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Franz Bachhiesl über Christine Lavant: »Ich traf sie regelmäßig auf meinem Schulweg in St. Stefan« Ausgabe 23 | Mittwoch, 7. Juni 2023

Franz Bachhiesl (74) , Präsident der Christine Lavant Gesellschaft, spricht über ihren 50. Todestag, seine persönlichen Erinnerungen an die Lavanttaler Schriftstellerin, überstandene Hackerangriffe und wie es mit der Gesellschaft in Zukunft weitergehen soll.

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Am 7. Juni jährt sich  der Todestag von Christine Lavant zum 50. Mal (siehe auch Seite 16). Was hat die Christine Lavant Gesellschaft anlässlich dieses Tags geplant? 
Es wird am Freitag, 16. Juni, um 19 Uhr im Wolfsberger Rathaus eine große Festveranstaltung geben. Der Literaturwissenschaftler Klaus Amann wird eine kurze Einführung halten, danach gibt es eine Lesung von Werken von Christine Lavant von Gerti Drassl. Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung von der Sopranistin Monica Theiss-Eröd, Bariton Adrian Eröd, Christoph Traxler am Klavier und Andrea Traxler am Cello. Solche Musiker bekommt man im Lavanttal normalerweise nicht zu hören, und eine Eintrittskarte für eine so hochkarätig besetzte Veranstaltung kostet normalerweise 100 Euro und mehr.

Die Christine Lavant Gesellschaft hat aber auch eine soziale Aufgabe, und daher haben wir den Preis mit 25 Euro bzw. 20 Euro für Mitglieder festgelegt, damit auch Menschen, denen es finanziell nicht so gut geht, in den Genuss dieser Veranstaltung kommen können.

Sind heuer noch weitere Veranstaltungen geplant?
Ja, am 8. September gibt es eine Christine Lavant-Lesung mit Musik im Arkadenhof der Domkirche in St. Andrä. Martina Graf wird rezitieren, musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung von »Stippich & Stippich«. Und am 7. Dezember laden wir noch zu einer Lesung mit Max Müller und Harfenmusik von Elisabeth Daxer.

Wie werden die Veranstaltungen der Christine Lavant Gesellschaft  angenommen?
Eigentlich sehr gut. Seit ich das Amt des Präsidenten übernommen haben, hatten wir bei den Veranstaltungen rund 6.000 Besucher. Im Großen und Ganzen sind wir sehr zufrieden. Für Hochkultur sind Wolfsberg und das Lavanttal natürlich ein schwieriges Pflaster. Daher finde ich, dass unsere Besucherzahlen schon sehr gut sind.

Was fasziniert Sie persönlich an Christine Lavant?
Zum einen haben wir den gleichen Heimatort. Sie kommt aus St. Stefan und ich stamme aus Magersdorf, was ja auch zu St. Stefan gehört. Außerdem bin ich ja auch irgendwie ein Zeitzeuge: Ich habe Christine Lavant persönlich gekannt.

 Und zweitens: Ich bin studierter Ingenieur. Ich habe aber im letzten Jahr vor meiner Pensionierung in Klagenfurt Germanistik inskribiert, und während des Studiums wurde meine Neugierde auf Christine Lavant geweckt. Ich habe auch an der Universität einige Arbeiten über sie geschrieben. Meine Bakkalaureatsarbeit habe ich über Lavants Lyrik verfasst, meine Magisterarbeit beschäftigte sich mit der Prosa von Christine Lavant.

Welche Erinnerungen haben Sie an Christine Lavant?
Ich bin ihr auf meinem Schulweg in St. Stefan öfters begegnet. Sie war immer schwarz gekleidet, trug ein Kopftuch und hatte eine Zigarette in der Hand. So ist sie durch den Ort gehuscht. Aber sie war durch ihr Äußeres und ihr Auftreten das Gespött der Schulkinder. Niemand hat sie seinerzeit als Schriftstellerin wahrgenommen, sondern eher als eine unheimliche Person.

St. Stefan war damals eine Gegend mit Bergbau und Landwirtschaft und aus beiden Bereichen wurde sie ausgegrenzt, sie wurde geächtet und bespuckt. 

»Sie war immer schwarz bekleidet, trug ein Kopftuch und hatte eine Zigarette in der Hand«
Franz Bachhiesl über seine Erinnerung an Lavant

1994 wurde die Christine Lavant Gesellschaft (CLG) von Hanns Lintschnig gegründet. Waren Sie Gründungsmitglied?
Nein, das bin ich nicht. Aber ich habe im Laufe der Zeit immer wieder Veranstaltungen der Gesellschaft besucht. Leider sind diese immer weniger geworden.

Sie haben 2014 das Amt des Präsidenten von CLG-Gründer Lintschnig übernommen. Wie ist es dazu gekommen? 
Mein Interesse an Christine Lavant und meine Arbeiten an der Universität sind nicht verborgen geblieben. Und als Hanns Lintschnig in Pension gegangen ist und kürzer treten wollte, hat man mich gefragt, ob ich nicht das Amt des Präsidenten übernehmen möchte. Ich hatte zuerst Bedenken, sah dann aber, dass sich dadurch die Gelegenheit bot, mein Wissen, das ich mir im Studium angeeignet hatte, umzusetzen.

Es war für mich natürlich schon ein Paradigmenwechsel: Wenn man aus der Technik kommt und dort jahrzehntelang gearbeitet hat – und plötzlich zu einem Kulturverein geht. Wenn man jahrzehntelang im Management in Technikunternehmen tätig ist, ist man etwas anderes gewohnt. Da herrscht ein anderer Ton als in der Kultur. Mein Vorteil war, dass ich dabei gelernt hatte, zielorientiert zu arbeiten. Die letzten Jahre, bevor ich die Christine Lavant Gesellschaft  übernahm, waren eher von einem Laissez-faire-Stil geprägt. Es ging nicht mehr viel weiter. 

Warum heißt es eigentlich Präsident der Gesellschaft und nicht Obmann? 
Wir haben das Wort Präsident statt Obmann bewusst gewählt, da wir mit der Christine Lavant Gesellschaft auch im Ausland unterwegs sind, und dort ist ein Obmann bei Vereinen nicht so gebräuchlich. 

Was ist das Ziel der Christine Lavant Gesellschaft?
Die Intention war von Anfang an,  die Person Christine Lavant und ihr literarisches Werk bekannt zu machen. Das geschieht mit verschiedenen Veranstaltungen wie Lesungen, szenischen Darstellungen, Buchpräsentationen, Theateraufführungen uvm.

Ganz wichtig ist uns, die Christine Lavant Gesellschaft über die Bezirksgrenzen hinaus bekannt zu machen. In Wolfsberg bzw. dem Lavanttal kennt man uns, aber darüber hinaus wollen wir noch bekannter werden. Wir fahren zum Beispiel einmal im Jahr nach Kroatien und konnten sogar dort schon Mitglieder werben. Immer nur Veranstaltungen in der Heimat, also in Wolfsberg und St. Stefan – das läuft sich tot. Wir wollen im Alpe-Adria-Raum auf die große Lavanttaler Dichterin aufmerksam machen.

Nächstes Jahr feiern Sie Ihr Zehn-Jahres-Jubiläum als Präsident. Wie lange werden Sie die Funktion des Präsidenten noch ausüben?
Wir, also der Vorstand und ich,  werden uns nach einem geeigneten Nachfolger oder Nachfolgerin  umsehen. Die Ansprüche sind aber natürlich schon sehr hoch. Die Person sollte ein umfangreiches Wissen über Christine Lavant und ihr Schaffen mitbringen. Ich kann mir vorstellen, dass ich dann meinen Nachfolger mit Rat und Tat unterstütze oder als eine Art wissenschaftlicher Beirat weitermache. Ich werde mich aber auf keinen Fall aufdrängen. 

Das kommende Jahr werde ich noch beginnen und dann alles geordnet auslaufen lassen.

Ist das Überleben der Gesellschaft mit ihrem Rücktritt in Gefahr?
Nein, es gibt einige geeignete Personen, aber es gibt halt auch Prioritäten im Leben. Ich bin davon überzeugt, dass es gelingen wird, die Nachfolge zu regeln. Außerdem haben wir einen engagierten Vorstand, in dem unter anderen der jeweilige Kulturreferent der Stadtgemeinde Wolfsberg – derzeit also Vizebürgermeisterin Michaela Lientscher – sitzt. 

2022 wurde die Homepage des Vereins von Hackern angegriffen, sodass eine neue erstellt werden musste. Ist seither Ruhe?
Als ich das Amt des Präsidenten übernahm, war kein Geld in der Kassa des Vereins. Daher haben wir unsere erste Website über ein Maturaprojekt der HAK Wolfsberg erstellen lassen. Als wir finanziell gewachsen sind, haben wir uns eine Homepage von der Firma Creative mit Aaron Schüssler erstellen lassen. Die hat sehr gut gepasst, wurde dann aber von Hackern angegriffen – und die gesamte Website war weg. 

Unser Vorstandsmitglied Martina Graf und wieder die Firma Creative haben dann aber rasch eine neue Website erstellt. Seit dem Hackerangriff gab es keine Probleme. 

Im August 2022 erhielten Sie und 100.000 weitere Österreicher ein Anwaltsschreiben wegen der Verwendung von Google-Fonts auf der Website. Ist da jemals etwas herausgekommen?
Es ist zwar noch nicht hundertprozentig vom Tisch, aber da wir seither nichts mehr von diesem Anwalt gehört haben, denke ich, ist die Sache im Sand verlaufen. Man darf ja nicht vergessen, dass auch  die Wirtschaftskammer und Ärztekammer solche Briefe erhalten haben und mittlerweile die Behörden gegen den Anwalt und seine Mandantin ermitteln.

In Wien besteht seit 2015 die Internationale Christine Lavant Gesellschaft. Gibt es eine Zusammenarbeit?
Als es zur Gründung der Gesellschaft in Wien kam, sagte ich, dass ich kein Problem damit hätte, die Wolfsberger Christine Lavant Gesellschaft aufzulösen. Da gab es dann aber einen großen Aufschrei bei uns im Lavanttal, und so haben sich die beiden Christine Lavant Gesellschaften dann letztendlich darauf geeinigt, dass die Gesellschaft aus St. Stefan sich darum kümmert, Christine Lavant und ihr Schaffen  im Alpe-Adria-Raum bekannter zu machen und die Gesellschaft in Wien weiterhin den Christine Lavant Preis veranstalten wird. Der ist mit 15.000 Euro dotiert und wird einmal im Jahr im Radio-Funkhaus in Wien durchgeführt. 

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