Seit 1887 | Das unabhängige Wochenblatt für Unterkärnten

Streit ums Geld: Wolfsberg hat Millionen-Minus in der Kassa, die Sitzungsgelder bleiben aber gleich Ausgabe 51 | Mittwoch, 22. Dezember 2021

Einen Abgang von 9,58 Millionen Euro, von denen 6,8 Millionen budgetwirksam werden, sieht der Voranschlag für das Jahr 2022 vor. Als beantragt wurde, angesichts dessen die Sitzungsgelder zu reduzieren, kam es zu einer langen Diskussion – und einer Ablehnung.

E-Mail

0 Kommentare

Meist gelesen

Artikel

Wolfsberg. Geld regiert die Welt.  Ergo erstaunt es nicht, wenn es auch »das« Thema der Wolfsberger Gemeinderatssitzung am 16. Dezember war: Am heftigsten wurde über den Voranschlag 2022 und die Reduzierung des Sitzungsgelds der Mandatare diskutiert.

Der Voranschlag für das kommende Jahr sieht genauso düster aus wie 2021: Ausgaben von 82,8 Millionen Euro stehen Einnahmen von 73,6 Millionen gegenüber. Derzeit wird von einem Minus von 9,58 Millionen Euro (!) ausgegangen, tatsächlich budgetwirksam wird aber lediglich ein Abgang von 6,8 Millionen Euro.

Allerdings lebt die Hoffnung. Finanzstadtrat Christian Stückler (SPÖ): »Auch im Vorjahr hatten wir coronabedingt erst einen großen Abgang (Anm.: rund 8,2 Millionen Euro). Doch dann stellte sich die Situation wesentlich besser dar (Anm.: laut Nachtragsvoranschlag verminderte sich die Lücke auf 2,7 Millionen Euro). Möge das auch 2022 gelingen.« Stückler betonte, dass die Stadt ein »gewaltiges« Investitionsprogramm eingeplant habe,  7,3 Millionen Euro sollen ausgegeben werden, darunter 1,2 Millionen Euro für Straßensanierungen. Entsprechend optimistisch blickte der für den Straßenbau zuständige Stadtrat Josef Steinkellner (ÖVP) in die Zukunft. Sein Kollege Jürgen Jöbstl (SPÖ) erhielt 768.000 Euro für die Erneuerung von Wohnungen und kündigte die Generalsanierung der Objekte Hauptstraße 4 bis 12 in St. Stefan sowie Dr.-Arthur-Rainer-Straße 4, 6 und 8 an.

Stadträtin Isabella Theuermann  (FPÖ), deren Fraktion den Voranschlag im Ausschuss abgelehnt hatte, kündigte ihre Zustimmung an: »Das Budget hat 600 Seiten. Nachdem wir es durchgeackert haben, stimmen wir dafür. In der jetzigen Krisensituation wollen wir an einem Strang ziehen.«

Dann folgte Theuermanns großes Aber: Sie erwarte, dass im Nachtrag der für »Hilfe in besonderen Lebenslagen« reservierte Betrag von jetzt 17.000 Euro, mit dem schlechter gestellten Wolfsbergern geholfen wird, deutlich erhöht werde. Die jetzige Summe sei »beschämend«. Laut der Stadträtin würden die gestiegenen Energiepreise die Menschen »zur Verzweiflung« bringen. Und während besser Situierte von der laufenden Gutscheinaktion – beim Kauf von 100-, 200- oder 300-Euro-Bons legt die Stadt zehn Prozent drauf – profitieren, würden die, die sich das nicht leisten können, »durch den Rost fallen«, so Theuermann. Sie schlug vor, dass die Stadträte und Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) einen Teil ihrer Verfügungsmittel – für Primus sind 335.000 Euro vorgesehen – für benachteiligte Wolfsberger zur Verfügung stellen. Der Bürgermeister meinte dazu, es obliege jedem Stadtrat selbst, das zu tun.

»Es ist beschämend, wenn hier versucht wird, für sich selbst Stimmung zu machen«
Gemeinderat Armin Eberhard zu Stadträtin Isabella Theuermann

Als Theuermann mehrmals nachfragte, ob Primus bereit sei, auf einen Teil seiner Verfügungsmittel zu verzichten, handelte sie sich von ihm einen »Populismus«-Vorwurf ein. »Ich will nicht auf dem Rücken der schlechter gestellten Bürger diskutieren«, so Primus, der betonte, dass jedem Wolfsberger geholfen werde, der sich an die Stadt wende. SPÖ-Gemeinderat Armin Eberhard meinte in Richtung Theuermann: »Es ist beschämend, wenn hier versucht wird, für sich selbst populistisch Stimmung zu machen.« ÖVP-Gemeinderat Hannes-Günther Hubel setzte nach, es sei schade, wenn die Gutschein-Aktion von Theuermann schlecht gemacht werde, was die Angesprochene heftig zurückwies.

Zurück zum Budget: Primus sprach von einem »mutigen Schritt«, alle Abteilungen seien mit Einsparungen konfrontiert worden, für die Sanierungsoffensive, Investitionen und die Stärkung der Wirtschaft werde viel Geld in die Hand genommen. Letztlich wurde der Voranschlag einstimmig angenommen.

Für erhitzte Gemüter sorgte auch ein selbstständiger Antrag der Grünen. Sie schlugen angesichts der derzeit prekären finanziellen Lage eine Kürzung der Sitzungsgelder der Gemeinderäte vor. Die erhalten derzeit 220 Euro brutto pro Ausschuss- und Gemeinderatssitzung. Grüne-Mandatarin Susanne Dohr wollte diese Summe auf den gesetzlichen Mindestsatz von 171,20 Euro brutto verringern. Damit würden in der laufenden Periode 225.000 Euro eingespart. Laut Gemeinderat Michael Hirzbauer (Grüne) könnte damit das Budget für »Hilfe in besonderen Lebenslagen« verdreifacht werden.

Theuermann unterstützte den Antrag umgehend. Ihr Vorschlag: Das gesparte Geld wäre auch für die Finanzierung einer kinderärztlichen Rufbereitschaft an Wochenenden – ein Lieblingsprojekt der Stadträtin, das bereits abgelehnt wurde – bestens geeignet. Ein Stöhnen ging durch die Reihen der roten und türkisen Gemeinderäte ...

Es wird nichts daraus
Doch aus der Reduzierung des Sitzungsgeldes wird nichts, SPÖ und ÖVP waren dagegen. Gemeinderat Harry Koller (SPÖ) sagte: »Demokratie muss etwas wert sein«, der Zeitaufwand sei zu berücksichtigen. Die Sitzungsgelder seien eine Entschädigung für diesen Aufwand, »der nicht zu hoch, aber auch nicht zu niedrig bemessen ist«. Dazu wurde seinerzeit nicht der Höchstsatz von 260 Euro beschlossen, eine Inflationsbereinigung habe ebenfalls nicht stattgefunden. ÖVP-Gemeinderätin Waltraud Beranek schloss sich an: »Viele Mandatare sind berufstätig und müssen Arbeitszeit opfern, um den Ausschüssen beizuwohnen.« Das Sitzungsgeld sei eine »Anerkennung« dafür.

Auch Bürgermeister Primus war dagegen: »Unsere Leistung hat einen Wert. Wir stellen uns schlechter dar, wenn wir uns selbst Geld wegnehmen.« Obendrein würden die Mandatare mit ihrem Eigentum haften, »wenn etwas passiert«. Letztlich mussten die Grünen ihre Niederlage akzeptieren. »Ich sehe«, sagte Dohr, »dass wir keine Meter haben.« Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP abgelehnt, Grüne und FPÖ stimmten  dafür.

Hörbar stolz war Primus, als eine Förderung von 50.000 Euro für das Skigebiet Koralpe, das zuletzt von Meinungsverschiedenheiten zwischen Betreiber Dietmar Riegler und Eigentümerin Ingrid Flick gebeutelt war, einstimmig beschlossen wurde. »Wir haben ohne Medien verhandelt und unsere Hausaufgaben gemacht, jetzt wollen wir einen finanziellen Beitrag für unseren Hausberg leisten«, so Primus, der zwischen den Streitparteien vermittelt hat. Mittlerweile wird das Skigebiet von zehn Gesellschaftern betrieben. Der Appell des Bürgermeisters: »Jeder Wolfsberger kann zur Rettung beitragen – wenn er hinauf fährt und eine Karte kauft.«

0 Kommentare Kommentieren

Keine Kommentare gefunden!

Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Kommentarbereich prüfen wir alle Beiträge, bevor sie veröffentlicht werden. Ihr Kommentar erscheint, sobald er gesichtet wurde.

Bitte melden Sie sich an, um die Beiträge zu lesen oder zu kommentieren.AnmeldenHier Registrieren