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Wolfsberger Abgeordneter: »Fall Wurst wäre heute wieder möglich« – Referentin weist das zurückAusgabe 18 | Mittwoch, 4. Mai 2022

FPÖ-LAbg. Harald Trettenbrein ortet zu viel Macht in der Hand der Kärntner Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ). Er fordert auch, die Anwaltschaften sollten dem Landtag unterstellt werden. Prettner kontert, das wäre nur mit verringerten Aufgaben möglich.

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Wolfsberg, Klagenfurt. Mehrere Jahrzehnte lang konnte der Mediziner Franz Wurst (1920 – 2008) im damaligen Landeskrankenhaus Klagenfurt unbehelligt Kinder missbrauchen. Eine 1982 von einem Opfer eingebrachte Klage wurde unter den Teppich gekehrt, denn Wurst, der 2002 wegen Anstiftung zum Mord an seiner Ehefrau sowie sexuellen  Missbrauchs zu 17 Jahren Haft verurteilt wurde, hatte einflussreiche Freunde. Das Schicksal und Wohlergehen der Kinder stand für die Mächtigen an zweiter Stelle ...

Jetzt sagt der Wolfsberger Landtagsabgeordnete Harald Trettenbrein (FPÖ): »Ein Fall Wurst wäre heute wieder möglich« – zumindest theoretisch. Denn LH-Stv. Beate Prettner (SPÖ) vereint laut ihm eine Vielzahl von Funktionen in einer Person. Sie ist nicht nur Gesundheitsreferentin, sondern auch Vorsitzende des Aufsichtsrats des Spitalerhalters Kabeg sowie  Vorsitzende des Sanitätsrats und des Gesundheitsfonds. Dazu sind ihr die Patienten-, Pflege-, Kinder- und Jugend- sowie Behindertenanwaltschaft zugeordnet, außerdem die Kinder- und Jugendhilfe.

»Für alles zuständig«

Trettenbrein: »Das war auch in der Ära von SPÖ-Landeshauptmann Leopold Wagner und des damaligen Sozialreferenten Rudolf Gallob so«, als Franz Wurst ungestraft seine Triebe auslebte. Er wolle Prettner nichts unterstellen, sagt Trettenbrein, »aber sie ist für alles zuständig, auch für Ärzte und Patienten. Das ist untragbar. Prüfung und Kontrolle sind in einer Hand, ihr unterstehen die Anwaltschaften, die sich für Benachteiligte einsetzen sollen, zugleich wäre sie als Referentin für Vorkommnisse verantwortlich, die von Ärzten ausgehen könnten.«

 Er wende sich nicht gegen Prettner persönlich, betont der Landtagsabgeordnete, aber: »Niemand sollte zugleich für Aufklärung und Kontrolle zuständig sein, wenn es in seinem Interesse liegen könnte, Fälle niederzuhalten.«

Trettenbreins Forderung: »Die Kompetenzen müssen getrennt werden. Man soll die Anwaltschaften dem Landtag unterstellen, dann wären auch keine eventuellen Weisung mehr möglich.« 

Die jetzige Diskussion um die Umbenennung der Leopold-Wagner-Arena im Klagenfurter Sportpark ist für Trettenbrein ein »Placebo«: »Ich kenne drei Lavanttaler Wurst-Opfer, für die die mögliche Umbenennung eine Verhöhnung ist, da sie bei weitem nicht ausreichen würde. Sie sagen, sie können keine Gerechtigkeit mehr erfahren, solche Missbrauchsfälle dürfen sich aber nie wiederholen. Daher kann es nur eine Trennung der einzelnen Bereiche geben.«

»Unseriös, geschmacklos«

Prettner meint: »Derartige Aussagen und der implizierte Versuch, jemanden der heute tätigen Personen auch nur in die Nähe der damaligen Missbrauchsfälle zu rücken, sind unseriös, geschmacklos und mehr als entbehrlich.« Sie macht darauf aufmerksam, dass die Mitglieder des Sozialausschusses des Landtags bereits mehrmals eingeladen wurden, die Kinder- und Jugendanwaltschaft (KiJA) zu besuchen und sich über die Tätigkeiten und Schwerpunkte ein Bild zu machen. Auch in der laufenden Legislaturperiode durfte der Ausschuss in der KiJA begrüßt werden – »mit Ausnahme der FPÖ, die freiheitlichen Abgeordneten waren verhindert«, so Prettner.

Auf die Frage, welche Vorteile bzw. Nachteile sie in der Vereinigung vieler Aufgaben in einer Person sieht, meint die Gesundheitsreferentin: »Trettenbrein müsste wissen, dass alle Anwaltschaften weisungsfrei sind – sowohl gegenüber der Fachabteilung, als auch mir als zuständiger Referentin.« Zusätzlich wurde auch die räumliche Trennung der Anwaltschaften und Ombudsstellen von den jeweiligen Fachabteilungen umgesetzt: Es gebe ein eigenes »Haus der Anwaltschaften« am Völkermarkter Ring in Klagenfurt. Laut Prettner sei die Gesprächsbasis mit den Anwaltschaften »wertschätzend und transparent«.

Einer Trennung der Kompetenzen steht Prettner »offen gegenüber, sofern diese rechtlich umsetzbar und zielführend ist«. Zu Trettenbreins Forderung der Zuordnung der Anwaltschaften an den Landtag sagt sie: »Sie ist nicht neu, sie wurde bereits umfassend besprochen. Eine Zuordnung zum Landtag hätte für die Anwaltschaften weitreichende Folgen.« So habe die Verfassungsabteilung 2020 ausgeführt, die Zuordnung würde die Grenze der Verfassungsautonomie des Landes überschreiten. Brächte man die Anwaltschaften zum Landtag, wäre das nur »unter wesentlicher Reduzierung der gesetzlichen Aufgaben« möglich«.

Die wichtigste Frage – wäre ein Fall Wurst heute wieder möglich? – beantwortet Prettner so: »Nein«, da seither zahlreiche Maßnahmen gesetzt worden seien.

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