsbeziehungen wurden gekappt, auch Rohstoffe sind betroffen. Diese Maßnahmen betrafen sämtliche Branchen. Für viele Betriebe lag die Herausforderung darin, flexibel zu agieren und neue Beschaffungswege sowie Vertriebskanäle zu finden – auch im Lavanttal.
Ist das den Lavanttaler Unternehmen gelungen?
Es musste sein – wenn auch mit gestiegenem Aufwand, was sich auf die Kosten auswirkt.
Österreich befindet sich in einer Rezession, es wird zwar vorsichtig von einem Aufschwung gesprochen, doch zu spüren ist er noch nicht. Wie ist die Lage der Lavanttaler Betriebe?
Die Konjunktur befindet sich in einer schwierigen Phase. Wir haben weiter hohe Energie- und Rohstoffpreise, sinkende Exportnachfrage, gestiegene Finanzierungskosten und geopolitische Unsicherheiten. Wir haben Lavanttaler Unternehmen, die weltweit exportieren. Die sind davon stark betroffen.
Wie geht es diesen Betrieben?
Es gibt Nischenbetriebe, bei denen die Lage stabil ist. Andere müssen sich auf interne Effizienzsteigerung konzentrieren, auf Kostenkontrolle und strategische Anpassungen. Aber die Lavanttaler Betriebe finden einen Weg, der Bezirk Wolfsberg ist nicht umsonst führend beim Brutto-Median-Einkommen in Kärnten, wir haben eine gute Unternehmensmischung, wir stehen gut da.
Wie ließe sich dem Negativtrend entgegenwirken?
Stärkung des Standorts, bessere Infrastruktur, schnellere Genehmigungen, aktivere Standortvermarktung – österreichweit, aber auch im Lavanttal. Das wird überall benötigt, damit die Wirtschaft arbeiten kann, braucht es einen guten Standort, einen guten Wirtschafts- und Lebensraum. Damit die Menschen sagen, hier bleibe ich, hier möchte ich leben und arbeiten. Dazu braucht es gute Infrastruktur, etwa Breitband, rasche Genehmigungsverfahren und Fachkräfte.
In den vergangenen Jahren suchten die Lavanttaler Betriebe dringend nach Fachkräften. Hat sich dieses Problem gelöst?
Nein, es besteht noch immer. Fachkräfte werden weiter gesucht. Wir haben zwei Themen: der demografische Wandel, immer weniger Jugendliche, und Fachkräfte, etwa in den Bereichen Technik und Handwerk.
Im Dezember ist die Koralmbahn fertig. Wird im Lavanttal genug getan, um darauf vorbereitet zu sein? Der Technologiepark in St. Paul ist noch immer im Projektstadium.
Genug wird nie getan, es geht immer mehr. Wir sind alle gefordert, dabei mitzuwirken. Man muss über den eigenen Tellerrand hinausschauen, man muss Kräfte bündeln und eine klare Zielsetzung haben. Man muss die Aufgaben gemeinsam abarbeiten. Der Technologiepark St. Paul ist für die Region ganz wichtig – wir werden ihn bekommen. Es könnte immer mehr und schneller sein, wichtig ist aber, dass wir gemeinsam etwas tun und uns dafür zusammenschließen. Denn wenn wir uns zersplittern, werden wir nichts zusammenbringen.
Im Dezember fährt die Bahn. Wäre es nicht besser gewesen, dann wäre das erste Gebäude im Technologiepark bereits bezugsfertig gewesen?
Wäre schön. Aber: Erst war die Autobahn A2 da, danach kamen die Betriebe. Es hat sich entwickelt. Und so wird es auch bei der Koralmbahn, es wird sich auch hier etwas entwickeln, und es wird ausstrahlen auf die ganze Region – die aber eingebunden werden muss, infrastrukturell. Man muss die Aufgaben in Ruhe lösen. Wenn am Ende des Tages das Ziel erreicht wird, ist das okay.
Hermes Schleifmittel in Bad St. Leonhard ist in den Medien, das deutsche Mutterunternehmen meldete Insolvenz an. Ist das ein Warnsignal für die Lavanttaler Wirtschaft?
So sehe ich das nicht. Der Geschäftsbetrieb in Bad St. Leonhard soll weitergehen, die Auftragsbücher sind voll. Dass das ein Warnsignal für das Lavanttal wäre, lässt sich aber pauschal nicht beantworten. Wir haben andere Unternehmen mit internationalen Verflechtungen im Bezirk, die boomen. Ich hoffe, Hermes Schleifmittel bleibt ein Einzelfall, der gut gelöst wird. Ich hoffe auch, dass es weitergeht.
Wie sehen die wirtschaftlichen Prognosen der kommenden fünf Jahre für das Lavanttal aus?
Vielversprechend. Die Baubranche beginnt sich zu erholen, auch bei der Holzindustrie sieht es nicht schlecht aus. Und entscheidende Faktoren sind die Fertigstellung der Koralmbahn und deren Auswirkungen in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Wir sind im Herzen der Area Süd, wir haben einen attraktiven Wirtschafts- und Lebensraum. Was fehlt, sind Fachkräfte, Mitarbeiter, die zu uns kommen. Im Tal haben wir die niedrigsten Arbeitslosenzahlen. Wenn wir es schaffen, dass Menschen zu uns kommen, hier leben und arbeiten, wird es passen. Die Chance Koralmbahn müssen wir nutzen, wir müssen dranbleiben.
Sie sind Unternehmer, Obmann der Wirtschaftskammer-Bezirksstelle Wolfsberg und nun auch Leiter der Wirtschaftsombuds-stelle. Wie lassen sich alle diese Aufgaben bewältigen?
Mit einem guten Umfeld, mit der Familie. Wir sind ein Familienbetrieb in dritter Generation. Meine Tochter Kathrin Oswald ist bereits Geschäftsführerin, sie ist eine große Unterstützung. Das operative Geschäft wird von ihr aufgefangen, so kann ich mich für anderes freispielen.
// Zur Person
Gerhard Oswald wurde am 7. Feber 1965 in Wolfsberg geboren und lebt in St. Andrä. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er absolvierte ein Doktoratsstudium an der TU-Graz im Bereich Verfahrenstechnik sowie weitere akademische Ausbildungen. Er ist Chef der Oswald GmbH und Landesinnungsmeister der Sanitär- Heizungs- und Lüftungstechniker, Wirtschaftskammerobmann in Wolfsberg sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Kärnten und der Raiffeisenbank Mittleres Lavanttal.
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