Artikel
St. Andrä. In seiner jüngsten Sitzung am 29. November, lehnten ÖVP, FPÖ und Team Kärnten die Weiterführung des Projekts Pflegenahversorgung in St. Andrä ab (wir berichteten). Das sorgte für viel Verstimmung bei der St. Andräer Bevölkerung. Nun rückten die beiden Freiheitlichen, Nationalrat Christian Ragger und der St. Andräer Stadtrat Jürgen Ozwirk, aus, um ihre Gründe für die Ablehnung darzulegen.
Ozwirk meint: »Die Gemeinde hat bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Dazu gehören die Schulerhaltung, die Infrastruktur wie Straßen, Wasser und Kanal. Aber ein Pflegekoordinator ist sicher keine Aufgabe der Gemeinde, sondern eine freiwillige Leistung.« Und aufgrund der aktuellen finanziellen Situation der Stadt St. Andrä solle man nicht über freiwillige Leistungen sprechen. »Wir haben ja noch immer keinen Rechnungsabschluss für das Jahr 2022«, so Ozwirk.
»Ein Pflegekoordinator ist sicher keine Aufgabe der Gemeinde«
Jürgen Ozwirk, Stadtrat (FPÖ)
Mit schweren Geschützen fährt FPÖ-Nationalrat Christian Ragger auf: »Wir hatten bis 2013 das Pflege- und Gesundheitsservice, das die Aufgaben der Pflegekoordinatoren hatte, aber auf Bezirksebene. Das wurde seinerzeit von der SPÖ abgeschafft. Ich frage mich, warum ein gutes und kostengünstiges System abgeschafft wurde? Jetzt gibt es im Bezirk drei oder vier Pflegekoordinatoren bzw. Community-Nurses, und jeder davon macht ja nur die Koordination für die Gemeinde.«
Anders sieht es die zuständige Landesrätin Beate Prettner (SPÖ): »Es ist nicht nachvollziehbar und beschämend. Kärnten war das erste Bundesland, das dieses Pflege-vor-Ort-Projekt im Jahr 2019 gestartet hat. 2022 hat der Bund nachgezogen – unter dem Namen Community Nursing. Es ist schlichtweg unverständlich, ein derart sinnvolles Projekt zu einem Politikum zu machen und es ›abzudrehen‹.«
»Schildbürgerhaft«
Laut Ragger hingegen müsse man den gesamten Bezirk betrachten und die Koordination über die Bezirkshauptmannschaft erfolgen: »Das jetzige System ist einfach schildbürgerhaft. Man kann nicht nur eine einzelne Kommune betrachten. Das ist Stumpfsinn pur. Die Pflegekoordinatorin macht ja nur die Koordination der Gemeinde. Ich muss den gesamten Bezirk betrachten.« Prettner erklärt hingegen, dass es in jeder Bezirkshauptmannschaft sehr wohl Gesundheits- und Pflegeservicestellen (GPS) gibt. Sie sagt: »Mit der Pflegenahversorgung sind wir aber viel näher am Menschen, nämlich in der Gemeinde. Nicht der Betroffene sucht eine Anlaufstelle in der Bezirksstadt auf, sondern die Anlaufstelle, konkret der Pflege-Nahversorger, ist ein verlässlicher Partner in der Gemeinde.«
»Es ist schlichtweg unverständlich, ein derart sinnvolles Projekt abzudrehen«
Beate Prettner, Landesrätin (SPÖ)
Nicht besonders glücklich zeigten sich nach der jüngsten Gemeinderatssitzung und dem Ende der Pflegenahversorgung auch die freiwilligen Helfer, die die Pflegekoordinatorin unterstützen und mit den älteren oder gebrechlichen Bürgern einkaufen und spazieren gingen und sie bei täglichen Aufgaben unterstützt haben.
»Ich denke, diese freiwilligen Mitarbeiter würden auch wieder mithelfen, wenn das Ganze über die Bezirkshauptmannschaft laufen würde. Die sind ja alle mit sehr viel Herzblut bei der Sache«, meint Ozwirk.
Langfristig ausfinanziert
Doch wie lange würde es finanzielle Unterstützung vom Land für die Pflegenahversorgung geben? »In St. Andrä wurde es ja offensichtlich nicht aus finanziellen, sondern aus politischen Gründen beendet«, sagt Prettner. Das Land trägt laut ihr 75 Prozent der Personal- und Infrastrukturkosten in den ersten drei Jahren. Ab dem vierten Jahr übernimmt das Land Kärnten 50 Prozent, die Finanzierung wäre Prettner jedenfalls gewährleistet. Die auf St. Andrä entfallenen Kosten hätten 2024 rund 12.000 Euro betragen.
0 Kommentare Kommentieren
Keine Kommentare gefunden!