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Wolfsberg: Freisprüche im Prozess um »Stadtwerke-Affäre«: Auch Schöffensenat brachte kein Licht ins Dunkel Ausgabe 15 | Mittwoch, 13. April 2022

Nach der dreitägigen Verhandlung am Landesgericht Klagenfurt bleiben viele Fragen offen. Ein Belastungszeuge trug letztlich zu den Freisprüchen bei. Handlungsbedarf hat Stadtwerke-Geschäftsführer Christian Schimik: Es gilt zu entscheiden, wie es weiter geht.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Klagenfurt ging der Prozess gegen die drei Beschuldigten – rechts in der Angeklagtenbank – über die Bühne. Das Medieninteresse war groß, Richter Uwe Dumpelnik (Mitte) fällte letztlich aber drei glatte Freisprüche. Laut ihm wollte 2019 »einer« die früheren Stadtwerke-Mitarbeiter »schnell loswerden«. Hok

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Klagenfurt, Wolfsberg. Auch nach dem Prozess rund um die »Stadtwerke-Affäre« bleibt vieles unaufgeklärt: Wer hat letztlich festgelegt, dass der Kanal in der Sajovitzsiedlung völlig desolat war? Wer bestimmte, dass er sofort neu errichtet werden musste? Wer hat ein Dokument verfälscht? Warum stiegen die Kosten in astronomische Höhen? Wie hoch war der finanzielle Schaden für die Wolfsberger Stadtwerke? Was spielte sich im  Hintergrund zwischen den Beteiligten ab? 

Die Fakten: Am Landesgericht Klagenfurt mussten sich vergangene Woche drei Lavanttaler vor einem Schöffensenat verantworten: zwei früherer Mitarbeiter der Stadtwerke Wolfsberg (46 und 47 Jahre alt) sowie der Geschäftsführer (54) eines Bauunternehmens. Ihnen wurde Untreue, Beitrag zur Untreue sowie Urkundenfälschung und Fälschung eines Beweismittels vorgeworfen. Die drei Männer sollten »durch nicht ordnungsgemäße Abwicklung einen Schaden von 128.506,18 Euro strafrechtlich zu verantworten haben«, hieß es in der Anklage. Staatsanwalt Christian Pirker warf den Ex-Stadtwerke-Mitarbeiter Überschreitung der Kompetenzen vor. Nach drei Prozesstagen sprach Richter Uwe Dumpelnik die drei Beschuldigten frei (wir berichteten auf www.unterkaerntner.at).

»Der Schaden in seiner tatsächlichen Höhe ist nicht mehr zu klären«
Uwe Dumpelnik, Richter

Im Mittelpunkt des Prozesses stand die Erneuerung des Abwasserkanals in der »Sajovitzsiedlung« in St. Michael, die 2017 durchgeführt wurde. Das gesamte Baulos, das ursprünglich samt Errichtung einer Wasserleitung 294.000 Euro kosten sollte, schlug am Ende mit 1,4 Millionen Euro zu Buche, was zur »Stadtwerke-Affäre« führte. Denn das Unternehmen machte 2019, als die Vorgänge ans Licht kamen, zwei hochrangige Stadtwerke-Mitarbeiter dafür verantwortlich, die umgehend entlassen wurden. Letztlich klagte die Staatsanwaltschaft auch den Geschäftsführer jener Baufirma an, die den Kanal neu gebaut hatte.

Wer war der »Urheber«?

Denn der soll so desolat gewesen sein, dass er 2017 sofort saniert wurde – unter von »oben« verordnetem Zeitdruck und daher entsprechend teuer. Der Erstangeklagte (46) sagte vor Gericht aus, ihm hätte ein Bediensteter – an dieser Stelle X genannt – eines  privaten Unternehmens, das von den Stadtwerken mit der Ausschreibung, Kontrolle und Rechnungsprüfung des Projekts betraut war, mitgeteilt, es bestehe dringender Handlungsbedarf. X sagte als Zeuge dagegen, diese Aussage stammte vom Erstangeklagten. Wer letztlich den – nie bewiesenen – schlechten Kanalzustand feststellte, der zu den hohen Ausgaben führte, ließ sich nicht klären.

Denkwürdig war auch die Aussage eines hohen Stadtwerke-Bediensteten, der als interner Revisor die Kostenüberschreitung aufdeckte und damit 2019 die »Affäre« ins Rollen brachte. Er gab an, man habe ihm »zugetragen«, der Erstangeklagte hätte zeitgleich mit dem Sajovitz-Projekt auch eine Baustelle bei seinem Privathaus betrieben, womit er mögliche Verbindungen andeutete, Beweise aber schuldig blieb. Seine Aussagen wurden mit »Lüge«-Rufen aus dem Publikum quittiert. Dazu warf er dem 46-Jährigen vor, eine Unterschrift auf einem Dokument verändert zu haben. Richter Dumpelnik konnte trotz vieler Versuche aber nicht feststellen, wer die Fälschung durchgeführt hatte, bzw. wem sie nutzen hätte sollen. 

Den Zeugen im Visier

Stattdessen geriet der Zeuge selbst ins Visier der Verteidiger Petra Laback und Lukas Kollmann: Denn in der Verhandlung stellte sich heraus, dass sich X später um einen Stadtwerke-Posten bewarb, der durch die Entlassung eines der Beschuldigten frei geworden war. Und: Der Zeuge stufte ihn als Erstgereihten der Job-Ausschreibung ein. Die Besetzung wurde später aber im Beirat verhindert.

Trotz der Befragung etlicher Zeugen blieben viele Dinge im Dunkeln, die Suppe war zu dünn. Letztlich war auch Staatsanwalt Pirker, der den Fall erst in der Woche vor dem Prozess übernommen hatte, von der Schuld der Angeklagten nicht mehr überzeugt: »Nach den Ergebnissen der Verhandlung fordere ich nicht Schuldspruch und Strafe«, sagte er in seinem Plädoyer.

Die drei Freisprüche begründete Richter Dumpelnik damit, ein wissentlicher Befugnismissbrauch, der bei Untreue eine Voraussetzung sei, sei nicht erkennbar gewesen. Zwar kritisierte er die mangelhafte Dokumentation des Bauprojekts und die Vergabe ohne Ausschreibung: »Das ist aber kein Nachweis, dass die Stadtwerke bewusst geschädigt werden sollten.« Laut Dumpelnik habe sich die wahre Schadenssumme nicht klären lassen, stattdessen sei der Eindruck entstanden, »einer« habe gedrängt, die zwei Ex-Stadtwerke-Bediensteten »schnell loszuwerden«. Auch die angestrebte Postenbesetzung mit X hat letztlich für die Beklagten gesprochen ... 

Handlungsbedarf hat jetzt Stadtwerke-Geschäftsführer Christian Schimik: Denn es gibt nicht nur ein ruhend gestelltes Schadenersatz-Begehren gegen die beiden Ex-Mitarbeiter, das am 18. Mai fortgesetzt werden soll, auch ein Arbeitsprozess ist offen. Schimik nach dem Urteil: »Wir werden das Ergebnis auswerten und danach entscheiden, wie wir weiter vorgehen.«

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