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Pater Siegfried Stattmann » Ich wünsche, dass es mir gelingt, mehr und mehr als Mensch zu reifen«Ausgabe 52 | Mittwoch, 23. Dezember 2020

Pater Siegfried Stattmann (68) im Gespräch mit den Unterkärntner Nachrichten über das Coronajahr und die Kirche, wie die Mönche im Benediktinerstift St. Paul das Weihnachtsfest begehen und wie es mit dem St. Pauler Kultursommers im nächsten Jahr weitergeht.

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Wie feiern die Mönche im Stift St. Paul das Weihnachtsfest?
Eingebunden im seelsorglichen und pastoralen Aufgabenbereich bleibt für die Mönche des Stiftes dennoch ausreichend Zeit, um auch im kleinen Kreis des Konventes Weihnachten zu feiern. Am Heiligen Abend um 17 Uhr feiern wir in feierlicher Art und Weise in unserer Chorkapelle die Weihnachtsvesper, anschließend begeben wir uns in das Refektorium, wo auch der Weihnachtsbaum steht. Wenn alle Kerzen angezündet sind, wird der Tradition nach das Martyrologium gesungen vorgetragen, das hinführt zum Geheimnis des Weihnachtsgeschehens. Es folgt das Weihnachtsevangelium und eine kurze Ansprache des Klostervorstehers, und schlussendlich singen wir in gewohnter Weise das »Stille Nacht«-Lied. Kleine weihnachtliche Aufmerksamkeiten werden als Geschenke an die Mitbrüder verteilt, als Dank und Anerkennung für geleistete Arbeiten und Tätigkeiten das ganze Jahr über, und hernach gibt es das gemeinsame Abendessen. Spätestens um 19 Uhr brechen die ersten Mitbrüder dann auf, um die ersten Weihnachtsgottesdienste an verschiedenen Orten zu feiern.

Gibt es im Stift St. Paul irgendwelche Rituale bzw. Bräuche, die rund um Weihnachten abgehalten werden?
Ja, das gibt es auch: So ist es Tradition in unserem Kloster, dass der Dekan des Stifts am Heiligen Abend um 16 Uhr mit dem Räuchern in der Sakristei beginnt und dann betend durch das ganz Haus geht – von Zimmer zu Zimmer. Und da das Stift relativ groß ist, braucht man dazu schon eine längere Zeit, spätestens um 17 Uhr zur 

Vesper ist dieses Ritual abgeschlossen. Der Duft des Weihrauchs durchströmt also das ganze Haus – und man spürt, dass da etwas Besonderes im Laufen ist.

»2020 forderte uns viel ab und ist für die Kirche zu den Festtagen eine große Herausforderung«
Siegfried Stattmann, Stiftskapitular

Die Jugendfeuerwehr bringt jedes Jahr das Friedenslicht ins Lavanttal. Hat das auch eine Bedeutung für das Stift?
Im Normalfall bringt eine Abordnung der Jugendfeuerwehr das Friedenslicht zur Kindermette um 15 Uhr in die Stiftskirche. Heuer ist durch die ganze Coronageschichte freilich alles etwas anders. Da die weihnachtlichen Gottesdienste nur reduziert gefeiert werden können, wird das Friedenslicht bereits um 14 Uhr in die Stiftskirche gebracht, und die Kinderweihnacht wird dann in mehreren kleinen und kurzen Gottesdienstfeiern hintereinander gefeiert. Ja, wir sehen das Bringen des Friedenslichts als besonderen Auftakt für das Feiern des Heiligen Abends.

Was wünschen Sie sich zu Weihnachten und wie feiern Sie persönlich dieses Fest?
Was ich mir wünsche, das lässt sich zutiefst von der Weihnachtsbotschaft ableiten. Ich bitte Gott, dass er mir helfe, das Herz für das Geheimnis der Weihnacht weit genug zu öffnen, um zu verstehen, was »Menschwerdung« bedeutet. Und ich wünsche, dass es mir gelingt, mehr und mehr als Mensch zu reifen und zu wachsen und mein Leben im christlichen Geist formen zu lassen. Ich feiere zunächst innerhalb der Klostergemeinschaft das Weihnachtsfest mit und freue mich heute schon auf die Weihnachtsmette um 19 Uhr mit den Sängern des MGV Wolfsberg in der Maria Himmelfahrtskirche in Wolfsberg.

Welche Vorschriften gibt es für die Messen rund um das Weihnachtsfest?
Ja, für die Gottesdienste in den großen Kirchen – wie auch der Stiftskirche – muss man sich zuvor anmelden. Denn die Teilnehmerzahl ist beschränkt, und da gibt es reservierte und genau zugeordnete Sitzplätze. Mund- und Nasenschutz ist überall notwendig und auch das Einhalten des entsprechenden Abstands. Das Jahr 2020 fordert uns viel ab und ist für die Kirche gerade zu den Festtagen eine große Herausforderung. Wie schon zu Ostern werden die Weihnachtsmette und der Festgottesdienst am Christtag aus der Stiftskirche St. Paul im Livestream übertragen, und so können auf andere Weise viele mitfeiern. 

Weihnachten wird immer mehr kommerzialisiert. Was sagen Sie dazu?
Das ist wohl richtig, und ich wunderte mich in den vergangenen Jahren öfters, wenn bereits im Oktober erste Weihnachtsdekorationen auftauchten und schon zum ersten Einkauf für Weihnachten eingeladen wurde. Also gerade dieses Weihnachtsfest 2020 konfrontiert uns mit einer ganz neuen Situation. Wir Menschen sind irgendwie gezwungen, ob wir wollen oder nicht, uns mit dem eigentlichen Sinn von Weihnachten auseinanderzusetzen und uns auf das wirklich Wichtige und Wesentliche zu konzentrieren. Bescheiden sich einlassen auf ein Feiern im kleineren Kreis, sich Freude machen auch einmal mit kleinen Aufmerksamkeiten und Zeichen der Wertschätzung wie des Wohlwollens. Wir dürfen auf ganz natürliche Weise dankbar sein, dass wir mit vielen über Telefon oder Internet Verbindung aufnehmen können, auch wenn der persönliche Kontakt diesmal direkt oft nicht möglich ist. Diese Coronazeit zwingt uns zum Nachdenken, zum Überdenken und kann uns – wenn wir wollen – auch in ein gutes Umdenken führen. Aber auch die Wirtschaft, die sich diesen Herausforderungen zu stellen hat. 

Was tun Sie als einzelner und als Ordensgemeinschaft in diesen besonderen Tagen, Wochen und Monaten  der Corona-Pandemie?
Wir versuchen zunächst einmal mit gutem Beispiel voranzugehen. Wir bleiben so gut es geht im Haus und versuchen aus ihrem Ordenscharisma heraus den Tagesablauf gemeinsam zu gestalten durch das gemeinsame Stundengebet und die Eucharistiefeier, wobei das Gebet in diesen Tagen ganz besonders gezielt auf die Verantwortungsträger in Staat und Land gerichtet ist, auf alle Pflegeeinrichtungen und Hilfskräfte, und auf alle Kranken und Sterbenden. Wir pflegen auch ganz besonders die Eucharistische Anbetung und andererseits pflegen wir die Möglichkeit, den Kontakt mit Menschen telefonisch oder über das Internet bewusst aufrechtzuerhalten. Das Gespräch über diese Schiene hilft vielen in ihrer Einsamkeit, und sollte Hilfe nötig sein, dann versuchen wir auch da Möglichkeiten zu finden. Wichtig ist in diesen Tagen Mut zu machen zum Durchhalten und das Vertrauen zu stärken, dass in absehbarer Zeit Lösungen gefunden werden, um die Pandemie einzudämmen. Die Möglichkeiten, dass Gottesdienste auch von zu Hause aus mitgefeiert werden können, wird in der Zwischenzeit verstärkt angeboten. Auch wir im Stift St. Paul versuchen da unseren Beitrag anzubieten, wie wir es auch zu Ostern getan haben.  

 Wie feiern Sie Silvester?
Heuer ist ja alles etwas anders: dieses Mal werden wir vermutlich nicht mit anderen Menschen zusammenkommen, weder bei der Jahresschlussandacht und auch nicht bei der Jahresschlussmesse. Am Nachmittag ist wieder Räuchern angesagt, das betende Erbitten von Gottes Segen im Gehen durch das ganze Haus. Die Jahresschlussandacht feiern wir im kleinen Kreis, wir schließen aber alle uns anvertrauten Menschen mit ihren Sorgen und Mühen ganz besonders in unser Gebet mit ein.

Was halten Sie von den Aussagen von Bischof Marketz bezüglich des Urteils des VfGH zur Legalisierung der Sterbehilfe?
Ich teile seine Auffassung und meine auch, dass, wer sich in einer existenziellen Krisensituation befindet, keine Hilfe zur Selbsttötung braucht, sondern vielmehr menschliche Hilfe und Nähe, Schmerzlinderung, Zuwendung und Beistand. Da bin ich ganz bei der Meinung, die Marketz vertritt: »Wir dürfen den Menschen niemals aufgeben, auch dann nicht, wenn er sich selbst vielleicht schon aufgegeben hat.«

Sie sind wieder im Vorstand des Vereins St. Pauler Kultursommer. Wie ist es zu diesem Comeback gekommen und wie  geht es mit dem St. Pauler Kultursommer weiter?
Nach 25 Jahren und nach einem erfolgreichen Jubiläums-Kultursommer 2019 meinte ich, dass dies ein guter Zeitpunkt sei, anderen den Vortritt zu überlassen. Nun hat sich im Stift im Sommer 2020 eine Umstrukturierung im Stift ergeben und der neue Administrator bat mich, meine Aufgabe im Bereich des Kultursommers fortzusetzen, was ich auch sehr gerne tue. Ich bitte alle unsere Freunde, das Angebot des St. Pauler Kultursommers 2021 wieder eifrig anzunehmen. Bis zum Pfingstfest, wo alljährlich der Auftakt des St. Pauler Kultursommers erfolgt, rechnen wir wohl wieder mit normalen Verhältnissen. Das Programm des St. Pauler Kultursommers 2021 wird im wesentlichen das Programm des Jahres 2020 widerspiegeln, da es nicht durchgeführt werden konnte. Wir baten die Künstler, dass sie uns ihre Zusage geben für 2021, und nahezu fast alle haben uns ihre Zustimmung gegeben.

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