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Jürgen Maier: »Wir Rauchfangkehrer erinnern die Menschen seit Jahrhunderten an das Glück« Ausgabe 01 | Mittwoch, 4. Januar 2023

Jürgen Maier (53) ist Rauchfangkehrermeister und führt den Familienbetrieb in vierter Generation. Mit den Unterkärntner Nachrichten sprach er darüber, warum ein Rauchfangkehrer Glück bringen soll, wie sich das Berufsbild geändert und ob es noch eine Zukunft hat.

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Rauchfangkehrer gelten als Glücksbringer für das neue Jahr, neben dem Schwein und dem Hufeisen. Fühlen Sie sich als Glücksbringer?
Ja, im Grunde genommen schon. Denn ein Rauchfangkehrer erinnert die Menschen an ihr eigenes Glück.

Warum erinnert ein Rauchfangkehrer die Menschen an das Glück?
Die Zunft der Rauchfangkehrer gibt es bereits seit dem Mittelalter. Damals sind die Rauchfangkehrer durch das Land gezogen und haben bei den Häusern der Menschen die Kamine gereinigt. Da es damals aber nur sehr wenige Rauchfangkehrer gab, war es immer wieder ein Glück, wenn man einen Kaminkehrer für die Dienste erwischen konnte. Heute ist es ein Glück, einem zu begegnen. Einerseits wird es schön warm im Haus, andererseits im Herzen.
 
Werden Sie um den Jahreswechsel von den Menschen, wenn Sie mit Ihrem Arbeitsgewand unterwegs sind, angesprochen?
Aber natürlich. Die meisten Leute suchen dann sofort einen Knopf an meinem Gewand und berühren ihn. Das ist ein uralter Brauch und es soll Glück bringen, wenn man den Knopf eines Rauchfangkehrers berührt oder in der Hand hält. Viele Leute fragen nach, ob sie mich angreifen dürfen, andere berühren den Knopf einfach. Es freut auch mich, wenn ich Menschen eine Freude machen kann.

Jetzt sind Sie ja selbst als Rauchfangkehrer ein Glücksbringer. Verschenken Sie auch noch andere Glücksbringer an Freunde, Bekannte, Verwandte, Familie?
In der Familie gibt es meist etwas Süßes oder einen Glückstaler oder so etwas ähnliches. Ansonsten gibt es den Rauchfangkehrerkalender, auf dem meine Angestellten und ich mit meiner Frau abgelichtet sind und der Platz bietet, die Termine, wann der Rauchfangkehrer vorbeikommt, einzutragen.

Werden Sie auch für Silvesterveranstaltung bzw. Neujahrsempfänge gebucht?
Manchmal kommt das schon vor. Ich war öfter beim Neujahrsempfang der Wirtschaftskammer, wo ich beim Eingang die Gäste begrüßte. Einmal war ich in Opatija in Kroatien im Hotel Miramar über den Jahreswechsel auf Urlaub. Da die Hotelbetreiber wussten, dass ich Rauchfangkehrer bin, haben sie mich gefragt, ob ich den Gästen nicht einen guten Rutsch wünschen könnte, was ich dann natürlich auch gerne gemacht habe.  

Kommen wir zum Beruflichen. Nachdem aufgrund der hohen Energiepreise wieder mehr Menschen mit Öfen heizen, haben Sie aktuell mehr Arbeit als üblich?
Die Arbeit hat ein wenig zugenommen. Es gibt ja eine Meldepflicht, wenn ein neuer Ofen angeschlossen wird. Der Rauchfangkehrer muss dabei überprüfen, ob alles in Ordnung und sicher ist.
Die Menschen sind aufgrund der aktuellen Entwicklungen mit den auch steigenden Preisen für alternative Energieformen vorsichtiger geworden und möchten für Notfälle einen Ofen haben. Auch für den Fall, dass die Energiepreise weiter so steigen, suchen sie nach möglichst günstigen Alternativen beim Heizen.

In den vergangenen Jahre haben immer mehr Hausbesitzer Ihre Kamine entfernt, weil Sie auf Photovoltaik, Fernwärme oder ähnliches umgestiegen sind. Wenn nun jemand künftig wieder mit einem Ofen heizen möchte, welche Möglichkeiten hat er?
Wenn man ein Einfamilienhaus hat, hätte man die Möglichkeit, außen einen Kamin mit einem Edelstahlrohr an der Fassade aufzuziehen.
Es werden mittlerweile von der Rauchfangkehrer-Innung Gespräche geführt, bei Hochhäusern wieder den Rauchfang verpflichtend zu machen, damit die Menschen im Notfall über einen Kamin verfügen.

Haben Rauchfangkehrer aufgrund des Umstiegs vieler Menschen auf alternative Heizungen weniger Arbeit?
Unser Arbeitsaufwand hat sich dadurch verringert. Größere Siedlungen sind zum Beispiel auf Fernwärme oder zentrale Pelletsanlagen umgestiegen. Das ist für die Umwelt sehr gut. Für den Rauchfangkehrer bedeutet es eine Reduzierung seiner Tätigkeiten.  

Welche Aufgaben hat ein Rauchfangkehrer zu erfüllen?
Die mechanische und chemische Reinigung von Feuerstätten, Abgasmessungen, Kesselreinigung, heiztechnische Beratung, aber auch Service und Verkauf von Feuerlöschern und Rauchmeldern. Und nicht zu vergessen, die Aufgabe als Glücksbringer.

Rauchfangkehrer arbeiten oft in großen Höhen. Sind Sie schwindelfrei?
Natürlich. Jeder Rauchfangkehrer ist schwindelfrei. Man arbeitet  ja oft auf Dächern. Bei der Gesellenprüfung muss der Lehrling einen Rauchfang von innen reinigen, das ist keine leichte Aufgabe.
Bei den neuen Kaminen kommt ein Mensch aber nicht mehr hinein. Die werden mit einer Biegewelle, einem Stoßer, gereinigt.

Hat der Beruf Rauchfangkehrer Zukunft oder kann man ihn durch Drohnen oder Roboter ersetzen?
Ich bin davon überzeugt, dass Rauchfangkehrer ein bleibender Beruf ist, der auch in Zukunft benötigt werden wird. Man kann nicht alles mit Maschinen erledigen, außerdem ist die Beratung auch ein wichtiger Punkt unserer Aufgaben.

Wie hat sich das Berufsfeld in den vergangenen Jahren verändert?
Es ist von der reinen Rauchfangkehrertätigkeit hin zu immer mehr technischen Überprüfungen gekommen. Dazu gehören etwa die Sichtprüfung von Rauchfängen, Abgasmessungen, chemische Reinigungen der Zentralheizungen oder die Feuerbeschau, also die Überprüfung des gesamten Hauses im Hinblick auf Brandschutz und Sicherheit.

Würden Sie noch einmal Rauchfangkehrer werden?
Ja, auf alle Fälle.

Warum haben Sie den Beruf Rauchfangkehrer erlernt?
Es hat bei uns in der Familie eine lange Tradition. Ich führe das Unternehmen mittlerweile in vierter Generation.

Werden Sie lieber als Rauchfangkehrer oder Schornsteinfeger bezeichnet?
Schornsteinfeger ist eher der deutsche Begriff, bei uns in Österreich heißt es Rauchfangkehrer. Es gibt eigentlich niemanden, der mich als Schornsteinfeger bezeichnen würde.

Wie sieht es eigentlich mit dem Nachwuchs an Rauchfangkehrern aus?
Es ist, wie auch in den meisten anderen Branchen, sehr schwierig, guten Nachwuchs zu bekommen. Ich hatte aber das Glück, immer wieder Lehrlinge ausbilden zu können.
Gerade im November hat ein Lehrling von mir die Gesellenprüfung abgelegt. Jetzt ist er sehr ambitioniert, auch noch die Meisterprüfung zu machen.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
Ich habe sechs Mitarbeiter, darunter auch eine Frau, die bei mir die Lehre und die Gesellenprüfung gemacht hat.

Wie sieht es generell mit Frauen in ihrer Branche aus?
Es haben in den vergangenen Jahren immer mehr Frauen den Beruf erlernt. Es gibt mittlerweile auch in Kärnten Rauchfangkehrbetriebe, die nur Frauen als Mitarbeiter haben.

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