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Polizeipilot Ottmar Karner: »Seit drei Jahren ist die Flugpolizei in Baucontainern untergebracht«Ausgabe 27 | Mittwoch, 5. Juli 2023

Der Leiter der Flugpolizei Kärnten, der Wolfsberger Ottmar Karner (59), erzählt im Interview mit den Unterkärntner Nachrichten über die Aufgaben der Einrichtung, wofür er die Lebensrettungsmedaille erhielt und die Situation der Flugpolizei am Flughafen Klagenfurt.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Michael Swersina Von Michael Swersina m.swersinano@spamunterkaerntner.at
Bild links: Ottmar Karner im Cockpit. Bild rechts: Minister Gerhard Karner überreichte Ottmar Karner die Auszeichnung für seine 30-jährige Tätigkeit als Hubschrauberpilot. KK, BMI

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Kürzlich erhielten Sie das »Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich« und wurden für Ihre 30-jährige Tätigkeit als Hubschrauberpilot bei der Flugpolizei geehrt. Wie sind Sie eigentlich zur Polizei gekommen? 
Mich hat die Polizei bzw. damals noch Gendarmerie, schon immer interessiert. Daher habe ich eine Ausbildung 1988 an der Gendarmerieschule in Krumpendorf begonnen und nach erfolgreichem Abschluss wurde ich als Inspektor zum Gendarmerieposten in Reichenfels versetzt. Die verliehene Medaille und Auszeichnungen sehe ich als hohe Wertschätzung meiner bisherigen Tätigkeiten als Polizist und Hubschraubereinsatzpilot.

Sie sind zur Flugpolizei gegangen. Wollten Sie schon immer Pilot werden? 
Das Fliegen hat mich schon von klein auf interessiert und fasziniert. Bei meinem Elternhaus war die Einflugschneise für den Flugplatz St. Marein und da sind ständig Flugzeuge darüber geflogen, das hat mich wohl geprägt. Ich habe dann mit Modellflug angefangen und mir später, durch das Spielen in einer Band, den Pilotenschein finanziert. 

Sie haben mit Flugzeugen begonnen. Welche Flugzeuge dürfen Sie fliegen?
Nach der Flugausbildung 1985 beim Kärntner Luftfahrerverband in Klagenfurt, habe ich am Flugplatz in St. Marein mit den dortigen Sportmaschinen zahlreiche Rund- und Schleppflüge durchgeführt. Derzeit bin ich noch im Besitz einer Jet-Berechtigung und habe in der Vergangenheit Flüge mit Business-Jets für private Unternehmen absolviert, zudem habe ich Isotope, das sind nuklearmedizinische Stoffe für Krebsuntersuchungen, primär nach Italien und Frankreich transportiert. 

Wann sind Sie Hubschrauberpilot beim Bundesministerium für Inneres (BMI) geworden?
1993 erfolgte nach erfolgreicher Selektion der Start zur dreieinhalbjährigen Ausbildung zum Hubschraubreinsatzpiloten bei der BMI-Hubschrauberschule der Flugpolizei in Wien-Meidling und am Flugplatz Bad Vöslau. Bis 2001 führte damals das Bundesministerium für Inneres zu den exekutivpolizeilichen Einsätzen auch Rettungs- und Ambulanzflüge durch, wo ich noch 1.700 Einsätze fliegen durfte. Aus politischen Gründen wurde dann die effiziente Flugrettung mit ihren Rettungshubschraubern Rufname »Martin« an Private abgegeben.

Wie viele Einsätze bzw. Flugstunden haben Sie bereits absolviert? 
Rund 7.500 Flugstunden mit 16.000 Landungen und mehr als 280 Seilbergungen, vorwiegend in hochalpinen unzugänglichen Bereichen bis hin zum Großglockner. Im Rahmen meiner Tätigkeit habe ich das Fluglehrerdiplom beim Verkehrsministerium erworben und werde nach wie vor bei der BMI-eigenen Hubschrauberschule eingesetzt, wo ich bis dato mehr als zwei Drittel der Piloten der Flugpolizei mitausgebildet habe. Zudem bin ich Lehrer und Flugprüfer für die Behörde, bin im Besitz einer Instrumentenflugberechtigung und nehme bei den Simulatoren bei Airbus Donauwörth, bei Lufthansa in Frankfurt und bei der Deutschen Bundespolizei in Bonn Trainings- und Checkflüge ab. Für Wartungen und Zulassungsflüge werde ich auf Grund meiner Erfahrung als Werkstattpilot geholt. Für die spezielle Ausbildung mit NVG (Nachtsichtbrille) – werde ich ebenso bei der Basis- und erweiternden Schulung eingesetzt. Im Übrigen freut es mich, dass auch die Rettungshubschrauber in Kärnten, der Christophorus C11 und der RK1 des Roten Kreuzes mit Nachtsichtbrillen nachgerüstet wurden, was für die Sicherheit der Crew im Nachtflugbetrieb zu einem unverzichtbaren professionellen Equipment gehört.

Seit 2019 sind Sie Leiter der Flugeinsatzstelle der Polizei. Was sind Ihre Aufgaben?
Ich habe die Dienst- und Fachaufsicht meiner Piloten über. Wir sind eine von sieben Einsatzstellen in Österreich und bieten als Flugeinsatzstelle primär für Kärnten und je nach Erfordernis auch österreichweit einen 24/7-Dienstbetrieb für Einsätze aller Arten mit ständiger Bereitschaft und Verfügbarkeit mit unseren Hubschraubern und meinen hoch qualifizierten Piloten an. Wir verfügen über einen Einsatz- und einen Spezialhubschrauber. Unsere Tätigkeiten sind mannigfaltig und umfassen beispielsweise die Verkehrs- und Veranstaltungsüberwachung, Suchflüge und Bergungen von abgängigen Personen, Alpineinsätze, Fahndungen nach Straftätern, Erhebungen für Gerichte und Staatsanwaltschaft, Flüge für Behörden wie z. B. Lawinenerkundungen oder Geologen des Landes Kärnten, Flüge im Rahmen des Katastrophenschutzes, Tauchertransporte für die Berufsfeuerwehr Klagenfurt, Flüge im Rahmen der EAH (Ersten allgemeinen Hilfeleistung) nach dem SPG (Sicherheitspolizeigesetz), sowie Löschflüge, Branderhebungen und alle Arten von exekutivdienstlichen Einsätzen, wie z.B. Diensthundetransport oder Beistellung von Kräften der Spezialeinheit Cobra.

Sie fliegen auch Löscheinsätze? Wie kommt es dazu?
Es deckt unser Aufgabengebiet und den gesetzlichen Auftrag im Rahmen der Ersten allgemeinen Hilfeleistung ab. Auf Grund unserer Flexibilität und unseres Know-hows können wir ohne Zeitverzögerung nach Anforderung durch die Landesalarm- und Warnzentrale zum Einsatzort abrücken und mit den Löscharbeiten beginnen, ein Beiziehen der BMI-Hubschrauber der Nachbardienststellen ist im Bedarfsfall auch kurzfristig sichergestellt. Bis die Hubschrauber des Bundesheeres aus Aigen, Linz oder Langenlebarn einfliegen und uns unterstützen, kann schon einige Zeit systembedingt vergehen.

Wie viele Mitarbeiter unterstehen Ihnen?
Mir unterstehen sechs Einsatzpiloten, darunter seit kurzem auch eine Jungpilotin, die gerade einen großartigen Einsatz bei einer Suchaktion absolvierte. Sie konnte zwei Kinder, die sich in einem dichten Waldgebiet in Raum Mittlern verirrt hatten, auffinden und die Bodenkräfte zu ihnen zuweisen. Dazu kommen zehn FLIR- und FLIGHT-Operatoren, also das sind Flugretter/Polizisten die mit ihrer hohen Qualifikation als Polizeibergführer, von der Landpolizeidirektion Kärnten uns als Fach- und Aufgabenspezialisten zugeteilt werden. Sie sind als Unterstützung für den Piloten im Cockpit, der äußeren Sicherheit beim Hubschrauber bei Start- und Landung, für Seilbergungen und für die Bedienung der taktische Zusatzausrüstung an Bord, wie Wärmebildkamera usw. zuständig.

Als der Flughafen in Klagenfurt an Lilihill verkauft wurde, wurde Ihr Hangar geschliffen. Wo ist die Flugpolizei stationiert?
Seit fast drei Jahren sind wir in einer Notunterkunft in Baucontainern am Flughafengelände untergebracht. Die Hubschrauber stehen im angrenzenden Militärhangar, wo nur selten ein Militärhubschrauber stationiert ist. Der versprochene Neubau lässt auf sich warten. Es ist zu hoffen, dass sich schlussendlich die Politik rasch entscheidet einen neue Flugeinsatzstelle zu errichten, zumal die Flugpolizei als verlässlicher Partner seit mehr als 65 Jahren für das Land Kärnten und mit allen Blaulichtorganisationen hervorragend, unverzichtbar zusammenarbeitet. Unter den derzeitigen Unterkunftsvoraussetzungen ist ein Tag/Nacht-Dienstbetrieb sehr erschwerend und funktioniert nur noch auf Grund der hohen Motivation aller Mitarbeiter. Insbesondere bei Katastropheneinsätzen aller Art sind unsere flexibel einsetzbaren Hubschrauber für die Kärntner Bevölkerung ein unverzichtbares Einsatzmittel, damit die Einsatzleitungen sofort einen brauchbaren Überblick über das Ausmaß der Katastrophe für weitere Maßnahmen erhalten. 

Wie viele Einsätze gibt es pro Jahr? 
Wir kommen auf rund 700 Einsätze pro Jahr und helfen auch bei großen Veranstaltungen wie Formel 1 oder Moto GP in Zeltweg, Ö-Radrundfahrt etc. aus. Voriges Jahr konnten wir auch kurzfristig nach EU-Anforderung grenzübergreifend die slowenischen Kollegen bei den großen Waldbränden unterstützen und mehr als 200.000 Liter Löschwasser abwerfen. Auch bei FRONTEX-Einsätzen im Donaudelta und Griechenland haben wir mitgewirkt. Schlussendlich ist es unsere Aufgabe, gerade in außergewöhnlichen Situationen unseren Auftrag für die Bevölkerung verlässlich und professionell zu erfüllen und einen uneingeschränktem Einsatzbetrieb für die Sicherheit der Kärntnerinnen und Kärntner anzubieten.

Was waren Ihre spektakulärsten Einsätze?
Da gibt es sehr viele, aber im Jahr 1998 war ich diensthabender Pilot des Rettungshubschraubers Martin 5 bei der damals längsten Seilbergung. Das war am Radsberg bei Klagenfurt. Ein Mädchen war in eine Schlucht gestürzt und eine Bergung auf konventionelle Weise war nicht möglich. Wir wurden um Unterstützung von der LAWZ angefordert. Es gab damals kein Seil, das lang genug war. Also haben wir alle Seile, die wir hatten, zusammengehängt und kamen so auf eine Länge von mehr als 75 Meter und konnten so das Mädchen durch Einfliegen – unter Einhaltung aller Sicherheitskriterien und höchster Konzentration – in eine enge Schlucht bergen. Das schwer verletze Mädchen flog ich nach der Bergung direkt ins Klinikum Klagenfurt wo sie überlebte. Es gab ein enormes Medieninteresse im In- und Ausland. Ich und mein Flugretter erhielten die »Lebensrettungsmedaille am roten Band« als Bundesauszeichnung und ebenso überreichte uns der damalige Landeshauptmann eine Lebensrettungsmedaille. Der Einsatz wurde für das TV-Format »Notruf« im ORF und RTL verfilmt.

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