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Für das Veranstaltungszentrum fehlte plötzlich eine Million: Wirbel in Frantschach-St. Gertraud Ausgabe 26 | Mittwoch, 30. Juni 2021

Weil der Finanzierungshaushalt ein Minus aufweist, dürfen 366.000 Euro Bedarfszuweisungen nicht mehr in das Projekt fließen. Mit der Kostensteigerung von 640.000 Euro ergibt das eine glatte Million. Der Gemeinderat füllte rasch das Loch – nach heftiger Diskussion.

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Frantschach-St. Gertraud. Die bereits bestehende Baugrube im Herzen der Gemeinde ist nicht so tief wie das Finanzloch, das sich beim Bau des Veranstaltungszentrums aufgetan hat: Frantschach-St. Gertraud fehlte zuletzt rund eine Million Euro, um das Projekt bezahlen zu können. Das Minus wird jetzt mit 193.400 Euro aus dem Kommunalinvestitionspaket des Bundes und einem auf acht Jahre aufgenommenen Kredit gestopft. Wie man sich denken kann, kam es deshalb in der Sitzung des Gemeinderats am 23. Juni zu heißen Diskussionen.

»Wir haben Partner und Verpflichtungen. Wir können die Entscheidung nicht allein treffen«
Bürgermeister Günther Vallant zur Möglichkeit eines Baustopps

Dass sich der Bau des Zentrums verteuern würde, war bereits klar, als am 30. April der erste Spaten gestochen wurde (wir berichteten). Statt der ursprünglich geplanten – und ausfinanzierten – 2,5 Millionen Euro kostete das Vorhaben damals bereits 3,138.600 Euro, also um 638.600 Euro mehr. Die Ursache waren auch die aufgrund der Pandemie sprunghaft gestiegenen Materialpreise.

Ein weiterer Brocken

In der Gemeinderatssitzung gesellte sich ein weiterer Brocken dazu: Weil der Finanzierungshaushalt, der Saldo 1, im kurz zuvor von SPÖ und ÖVP beschlossenen ersten Nachtragsvoranschlag einen Abgang von 324.100 Euro aufweist, dürfen 366.000 Euro Bedarfszuweisungen nicht mehr ins Veranstaltungszentrum gesteckt werden. So will es das Gesetz. Die Verwendung ist nämlich nur erlaubt, wenn der Saldo 1 im Plus ist. Fazit: Frantschach-St. Gertraud musste plötzlich 638.600 und 366.000 Euro, also eine runde Million, auftreiben. 

Gemeindevorstand Ernst Vallant (FSGA), seit jeher ein Gegner  des Veranstaltungszentrums, betrat den Festsaal vor der Sitzung entsprechend aufrecht. Seine Haltung verriet, was er dachte: »Ich habe es euch ja gesagt.«

Nachdem die Katze aus dem Sack und die fehlende Million ausgesprochen war, legte Vallant los: »Wenn man sich das anhört, rinnt es einem kalt über den Rücken. Die Kosten steigen ins Unermessliche und wir wissen noch gar nicht, ob weitere Überraschungen warten. Im Wahlkampf hieß es, alles sei finanziert – das war nur Schall und Rauch.« Der Gemeindevorstand forderte die Erwägung eines Baustopps und setzte nach: »Trotz unserer Warnungen wurde stur am Projekt festgehalten.«

Gemeindevorstand Kurt Jöbstl (ÖVP) nannte die Kostenentwicklung »bedauerlich« und sagte: »Die 2,5 Millionen wären ohne Kredit möglich gewesen. Aber die damalige Kostenschätzung war wohl zu niedrig.« Jetzt habe man den Bau aber einmal begonnen und solle ihn auch fortführen. »0,3 Prozent Zinsen für den Kredit sind günstig. Wir müssen das jetzt machen, wir dürfen keinen Krater stehen lassen«, so Jöbstl. Und auf den Spuren von Angela Merkel meinte er: »Ich bin überzeugt, wir werden das schaffen.«

Gemeinderat Gerald Walzl (FSGA) war sich da nicht so sicher. Er attackierte Bürgermeister Günther Vallant (SPÖ) frontal: »Vor drei Wochen sagte er in seiner Funktion als Gemeindebundpräsident im Radio, die Gemeinden sollten anstehende Projekt verschieben. Aber wir müssen das jetzt auf Biegen und Brechen durchziehen? Besser wäre, wir würden warten und einige 100.000 Euro sparen.«

Die internationale Lage 

Dann ergriff der Bürgermeister, ganz Polit-Profi, das Wort. In einer minutenlangen Rede erörterte er haarklein, warum die Preise von Stahl und Holz zuletzt einen Sprung hingelegt hatten, samt Beleuchtung der internationalen Zusammenhänge. Seine offensichtliche Absicht: die Hitze aus der Diskussion zu nehmen. Schließlich: »Ja, ich habe im Radio gesagt, wo es möglich ist, sollen Gemeinden ihre Projekte stoppen – bei uns ist es aber nicht mehr möglich. Wir werden das Veranstaltungszentrum umsetzen, trotz unfreundlicher Prognosen. Wir sind eine von 121 Abgangsgemeinden in Kärnten. In 120 davon wird kein Veranstaltungszentrum gebaut – und sie sind trotzdem Abgangsgemeinden.« Bürgermeister Vallant wehrte sich auch gegen Aussagen, es werde nun eine Million Euro mehr gebraucht: »Es ist wesentlich weniger. Eine Million ist es nur wegen der Mittel, auf die wir keinen Zugriff mehr haben.«

Gemeinderat Franz Paulitsch (FPÖ) dankte Vallant – mit Ironie im Ton – für seine wirtschaftlichen Erläuterungen, ließ aber nicht locker: »Verschieben können wir den Bau trotzdem. Was machen wir, wenn es überhaupt kein Material mehr gibt? Dann haben wir auch einen Baustopp.«  Der Bürgermeister winkte ab: »Wir haben Partner und vertragliche Verpflichtungen. Wir können diese Entscheidung nicht allein treffen.« Was er meinte: Die »Knusperstube« ist beim Bau ebenfalls an Bord, sie investiert 700.000 Euro. 

Der Prophet

Das kommentierte Ernst Vallant so: »Wir können den Bau nicht stoppen, weil wir uns mit diesem Partner ins Bett gelegt haben. Davor haben wir immer gewarnt. Es wäre besser gewesen, allein zu bauen. Jetzt sind wir offensichtlich gefangen.« Und er fragte: »Die Preissteigerungen gibt es schon lange, trotzdem wurde der alte Bau abgerissen. Warum?« Der Bürgermeister: »Ich müsste ein Prophet sein. Im Herbst sah es noch ganz anders aus.«

Schließlich kam es doch noch zur Abstimmung: Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP wurde der Investitions- und Finanzierungsplan für das Veranstaltungszentrum in der Höhe von 3.138.600 Euro und die Liegenschaftseinbringung in die »Veranstaltungszentrum Frantschach-St. Gertraud KG« abgesegnet.

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