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St. Paul. Mit einem an das Wasserbacherhaus in St. Paul gerichteten Schreiben, das er an Medien, Politiker und mehrere Personen verschickte, machte der Architekt Josef Klingbacher auf den Fall aufmerksam: Er befürchtet nicht nur den Abriss des Gebäudes im Zentrum der Marktgemeinde, sondern auch eine klaffende Baulücke, die dadurch entstehen würde. Während sich Bürgermeister Stefan Salzmann (SPÖ) nur zurückhaltend äußert, widerspricht Miteigentümer Chris Stempfer den Darstellungen Klingbachers energisch.
Unter dem Titel »Mein persönlicher Abschied vom Wasserbacherhaus« schrieb der St. Pauler Architekt: »Du warst ein stolzes bürgerliches Geschäftshaus mit einem gutgeführten Schreibwarengeschäft. Ehemals! Nunmehr gefühlte 40 Jahre leerstehend. Nun naht dein Ende, du, das Wasserbacherhaus solltest (sic) abgebrochen werden.« Es habe viele Bemühungen gegeben, das Gebäude zu erhalten, »doch eine unmögliche Eigentümerstruktur und eine völlig überforderte Baubehörde ... hat zu diesem Punkt geführt«. Dann fragt Klingbacher das Wasserbacherhaus, ob an »deiner Stelle wirklich etwas Neues« entstehen werde? »Oder ist eher an eine Parkplatznutzung gedacht? Du stimmst mir doch zu, dass im letzteren Falle dein Abbruch den Tatbestand der Ortszerstörung mit amtlicher Genehmigung darstellt?« Mit dem Abriss »wird sich das Ortsbild von St. Paul gewaltig und unwiederbringlich verändern«, was ihn betroffen mache. Schließlich heißt es im Brief: »Es tut mir ausgesprochen leid, dass mein Kampf für dich wirkungslos war, vielleicht war dieser Kampf auch zu wenig energisch«, wofür der Architekt das Haus um Verzeihung bittet.
»Ich glaube nicht, dass die Bausubstanz des Hauses für die Erhaltung zu schlecht ist«
Josef Klingbacher, Architekt
Zu den Unterkärntner Nachrichten sagte Klingbacher: »Ich habe öfters in der Gemeinde darauf aufmerksam gemacht, dass mit dem Haus etwas geschehen muss. Ich glaube nicht, dass die Bausubstanz für die Erhaltung zu schlecht ist. Es ist für die geschlossene Bebauung in St. Paul sehr wichtig. Jeder fährt nach Italien, weil es dort so schöne Architektur gibt – und bei uns ist alles wurscht.« Prinzipiell ist der Architekt nicht gegen einen Neubau, »ich will dort aber keinen Parkplatz haben, es soll keine Lücke entstehen«. Sein Resümee: »Die Ortszerstörung schreitet in St. Paul voran.«
Der Eigentümer kontert
»Ein Parkplatz kommt sicher nicht«, sagte Chris Stempfer, Gesellschafter der S&C Stempfer Holding GmbH, der das Wasserbacherhaus gehört. Und: »Wir haben alles versucht, um es zu erhalten. Die Baustruktur und der Untergrund sind aber so schlecht, dass es abgerissen werden muss. Das geht aus dem Gutachten eines Statikers hervor.« Die Kosten der Erhaltung wären »extrem hoch und wirtschaftlich nicht tragbar«, so Stempfer in der Vorwoche. Da am Dienstag, 17. September, die Bauverhandlung für die Errichtung eines neuen Hauses angesetzt war, wollte er sich zu den Details der Pläne nicht detailliert äußern. Stempfer sagte nur so viel: »Geplant ist ein Neubau mit unterschiedlicher Nutzung, Verkaufsflächen, Wohnungen, eventuell eine Praxis.« Die Frage, wie lange eine Baulücke nach dem Abriss des Wasserbacherhauses zu sehen sein werde, konnte er nicht beantworten. Aber: »Jetzt ist Gefahr in Verzug. Die Fassade hat Risse, teilweise hängt sie herab, es sind bereits Teil zu Boden gefallen.«
»Man kennt sich«
Über Klingbachers Schreiben ist Stempfer nicht erfreut: »Ich glaube nicht, dass es ihm zusteht, über das Eigentum anderer so zu reden. Er hätte das Haus auch selbst kaufen können. Ich finde es traurig, denn man kennt sich. Er schrieb, ohne sich die Zeit zu nehmen, vorher mit den Eigentümern zu sprechen.«
Bürgermeister Salzmann teilte via E-Mail mit: »Aus rechtlichen Gründen darf ich Ihnen keine Informationen zu einem laufenden Verfahren geben, da dieses nur den Parteien im baubehördlichen Bewilligungsverfahren gemäß Allgemeinem Verwaltungsverfahrensgesetz zusteht.« Er half aber – nach Rücksprache mit Stempfer – mit dessen Kontaktdaten weiter.
Zu Klingbachers Vorwürfen bezüglich des St. Pauler Ortsbilds meinte Salzmann grundsätzlich: »Als Absolvent des ersten Lehrgangs für Baukultur, Raumplanung und Ortsentwicklung des Landes Kärnten ist mir die Baukultur und der Bodenschutz ein besonders großes Anliegen.« Um die Bevölkerung zu sensibilisieren, habe er die Wanderausstellung »Boden g‘scheid nutzen« des Vereins »Landluft« nach St. Paul gebracht, »und mit den Masterstudenten für Raumplanung der TU Graz frische Ideen in unsere Marktgemeinde geholt«.
»Die Baustruktur und der Untergrund sind so schlecht, dass es abgerissen werden muss«
Chris Stempfer, Miteigentümer des Hauses
Weiters schrieb Salzmann: »Wo es möglich und machbar ist, sind wir bestrebt, wertvolle Architektur zu erhalten. Dazu nutzen wir unsere Kontakte zu Land, Bund und diversen Förderstellen.« Die (Bau-)Physik lasse in einigen Fällen jedoch nicht mit sich verhandeln, es sei nicht in jedem Fall möglich, alte Bausubstanz zu erhalten. Der Bürgermeister: »Die Vision von St. Paul als ›Schönsten Vorort von Graz und Klagenfurt‹ ist auch in der Gemeindepolitik der große Konsens und ein parteiübergreifendes Ziel.«
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